Der Ausblick der Bank Pictet für die nächsten zehn Anlagejahre ist ziemlich verhalten. Die Kapitalmarktrenditen schrumpfen und sichere Häfen bieten nur wenig Schutz.
Für die Profis der Geldanlage wird das Klima in den nächsten Jahren rauer. Darauf stimmt jedenfalls der jährlich erscheinende «Wealth Management Horizon» der Bank Pictet ein. Wesentlich an diesem Umschwung beteiligt sind gemäss dem Vermögensverwalter die veränderten politischen Massstäbe eines «gemeinsamen Wohlstands».
Dieses neue politische Paradigma könne dazu führen, dass der Produktionsfaktor Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit an Bedeutung verlieren werde. Entsprechend dürfte in den nächsten Jahren das Wirtschaftswachstum geringer ausfallen. Bremsen werde namentlich eine verlangsamte Expansion des Immobilien- und des Internetsektors. Derweil könnte immerhin das chinesische Wachstum langfristig nachhaltiger werden.
Die Experten von Pictet Wealth Management erwarten vor diesem Hintergrund in den nächsten zehn Jahren ein durchschnittliches BIP-Wachstum von 2,0 Prozent in den USA und 1,6 Prozent in der Eurozone. Die BIP-Prognose für China in den kommenden fünf Jahren wurde von 5,1 Prozent auf 4,8 Prozent nach unten korrigiert.
Gleich mehrere Zäsuren
Die Inflationsdynamik wird nach Ansicht der Privatbank in den nächsten Jahren nicht nachlassen. Als Ursachen für diese Zäsur ausgemacht werden demografische Verschiebungen, das Abklingen der disinflationären Effekte der gegenwärtigen Innovationswelle, sich verändernde Wirtschaftsmodelle in China und anderen Schwellenländern, der Trend zur Deglobalisierung wegen verstärkter staatlicher Interventionen und schliesslich die Rückkehr eines Staates, der zur Behebung negativer Effekte häufiger in die Märkte eingreift.
Protektionismus und Abschottung wird sichtbar bei den von den USA seit 2018 erhobenen Handelszöllen etwa bei Einfuhren aus China. Zusammen mit den weltweiten Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und den hohen globalen Transportkosten könnte sich im Urteil von Pictet der Trend zum «Re-Shoring» verstärken, um die Anfälligkeit der Lieferketten zu begrenzen.
Die Inflation bleibt hartnäckig
Diese Analyse übersetzt sich in strukturelle Inflationsraten, die - gegenüber der Ära vor der Coronakrise - in den USA im langfristigen Jahresdurchschnitt von 1,8 Prozent auf 2,8 Prozent und im Euroraum von 1,4 Prozent auf 1,9 Prozent steigen werden.
Ein solcher Ausblick ist nicht besonders verheissungsvoll für Anleger, die sich auf festverzinsliche Obligationen verlassen. Ausserdem werde, wie die Autoren festhalten, ein langfristig höheres Teuerungsniveau auch die Geldpolitik deutlich verändern und könnte die Finanzstabilität gefährden. Jedenfalls sei bei einer höheren Inflation zu erwarten, dass die makroökonomischen Daten stärker schwanken und die politischen Reaktionen darauf volatiler ausfallen.
Sichere Häfen haben ausgedient
Insgesamt erwartet Pictet, dass die durchschnittlichen jährlichen Renditen in den nächsten zehn Jahre für die grosse Mehrheit der Anlageklassen niedriger sein wird als in den vergangenen Jahrzehnten. Besonders betroffen seien an sich als sichere Häfen geltenden Anlagen wie Bargeld und Kernstaatsanleihen. Gemäss dem Pictet-Ausblick könnten etwa in Dollar gehaltene Barmittel in den nächsten 10 Jahren eine nominale Rendite von 1,9 Prozent und Euro-Bargeld von nur 1,2 Prozent erzielen wird. Dies würde real einem Wertverlust von über 10 Prozent in 10 Jahren bedeutet.
Weniger werfen zudem auch andere Anlagekategorien ab, wie weiter zu lesen ist. Bei Aktien wird in den entwickelten Märkten eine jährliche nominale Rendite von 5 bis 6 Prozent erwartet, während Aktien aus Schwellenländern bei höherer Schwankungsbreite jährlich im Schnitt 7,5 Prozent abwerfen sollten.
Rückschlag für Private Equity
Bei den Festverzinslichen rechnen die Anlageexperten mit jährlichen Renditen von 1,3 Prozent bei Staatsanleihen, mit 3,2 Prozent für Unternehmensanleihen mit Anlagequalität und mit 3,9 Prozent für Unternehmensanleihen im darunter liegenden High-Yield-Segment. Immobilien rentieren gemäss den Prognosen mit gut 5,5 Prozent, während Anlagen in Private Equity mit 9,2 Prozent in den nächsten zehn Jahren keine zweistelligen Renditen mehr einfahren.