Jedenfalls ist das die Meinung des Börsen-Gurus und Oberpessimisten James Montier. Er warnt Aktienanleger vor einer harten Landung.
Die Börse gleiche zurzeit Wile E. Coyote im Zeichentrickfilm, der sich immer noch auf festem Boden wähnt, während sich unter ihm längst eine abgründige Schlucht geöffnet hat. Das schreibt James Montier (Bild unten), Stratege beim amerikanischen Fondshaus GMO, Börsen-Guru und Dauerpessimist. Ihm zufolge ist klar, was als nächstes passiert: Wie der ewig vom Pech verfolgte Kojote werden die Anleger grauenhaft auf die Schnauze fallen.
Der selbsternannte «Permabear» argumentiert in seinem im August veröffentlichten Whitepaper zur Marktlage nicht nur mit den rekordhohen Bewertungen der Aktienkurse, sondern vor allem mit dem Fehlen einer festen Basis angesichts gewaltiger Unsicherheiten.
Irgendwie geht's schon
«Am US-Aktienmarkt ist bei den heutigen Preisniveaus keinerlei Sicherheits-Marge auszumachen», begründet Montier seine Beobachtungen. Stattdessen verliessen sich die Investoren auf die amerikanische Notenbank Fed und zusätzliche Geldspritzen: Die sollen die erhofften V-förmige Wende in der Krise irgendwie herbeibringen.
Stattdessen müssten Langzeit-Anleger erkennen, dass sie die Zukunft nicht voraussagen können, so der Dauerpessimist weiter. Anstatt sich so zu verhalten, als ob es Unsicherheit schlicht nicht gäbe, sollten Investoren ein Polster aufbauen. Dazu zitiert er den französischen Philosophen Voltaire mit dem Spruch: «Zweifel ist zwar kein angenehmer geistiger Zustand, aber Gewssheit ist ein lächerlicher.»
Auf der Jagd nach Rendite
Tatsächlich fliesst den Aktienmärkten dieser Tage immer mehr Geld zu, weil es sonst nirgendwo noch Rendite abwirft. Wegen den Minusrenditen verabschieden sich inzwischen auch Schweizer Privatbanken aus Obligationen, im Dollar fühlen sich Anleger ebenfalls nicht mehr gut aufgehoben.
Das Geld fliesst stattdessen in Immobilien, Privatmarkt-Anlagen, Kryptowährungen, Edelmetalle – und eben in Dividendenpapiere.
Gerade eben noch Bulle
Es braucht viel Disziplin, sich von dieser Flucht ins Risiko nicht mitreissen zu lassen und auf kurzfristige Buchgewinne zu verzichten. Das kennt Montier von sich selber: Vergangenen März, zu Beginn der Coronakrise, war er noch «bullish». Für den Briten hat sich das gelohnt, seitdem ist der amerikanische Leitindex S&P 500 um mehr als ein Drittel auf neue Rekordhöhen gestiegen.
Doch nun rät er zur Vorsicht: «Es gibt kein göttliches Recht auf eine Erholungs-Rallye.»