Der einstige Leonteq-Chef Jan Schoch hegt in seiner engsten Heimat grosse Pläne. Trotzdem hat er der Finanzbranche den Rücken nicht ganz gekehrt, wie ein Gespräch mit ihm zeigt.
Als Mitgründer der aufstrebenden Schweizer Derivate-Boutique Leonteq erlebte Jan Schoch zwischen 2007 und 2018 alle Höhen und Tiefen einer Karriere in der Finanzwelt – bis er zur Einsicht gelangte, sich grundlegend neu zu orientieren.
Nicht selten ist es dabei so, dass eine Veränderung neue Chancen eröffnet, die sich in Schochs Fall in Gonten im Kanton Appenzell ergaben, wie finews.ch schon früher berichtet hatte.
Vor dem bitteren Ende bewahrt
Zum Hotel Bären besassen vor allem Schochs Eltern eine besondere Beziehung, da sie dort geheiratet hatten und später regelmässig wieder dahin zurückkehrten. Als Jan Schoch 2014 erfuhr, dass dem 1602 erbauten Haus und späteren Hotel die Schliessung drohte, beschloss er, es zunächst mit drei Partnern zu kaufen und später allein zu übernehmen.
Gonten im Kanton Appenzell Innerrhoden (Bild: FHM)
Der frühere Credit-Suisse-Verwaltungsratspräsident Hans-Ulrich Doerig hatte als Besitzer zuvor schon mehrere Millionen Franken in die Renovation investiert. Doch nach seinem unerwarteten Tod im November 2012 war die weitere Entwicklung des Hauses ins Stocken geraten, was Schoch dazu bewog, den «Bären», der damals temporär geschlossen war, vor einem bitteren Ende zu bewahren.
Vom «Bären» zum «Löwen»
Nach mehrjährigen Renovationsarbeiten erstrahlt das Drei-Sterne-Superior-Boutiquehotel seit Frühling 2015 in zeitgemässem Glanz. Schoch baute, erweiterte und modernisierte das ehrwürdige Gebäude, ohne dass dessen Authentizität verloren ging. Gleichzeitig achtete er darauf, das regionale Kolorit mit den Ansprüchen einer urbanen, eher jüngeren Klientel zu verbinden, die periodisch der Grossstadt-Hektik entfliehen will. Parallel dazu professionalisierte er die Seminarräumlichkeiten und ergänzte sie mit einer Spa- und Wellness-Zone.
Geplante Spa- und Wellness-Zone (Bild: FHM)
So avancierte der «Bären» sowohl zu einem beliebten Gasthaus für die lokale Bevölkerung als auch zu einer angesagten Adresse für Städter, die in der intakten Natur des Appenzellerlands Erholung pur suchen. Ermutigt von der guten Resonanz «seines Hauses» erwarb Schoch dann 2021 das Hotel Löwen, gegenüber dem «Bären», das er ebenfalls umzubauen begann.
Appenzeller Forum
Aus dem Dreistern-Hotel Bären ist im vergangenen April das «Huus Bären» geworden, während das inzwischen renovierte Vierstern-Hotel «Huus Löwen» im kommenden Juni 2023 öffnet. Es verfügt über 24 Zimmer. Im Huus Löwen befindet sich auch das Appenzeller Forum. Es bietet ein vielfältiges Kulturprogramm, das Appenzeller Musik genauso wie Klassik-Konzerte umfasst sowie Lesungen und Podien zu aktuellen Themen.
Noch nie zuvor hat sich Schoch bei einem Vorhaben finanziell so stark engagiert wie bei diesem. In die beiden Häuser hat er rund 50 Millionen Franken investiert, wie er gegenüber finews.ch erklärt. Doch damit nicht genug.
Weitere 70 Millionen Franken für Ferienanlage
Schoch hat noch Grösseres im Sinn, wie er im Gespräch weiter verrät. So will er hinter dem Huus Bären bis 2025 ein Fünfstern-Wellnesshotel namens Huus Quell mit 30 Zimmern eröffnen. Darüber hinaus plant er vier weitere Gebäude, die als Eigentums- oder Ferienwohnungen sowie als «Serviced Apartments» und Co-Working-Spaces dienen sollen.
Appenzeller Huus in Planung (Bild: FHM)
Die ganze Anlage im traditionellen Stil, aber mit einem hochmodernen Kern, soll dereinst unter der Dachmarke «Appenzeller Huus» firmieren; Schochs Investitionen dafür belaufen sich auf weitere 70 Millionen Franken, wie von ihm zu erfahren ist.
Infinity-Pool mit Säntisblick
Mit diesen Mitteln will er seinen künftigen Gästen auch ein erstklassiges Wellness-Angebot offerieren, das unter anderem einen Infinity-Pool mit Säntisblick vorsieht sowie ein Fine-Dining-Konzept, das traditionelle, vegetarische und vegane Cuisine in Aussicht stellt.
Damit aber auf keinen Fall der Eindruck der sinnlichen Kostverweigerung Einzug hält, hat sich Schoch bis 2025 auch zum Ziel gesetzt, den grössten Weinkeller der Schweiz zu eröffnen. Die Wette gilt.
Rückzugsort zwischen Tradition und Moderne
Dieses Projekt, das mittlerweile in Schochs Aktivitäts- und Beteiligungs-Portefeuille den grössten Raum einnimt, definiert er selbst als Rückzugsort, der Tradition und Moderne elegant verbindet – ergänzt durch ein vielfältiges Freizeit-, Wellness-, Gastronomie- und Kulturangebot. Gerne spricht er dabei von einer Lifestyle-Wellness-Community, die er in den nächsten Jahren gründen will, indem er Gäste begrüsst, die entweder selbst investieren, sich langfristig einmieten oder auch nur für ein paar Tage Erholung suchen.
Rückzugsort zwischen Tradition und Moderne (Bild: FHM)
Um seinen hohen Ansprüchen bezüglich Authentizität und Nachhaltigkeit kompromisslos gerecht zu werden, setzt Schoch konsequent auf ein sanftes Bau- und Tourismuskonzept. Er verwendet ausschliesslich Materialien und Produkte aus der Region, wie er im Gespräch betont. Dabei hat er sich auch nicht gescheut, modernste Holzverarbeitungs-Maschinen anzuschaffen, um lokal zu produzieren und kostspielige sowie zeitkritische Lieferprozesse zu umschiffen.
Der Finanzbranche immer noch verbunden
Kein Zweifel, Schoch hat sich in wenigen Jahren vom Derivate-Designer zum Gastgeber in der Hotel- und Gastronomie-Branche entwickelt. Die Leidenschaft, mit der er sein Herzensprojekt in seiner engeren Heimat vorantreibt, sucht ihresgleichen.
Dass er sich der im Vergleich zum Gastgewerbe doch sehr theoretischen Finanzbranche nicht ganz entziehen kann, offenbart sein Engagement mit der Firma Anova Partners, die er Anfang 2019 ins Leben gerufen hat – teilweise mit ehemaligen Leonteq-Mitarbeitenden.
Vereinfacht gesagt, unterstützt sie auf technologischer Grundlage Anlegerinnen und Anleger bei der Verbesserung und Vereinfachung ihres Portfolio-Managements. Doch das ist eine andere Geschichte, über die finews.ch schon berichtet hat.