Einmal Crash-Prophet, immer Crash-Prophet: Der US-Ökonom Nouriel Roubini hat die Finanzkrise vorausgesagt. Nun prognostiziert er das Platzen der Blockchain-Träume. An seinen Argumenten ist was dran.
«Dr. Doom», wie der US-Starökonom Nouriel Roubini aufgrund seiner rabenschwarzen Prognosen genannt wird, hat sich zusammen mit dem Berater Preston Byrne die Blockchain vorgenommen. Das ist die Technologie, der die Finanzindustrie revolutionäres Potenzial zuschreibt.
Nicht so Roubini. Seine Prognose lässt einmal mehr keinen Raum für Interpretation offen. Die Blockchain werde weder die Finanzindustrie noch die menschlichen Interaktionen revolutionieren, schreiben er und Byrne in einem Meinungsstück. Die Realität ist, so Roubini: «Die Blockchain ist der übertriebenste Technologie-Hype aller Zeiten.»
Weniger effizient, weniger schnell
Für das niederschmetternde Fazit nennt Roubini drei Gründe. Erstens sei die Blockchain deutlich weniger effizient als herkömmliche Datenbanken. Zweitens: Die Blockchain sei kein völlig neues Protokoll wie es etwa TCP-IP oder HTML für das Internet gewesen seien. Und drittens: Die Blockchain werde nicht die Utopie erfüllen, das bei Intermediärsgeschäften notwendige Vertrauen zu ersetzen, indem sie bloss die Intermediäre ersetzt. Das sind die Argumente im Detail.
1. Mangelnde Effizienz
Roubini sagt, der Einsatz der Blockchain bedeute heutzutage, eine Software-Applikation anstatt auf einem Rechner auf zahlreichen Geräten laufen zu lassen. Die Folge davon sei: Sowohl benötigte Datenspeicher als auch Rechnungsleistung seien substanziell höher, gleichzeitig sei die Rechengeschwindigkeit tiefer.
Ein weiterer Effekt, der die Blockchain massiv verlangsame, sie die kryptografische Prüfung von Transaktionen. Ein Problem, das sich vor allem beim «mining» von Kryptowährungen stelle, sei der enorme hohe Energieverbrauch.
Roubini bezweifelt darum in hohem Masse, dass beispielsweise Banken, welche bereits über effiziente und zentralisierte Transaktionssysteme verfügen, auf die Blockchain wechseln, die dezentral und deutlich langsamer ist. Ethereum beispielsweise könne kein Ersatz für Finanzunternehmen sein, welche mit Hilfe von Algorithmen in Millisekunden Transaktionen ausführen.
2. Blockchain ersetzt kein bestehendes Protokoll
Die Voraussage, die Blockchain-Technologie werde das Internet revolutionieren, findet Roubini völlig daneben. Leute, die so etwas behaupteten, hätten keine Ahnung davon, wie eine Blockchain überhaupt funktioniere. So stütze sich die Blockchain ebenfalls auf Protokolle wie TCP-IP, weshalb es höchst unwahrscheinlich sei, dass sie diese ersetzen werde.
Die Limiten der Blockchain liegen in ihrem Aufbau, sagt der Untergangsprophet. Sie speichert jede Art von Kommunikation, welche über sie gelaufen ist. Dies stellt ein Problem an die Hardware der Nutzer, die begrenzte Speicherkapazität hat. Auch ist die Blockchain damit verletztlich gegen Spam-Angriffe.
Dies sei auch der Grund, warum der Bitcoin-Client-Core nur fünf bis sieben Transaktionen pro Sekunde vollziehen könne, während Visa 25'000 pro Sekunde schaffe. Weder lassen sich alle Transaktionen auf einer zentralen Datenbank speichern noch auf auf einer dezentralisierten Datenbank. Somit sei das Problem der Skalierung bei der Blockchain ungelöst.
3. Das Märchen von der Desintermediation
Wenn die Blockchain alle Möglichkeiten ausschliesst, Verträge oder Einträge nachträglich zu ändern, wandelt sich Kommerz und Handel in ein Geschäft, welches vollkommen ohne gegenseitiges Vertrauen auskommt. Roubini folgert daraus: Jede Finanztransaktion muss darum zu 100 Prozent mit Cash als Collateral hinterlegt sein. «Was die Kapitalkosten betrifft, ist diese Aussicht schlicht Wahnsinn», so Roubini.
Er glaubt zudem, dass zahlreiche Anwendungen der Blockchain in der Finanzindustrie dennoch einen Intermediären brauchen werden, beispielsweise bei der Verbriefung. Denn es würden garantiert Fälle auftauchen, wo ein korrigierender Eingriff notwendig werde.
Bitcoin im Vergleich zu Excel ein Dinosaurier
«Es ist höchste Zeit, den Hype zu beenden», schliesst Roubini. Bitcoin sei mit seiner Langsamkeit und seine Energieverbrauch im Vergleich zu einem Excel-Spreadsheet ein Dinosaurier. Ethereum wandle sich mit seinen Öffnungsplänen zu einer verletztlichen Software, in der Insider ohne weiteres Manipulationen durchführen könnten.
Und das Interbanken-Transaktionssystem Ripple werde von Swift in den Boden gestampft. Bestehende Bezahlsysteme wie Wechat, Paypal oder Alipay seien zentralisiert, kosteten den Nutzer praktisch nichts und seien bereits milliardenfach in Anwendung.
Die Blockchain sei weit davon entfernt, etwas zu revolutionieren. Sie werde sich höchstens in Nischen bewähren, wo Transparenz und Fälschungssicherheit höher gewichtet würden als Geschwindigkeit.