Wahrer Luxus findet man dort, wo kaum jemand hinkommt. Etwa auf der Insel Príncipe, wo die Duftplanze für das Parfüm Chanel No. 5 gedeiht, die Badewannen aus Felsbrocken gehauen sind und das Restaurant die Form einer gotischen Kirche hat. Bloss, die Anreise ist mühsam und langwierig. Doch das gehört zum neuen Verständnis für Luxus-Tourismus.
Von Artur K. Vogel, freier Autor
Wenn Marc Aeberhard «Luxus» sagt, dann weiss er, wovon er redet: Der 51-jährige Berner hat jahrzehntelange Erfahrung als Hotelier exklusiver Resorts wie Frégate Island auf den Seychellen, Inhaber der Luxury Hotel & Spa Management mit Sitz in Zürich, Autor und Referent. Laut ihm hat der «Bling-Bling-Luxus der 1990er-Jahre» einem «viel schwerer fassbaren neuen Luxusverständnis» Platz gemacht. Dessen wichtigste Komponenten sind «Zeit, Raum, Natur, Gesundheit, personifizierter Service und Exklusivität».
Dieser Definition entspricht die Insel Príncipe ideal: Man muss sich die Ferien auf dem westafrikanischen Eiland zuerst einmal verdienen; schon die Anreise ist mühsam. Von Lissabon fliegt man mit der portugiesischen TAP mit Zwischenstopp in Accra, Ghana, nach São Tomé. Dort muss man übernachten, um am nächsten Tag mit einer 30-plätzigen Turboprop-Maschine zur kleinen Schwesterinsel Príncipe überzusetzen.
Exzentrischer Weltraumtourist
Auf deren winzigem Flughafen fängt die Reise erst richtig an. Wer in eines der wenigen, exklusiven Resorts gelangen will, nach Roça Sundy, Sundy Praia oder Roça Belo Monte, hat eine mühsame Fahrt im Gelände-Toyota vor sich, über abgefahrene, ausgewaschene Strassen mit tiefen Schlaglöchern.
Ein exzentrischer südafrikanisch-britischer Milliardär hat es sich zum Ziel gesetzt, Príncipe für den sanften, luxuriösen Individualtourismus zu erschliessen: Der 46-jährige Mark Shuttleworth wurde 2002 als zweiter Weltraumtourist bekannt. Seine Risikokapitalgesellschaft hat ihren Sitz auf der Isle of Man und nennt sich «Here be Dragons» (HBD). Der seltsame Name stammt von der Gewohnheit früherer Seefahrer und Kartografen, unerforschte Gegenden mit der Darstellung feuerspeiender Monster und dem Hinweis «Hier sollen Drachen sein» zu versehen.
Ylang Ylang für Chanel No. 5
In Príncipe ist die Natur überaus präsent. Die kleine Insel besteht zur Hälfte aus einem intakten Nationalpark mit einem üppigen Regenwald mit, unter anderem, 37 endemischen Pflanzen- und sieben endemische Vogelarten. Hier realisiert HBD seit 2010 ein Projekt, das aus der Insel ein Muster an nachhaltiger Wirtschaft, Respekt für die Umwelt und sanftem, aber exklusivem Tourismus machen soll.
HBD betreibt Plantagen, unter anderem die Roça Paciência. Angebaut werden Kakao und Kaffee, exotische Früchte wie Papaya, Mango, Passionsfrucht und Bananen, dazu Vanille, Pfeffer, Zimt, diverse Kräuter und die Duftpflanze Ylang Ylang, die auch für das Parfum Chanel No. 5 verwendet wird. Ein holzverarbeitender Betrieb gehört dazu, eine Abfall-Recycling-Anlage und eine kleine Schokoladenproduktion. HBD ist der zweitgrösste private Arbeitgeber der Republik São Tomé e Príncipe (STP) und beschäftigt 640, vorwiegend lokale, Angestellte. Príncipe hat rund 8000 Einwohner, die ganze Republik gut 200‘000.
Badewanne im Felsen
Dutzende von Millionen Franken hat HBD bereits investiert, unter anderem in die touristische Infrastruktur: Das aufwändig restaurierte, rund hundertjährige Herrenhaus der Plantage Roça Sundy wird seit 2017 als kleines, feines, traditionelles Hotel betrieben. Das vor rund drei Jahrzehnten erbaute, von HBD umfassend renovierte Bungalow-Resort Bom Bom gehört zur Gruppe. Und dann ist da Sundy Praia (Bild unten), eine luxuriöse Fünfsterne-Lodge.
Mitten in einen Park, der «natürlich» anmutet, aber vom südafrikanischen Landschaftsarchitekten Greg Straw angelegt worden ist, hat der französische Resort-Architekt Didier Lefort ein verstreutes Zeltdorf gestellt. Wer sich darunter ein Pfadfinderlager vorstellt, liegt ziemlich falsch: Die Zelte sind riesig, mit Salon, Himmelbett, Terrasse und teilweise eigenen Pools. Klimageräte schaffen angenehme Kühle. Die Badewanne ist aus einem einzigen Felsbrocken gehauen, und in der Regendusche kann man den Schweiss des Tages abspülen, bevor man sich am Infinity-Pool über dem privaten Sandstrand einen Gin Tonic genehmigt. Das Restaurant hat die Form einer gotischen Kirche, ist aber ganz aus Bambus gefertigt.
Mühsame und ungeeignet für...
Zwar gibt es auf Príncipe ein paar weitere Hotelanlagen, die edle Roça Belo Monte etwa. Doch für den Massentourismus ist die Insel viel zu abgelegen, zu mühsam und mithin ganz und gar ungeeignet. Man lässt sich mit dem Hotelboot in Buchten mit goldgelben Sandstränden fahren und muss diese höchstens mit einer Handvoll weiterer Touristen oder ein paar Fischern teilen, hat sie aber meist für sich allein und geniesst dann dort den Luxus – den Luxus von Zeit, Raum, Natur und Exklusivität eben (TN).
Die Reise wurde von HBD unterstützt.