Mit den Lockerungen des Bundesrats fallen überall am Finanzplatz die Masken, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Ab kommendem Monat wird sich aber auch die Arbeit bei Banken und Versicherern grundlegend verändern.

Fast zwei Jahre ist es her, seit finews.ch exklusiv über harte Corona-Massnahmen bei der Credit Suisse (CS) berichtete. Die zweitgrösste Schweizer Bank stellte damals auf «Split Operation» um: Alle Teams, die für das Funktionieren der Bank kritisch waren, wurden aufgeteilt. So hoffte man das Risiko, dass das damals neu grassierende Coronvirus ganze Bereiche der Bank lahmlegt, zu vermindern.

So schlimm ist es seither für das Geldhaus und die Arbeitnehmenden des Schweizer Finanzsektors zum Glück nie gekommen. Mit den weiträumigen Lockerungs-Schritten des Bundesrats vom vergangenen Mittwoch wehen im Februar nun gar so etwas wie Frühlingsgefühle durch die Branche. Nicht zuletzt bei der CS: Wie im Umfeld der Bank erfahren war, fallen hierzulande ab sofort die Masken. Es gelten allerdings weiterhin Mindestabstände; ab dem 7. März 2022 heisst es dann bei der CS offiziell «Back to the office».

Grosszügige Credit Suisse

Auf diesen Zeitpunkt hin fällt auch der Startschuss für die Umsetzung des bereits im vergangenen Juli angekündigten neuen Arbeitsmodells «The Way We Work», wie eine Sprecherin bestätigte. Dies bedeutet in der Umsetzung konkret, dass Mitarbeitende selbst wählen dürfen, wie sie ihre Arbeitszeit gestalten, und wo sie arbeiten möchten. Das jedoch alles in Absprache mit dem Team und den Vorgesetzten sowie im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und den Homeoffice-Empfehlungen des Bundes.

Kurz: Zumindest in der Theorie wäre es für CS-Angestellte möglich, künftig gar nicht mehr im Büro zu erscheinen.

Nah dran an der totalen Flexibilität ist künftig auch die St. Galler Zentrale der Raiffeisen-Banken. Während die einzelnen Genossenschafts-Institute ihre Arbeitsweise jeweils selber regeln, ist bei Raiffeisen Schweiz am 1. März 2022 der Übergang in den Normalbetrieb mit dem im August 2020 eingeführten Modell «Flexwork» geplant. Dies bedeutet, dass Mitarbeitende grundsätzlich und unabhängig von der Corona-Pandemie in Absprache mit ihrer vorgesetzten Person bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit von einem anderen Ort aus arbeiten – falls ihre Tätigkeit dies zulässt.

Eine im Vergleich zu den Vorgaben von vor der Krise enorme Flexibilisierung zeichnet sich nun auch bei anderen Grössen von Swiss Finance ab.

Julius Bär: Rückkehr obligatorisch

Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) etwa, die auch nach Ausbruch der Pandemie auf eine im Vergleich hohe Office-Präsenz pochte, weht nun offensichtlich ein anderer Wind. Künftig soll dort bei einem Pensum von mindestens 50 Prozent ein Homeoffice-Anteil von maximal 40 Prozent möglich sein, wie es auf Anfrage hiess. Hygienemassnahmen gelten allerdings weiterhin. Das Tragen von Masken ist freiwillig.

40 Prozent oder zwei ganze Tage Homeoffice pro Woche werden künftig auch den Private Bankern beim Zürcher Traditionshaus Julius Bär zugesichert. Dies gilt jeweils für die Vollzeitbeschäftigten. Das neue, hybride Arbeitsmodell tritt beim Institut ab dem 1. März 2022 in Kraft. Das Datum markiert auch den offiziellen «Rückruf» der Belegschaft. «Die teilweise Rückkehr in die Büros ist ab dann wieder für alle obligatorisch», erklärte ein Sprecher.

Zwei Tage Homeoffice pro Woche werden auch von der Konkurrentin Lombard Odier anvisiert, wie dort zu erfahren war. Bei der noblen Genfer Adresse lässt man sich allerdings mehr Zeit für die Angewöhnung an den neue Arbeitsmodus. Zwischen Anfang und Ende März, heisst es beim Institut, werde es eine Übergangs- und Anpassungsphase geben.

3 plus 1 plus 1 bei Pictet

Bei der Nummer eins des Private Banking in der Rhonestadt, Pictet, tagt eine eigens gegründete «Covid-Taskforce» zum weiteren Vorgehen. Derzeit arbeiten zwei Drittel des Personals vor Ort im Büro; künftig gilt einem Sprecher zufolge «3 plus 1 plus 1». Sprich: «Die Mitarbeitenden sind drei Tage im Office, können einen Tag von zu Hause aus arbeiten und nach Absprache mit den Vorgesetzten einen zweiten Tag.» Dies gilt allerdings nur für jene Kräfte, bei denen «Remote»-Arbeit überhaupt möglich ist.

Schon fast Turbo-mässig schnell bewegt sich derweil der führende Schweizer Lebensversicherer zurück in die Normalität. Per 21. Februar 2022 gilt bei der Swiss Life wieder der reguläre Modus. Damit können die Mitarbeitenden wieder vor Ort arbeiten, wie beim Assekuranz-Konzern zu vernehmen war. Bezüglich Homeoffice nimmt Swiss Life aber Abstand von Quoten. Die Vorgesetzten legen für ihre Teams das Zusammenspiel zwischen mobilem Arbeiten und der Arbeit vor Ort fest – wobei die Bedürfnisse der Kundschaft im Mittelpunkt stehen sollen. «Wir gehen davon aus, dass der überwiegende Teil der Arbeiten weiterhin vor Ort stattfinden wird», erwartet man bei der Swiss Life.

Zurich: Etablierte Flexibilität

Im Heimmarkt des grössten Schweizer Versicherer Zurich ist die Rückkehr ins Office gar ab sofort möglich. Dies allerdings auf freiwilliger Basis. Der Verzicht auf einen offiziellen Termin hängt wohl auch damit zusammen, dass die Zurich Schweiz bereits seit 2015 flexible Arbeitsmodelle eingeführt hat. «In der Strategie der Zurich Schweiz ist das moderne Arbeitsumfeld bereits fest verankert», berichtet eine Sprecherin. So kann die hiesige Niederlassung nun auf Ansprüche der Belegschaft eingehen: Umfragen zufolge wünschen sich die Angestellten künftig je zwei bis drei Tage im Homeoffice und zwei bis drei Tage am Standort oder bei Kunden.

Auch die UBS hat ihre Bankerinnen und Banker zum Homeoffice befragt; bei der Marktführerin des Swiss Banking weiss man seither, dass sich viele Mitarbeitende ein hybrides Modell wünschen. In der Folge will die Grossbank einen Mix aus Arbeiten im Büro und von zu Hause anbieten, wo es Rolle, Aufgabe und Standort erlauben. Schon früh zog die UBS zudem Lehren aus der Krise, was die Nutzung ihrer Büroflächen angeht. So strebt das Institut an, zu jeder Zeit rund ein Drittel der Belegschaft von auswärts arbeiten zu lassen.

Vontobel – Stabilität hat Vorrang

Nichts überstürzen bei der Rückkehr ins Büro will hingegen das Zürcher Investmemthaus Vontobel. «Um das Risiko von vielen gleichzeitigen Erkrankungen zu vermeiden und weiterhin einen stabilen Betrieb sicherzustellen, besprechen die Linienvorgesetzten bis auf weiteres mit ihren Teams, welche Mitarbeitenden vor Ort respektive weiterhin zu Hause arbeiten», sagt ein Sprecher.

Vontobel plant die Einführung des regulären «Remote Working»-Regime auf den 1. April 2022 – auf dieses Datum hin will der Bundesrat seine Covid-19-Verordnung ausser Kraft setzen. Dabei wird es sich dann hoffentlich um keinen Scherz handeln.