Eine Vielzahl politischer Massnahmen verhindert das Auftreten «schwarzer Schwäne». Zinsniveaus normalisieren sich, und die Bilanzen von Finanzinstituten werden wieder stärker. Grund zum handeln, findet Jeremy Smouha, CEO der englischen Niederlassung von Atlanticomnium.
Von Jeremy Smouha von Atlanticomnium. Die Genfer Boutique verwaltet die GAM Star Credit Opportunities Fonds.
Die Ausgabe nachrangiger Anleihen europäischer Finanzinstitute hat im vergangenen September einen Rekordwert 12,6 Milliarden Dollar erreicht. Das sind vier Entwicklungen, die dazu führten:
1. Variabel verzinsliche Papiere im Aufwind
Die Emission variabel verzinslicher europäischer Obligationen hat in diesem Jahr deutlich zugenommen. Das aktuelle makroökonomische Umfeld kommt Engagements in deutlich unter dem Nennwert notierenden oder anderen variabel verzinslichen Papieren zugute, deren Kurse parallel zu den Zinssätzen steigen.
Dazu gehören Fix-to-Float-Anleihen mit einem auf etwa fünf Jahre festgelegten Coupon. Nach diesem Zeitraum wird der Coupon neu festgelegt. Diese Anlagen bieten eine attraktive Rendite bei gleichzeitiger Absicherung gegen künftige Zinserhöhungen. Ich gehe davon aus, dass variabel verzinsliche Papiere an Beliebtheit gewinnen werden. Die Neuemission von Verizon vor einigen Wochen deutete bereits auf eine solche Entwicklung hin.
2. Neue Vorschriften stützen Bilanzen in der Finanzbranche
Verschärfte Vorschriften für die Finanz- und Versicherungsindustrie, wie Basel III und Solvency II, haben sich als positiv auf Investitionen in nachrangige Anleihen ausgewirkt. Die Aufsichtsbehörden streben mehr Sicherheit im Finanzsektor an und verpflichten Banken und Versicherer dazu, ihr Eigenkapital zu erhöhen und Risiken zu reduzieren, um ihre Bilanzen zu stärken. Eine Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Ausgabe von Aktien und Contingent Convertible Bonds (CoCo-Bonds).
Da diese beiden Instrumente den bestehenden nachrangigen Anleihen nachgeordnet sind, erhöht sich die Seniorität bestehender nachrangiger Anleihen, in die Atlanticomnium beispielsweise investiert ist. Nach der jüngsten Ausgabe von Aktien und CoCo-Bonds durch Barclays fiel der Aktienkurs, während die Anleihenposition an Wert gewann.
3. Marktschwächen – Chancen für Schnäppchenjäger
Schwächephasen im Markt bieten hervorragende Kaufgelegenheiten. Im Gegensatz zu Aktien haben Anleihen einen festgelegten Endwert. Daher bietet jede Kursschwäche die Chance, künftige Renditen zu sichern und von einer Erholung der Kurse zu profitieren.
In turbulenten Zeiten sollten Anleger Geduld zeigen und die Gelegenheit zum Ausbau ihrer bevorzugten Positionen nutzen.
4. Das wirtschaftspolitische Umfeld – Massnahmen zur Krisenvermeidung
Ein hoher Beschäftigungsstand ist heute ein erklärtes Ziel der Wirtschaftspolitik. Daher wird eine Vielzahl politischer Massnahmen ergriffen, um Systemrisiken zu verhindern, die sich negativ auf die Beschäftigungsquote auswirken würden. Aus diesem Grund erwarten wir keine weiteren Systemkrisen respektive «schwarzen Schwäne».
Stattdessen rechne ich mit «weissen Schwänen», also normalen Krisen, die von Politik und Wirtschaft bewältigt werden können. Die kurzfristigen Zinsen werden weiterhin niedrig gehalten, um das Wachstum zu fördern.