Wertvolle Weine werden oft gefälscht – ein lukratives Geschäft. Auf teure Etiketten berühmter Kultwinzer haben es zudem Diebe abgesehen. Beides soll jetzt erschwert werden – mit einer neuen Echtheitsprüfung und einer neuen Plattform. Hinter den Projekten steht ein Schweizer Weinsammler.
Der Fall war spektakulär: Vor drei Jahren wurden aus dem Keller des deutschen Gourmet-Restaurant Kronenschlösschen in Eltville Weinraritäten im Wert von 235'000 Euro gestohlen. Darunter befanden sich berühmte und teure Etiketten wie die Châteaux Lafite-Rothschild und Pétrus aus dem Bordeaux sowie Kultweine der Burgunder Domaine de la Romanée-Conti.
Erst im April 2024 wurde der Diebstahl aufgeklärt. Dahinter standen drei Schwerverbrecher, die festgenommen wurden.
Webseite für gestohlene Weine
Der Diebstahl und Handel mit hochwertigen Weinen sei weltweit ein Milliardengeschäft, sagt Weinsammler und Auktionator Jürg Richter. Er will dagegen vorgehen und hat kürzlich eine neue Plattform im Internet aufgeschaltet.
Auf der Website bottleverification.com können gestohlene Weine gemeldet oder entsprechende Flaschen gesucht werden. Bereits sind fast 100 Gewächse wie Château Latour und La Tâche von Romanée-Conti gelistet. Die Plattform ist kostenfrei zugänglich.
Mit diesem Projekt will Richter den Dieben das Handwerk legen oder zumindest erschweren und den Handel mit gestohlenen Flaschen eindämmen. Diese tauchen oft an Auktionen auf, denn schliesslich will man ja daraus Geld machen. Die Plattform soll zudem offiziellen Behörden wie der Polizei und Interpol sowie Versicherungen zur Verfügung gestellt werden.
«Fakes» mit abgefülltem Fusel
Ein ebenso grosses Problem wie gestohlene Weine sind gefälschte oder verfälschte Tropfen. Diese «Fakes» mit einem abgefüllten Fusel sind selbst für Profis schwierig zu erkennen. Kleinste Veränderungen an der Etikette oder an der Kapsel, ein falscher Korken – alles ist gang und gäbe. Man nehme den abgebildeten Château Lafite-Rothschild 1990, der auf den ersten Blick echt aussieht: Es handelt sich um eine sogenannte Voll-Fälschung; das heisst von der Etikette über die Kaspel und den Korken ist alles gefälscht – und natürlich auch der Inhalt.
Wie ist man den Betrügern auf die Schliche gekommen? Jürg Richter, der in seiner Haupt-Tätigkeit bei der Firma Sincona viel Erfahrung in der Numismatik und mit der Münzen-Authentifizierung besitzt, hat in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz ein neues Verfahren entwickelt und anschliessend die Genuine-Analytics gegründet.
Erstmals möglich
Dank diesem neuen, weltweit einmaligen und patentierten Verfahren kann der Wein auf seine Echtheit geprüft werden. Damit ist es erstmals möglich, dank einer besonders schwer zu imitierenden Methodologie die Echtheit des Flascheninhaltes zu prüfen (Details hier). Dabei wird das Messprofil des zu prüfenden Weins mit dem Messprofil des entsprechenden Originalweins verglichen. Zurzeit sind bereits beinahe 1'000 wertvolle Tropfen aus aller Welt in der Datenbank erfasst.
Für den geprüften Wein wird ein Echtheitszertifikat ausgestellt. Darauf befindet sich die genaue Bezeichnung, das Analysedatum, eine einmalige Identifikationsnummer sowie der sogenannte Authenticity Score (AS). Dieser umfasst eine Skala von 1-100. Der Wert sollte so nahe wie möglich beim Maximum sein, damit der Wein echt ist.
Den Weinfälschern den Kampf angesagt
Die maximale Punktezahl von 100 kann praktisch nie erreicht werden. Grund: Der Inhalt zweier identischer Flaschen eines Produzenten und des gleichen Inhalts kann in seiner Zusammensetzung minimal unterschiedlich sein, aber auch die Lagerung hat einen natürlichen Einfluss. Dies widerspiegelt der AS-Wert.
Mit dem neuen Verfahren sagt Jürg Richter den Weinfälschern den Kampf an. Es darf davon ausgegangen werden, dass eine grosse, aber unbekannte Anzahl von Fake-Flaschen im Umlauf sind.
Seriöse Quellen
Die 50 Top-Weingüter der Welt mit ihren klingenden Namen produzieren jährlich mehr als fünf Millionen Flaschen pro Jahrgang mit einem Wert von 250 und mehr Franken je Einheit. Dies ergibt eine Summe von mehr als einer Milliarde Franken. Von diesem grossen Kuchen wollen auch unehrliche «Weinliebhaber» ihr Stück abschneiden.
Vorläufig sind erst wenige ältere Weine auf ihre Echtheit geprüft worden. Wer solche Crus erwerben will, tue in jedem Fall gut daran, nur bei seriösen Quellen zu kaufen, empfiehlt Richter. Das sind bekannte Auktionshäuser und vertrauenswürdige Weinhandlungen.