Die CEOs von Schweizer Finanzfirmen zählen zu den bestbezahlten in Europa. Ihre Macht ruht auf steilen Hierarchien. Doch der Wandel greift rasant um sich, wie Recherchen von finews.ch zeigen: Künftig sollen Chefs befähigen – nicht mehr befehlen.
«Bank sucht Mutter für Managementposten, Teilzeit ein Muss»: Bei den meisten Schweizer Geldhäusern bekäme ein Peronalchef von seinen Vorgesetzten gehörig den Kopf gewaschen, würde er ein solches Stelleninserat schalten.
Doch in Olten, am Hauptsitz der Alternativen Bank Schweiz (ABS), ist exakt dieses Profil seit vergangenem Sommer Realität. Zwei Frauen mit Kleinkindern teilen sich dort zu je 70 Prozent einen Geschäftsleitungs-Posten – und führen das Kerngeschäft mit den Krediten.
Gunst der Stunde genutzt
Mehr noch: Wie die ABS im vergangenen September mitteilte, verzichtete das Institut darauf, den im vergangenen Juni ausgeschiedenen CEO Martin Rohner zu ersetzen. Seither führen fünf Spartenchefs die Bank, gleichberechtigt und mit dem Auftrag, den Blick aufs Ganze zu behalten.
Anita Wymann (links) mit ABS-Geschäftsleitung (Bild: Ruben Hollinger/ABS)
«Die ABS ist in den letzten Jahren stark gewachsen», sagt Bankpräsidentin Anita Wymann (Bild oben) zu finews.ch. «Damit das nicht zu einer steileren Hierarchie führt, haben wir uns nach dem Weggang vom damaligen Vorsitzenden der Geschäftsleitung entschieden, die Gunst der Stunde zu nutzen, um von der traditionellen Organisation mit einem Vorsitzenden der Geschäftsleitung wegzukommen.» Die Bank ohne Chef: In Olten ist sie schon Realität.
Agilität macht Schule
Natürlich, getreu ihrem Namen ist die Alternative Bank bekannt für den Sonderweg. Von links-alternativen und kirchlichen Kreisen gegründet, wagte sie bei der Führung schon früh Experimente. Nach dem Frankenschock von 2015 erlangte sie über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit, weil sie als erstes Schweizer Institut Retailkunden offen Negativzinsen verrechnete.
Doch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) segnete die neue Organisation ab. Und längst sind es nicht mehr nur Exoten am Finanzplatz, die bei der Organisation neue Wege gehen.
Banken und Versicherer streichen Hierarchiestufen, und das nicht allein, um kostspielige «Speckgürtel» im Unternehmen zu beseitigen. Sogar Konzernriesen wie die UBS operieren mittlerweile mit agilen Teams. Bei dieser auf die Kundenbedürfnisse ausgerichteten Arbeitsweise spielt die Führung eine untergeordnete Rolle.
Teamprämie statt Boni
Die Coronakrise beschleunigt auch hier den Wandel. Wenn die Mitarbeitenden ins Homeoffice relegiert sind, müssen sie auf ganz neue Weise geführt werden. «Management by Objective» heisst jetzt die Methode der Wahl. Dazu braucht es keine straffe Begleitung durch Vorgesetzte. Überhaupt zählt die Karriere weniger als der Erfolg des Teams.
Das wird letztlich auch Auswirkungen auf die Entlöhnung haben, eines der heissesten Eisen im Metier: Anstelle der Banker-Boni treten Teamprämien. Auch letztere hat die ABS bereits eingeführt.
Zurückhaltend mit Neuerungen»
Im Nachbarkanton hat sich derweil die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) entschlossen, die Organisation fit zu machen für den beschleunigten Wandel, in dem sich das Metier befindet. Dazu hat die Staatsbank bereits 2019 die Führungsstufen bankweit von vier auf drei reduziert. «Dies ist eine von vielen Massnahmen, die Unternehmenskultur der Bank zukunftsorientiert aufzustellen und noch stärker auf die Kundenbedürfnisse auszurichten», kommentierte ein Sprecher auf Anfrage von finews.ch.
Abbau von Hierarchien zur Zukunftssicherung, darin erkennt auch ABS-Präsidentin Wymann einen Sinn: «Wir sind überzeugt», sagt sie, «dass die Zukunft des Banking nicht in starren Hierarchien liegt.» In anderen Branchen wie der IT seien agile Teams und flache Hierarchien schon längst gang und gäbe. «Das Bankfach ist aber eher zurückhaltend mit Neuerungen», weiss die Präsidentin zu berichten.
Veto-Recht bei der Einstellung
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