In Paris wird er verehrt wie ein Halbgott. Und weltweit haben ihm Anleger weit über 50 Milliarden Euro anvertraut. Edouard Carmignac wurde in der Finanzkrise zum Anlage-Genie. In den vergangenen Jahren war er aber nur noch Durchschnitt.
Ist Edouard Carmignac der beste Fondsmanager aller Zeiten oder bloss ein «One-Hit-Wonder» – eine Eintagsfliege? Dieser Frage gehen die Investmentspezialisten Roland Meerdter und Steven Goldin in einem Artikel auf «Citywire» nach.
Die Ausgangslage ist offensichtlich: Carmignacs Vorzeige-Fonds «Patrimoine» zeigte in den Jahren 2005 bis 2009 gegenüber den Benchmarks eine klare Outperformance und in den Jahren darauf eine klar schlechtere Performance.
Die Performance des Fondsim laufenden Jahr hat sich seit der Erstellung dieser Tabelle aber deutlich verbessert: Ende August lag die annualisierte Rendite bei 8,6 Prozent.
Dennoch ist offensichtlich, wie Carmignac seine Reputation schuf: Noch in der übelsten Krise von 2008 hielt er seinen Fonds ganz knapp im Plus, während die Märkte einen tiefen Taucher nahmen.
Weite Voraussicht und hohe Flexibilität
Er war so gut, weil er seinen Fonds frei von all dem Gift in den Märkten fern hielt. Und das war kein kurzfristiger Entscheid gewesen. Carmignac positionierte den Fonds bereits lange vor der Finanzkrise so, weil er das Platzen der Kreditblase und die Liquiditätsklemme in den Märkten kommen sah. Als die Krise 2008 und 2009 zum perfekten Sturm mutierte, war Carmignac noch flexibel genug, weitere Risiken aus dem Fonds zu nehmen.
Diese Leistung machte jüngere Fonds-Geschichte und verhalf seinem Unternehmen zu einem rasanten Anstieg der verwalteten Vermögen. Seine Firma expandierte – auch in die Schweiz – und Carmignac selber wurde im wirtschaftlich kriselnden Frankreich zur Kultfigur.
Mit dem Wachstum blätterte der Glanz
Seine jährlichen Investoren-Konferenzen mit anschliessendem Privatkonzert – 2012 engagierte er die Rolling Stones – sind ein Stelldichein der feinen Pariser Gesellschaft.
Auch der Patrimoine-Fonds schwoll auf über 8 Milliarden Euro an. Und mit diesem Anstieg verlor der Fonds gleichzeitig an Glanz – er knüpfte nie mehr an seinen früheren Leistungen an.
Das führt die Autoren zur Feststellung, dass sich ein Fondsmanager nicht allein an den Performance-Zahlen messen lassen kann. Genauso wichtig sei die Analyse, welche Faktoren zu der Performance und dem Track Record geführt hätten.
Anlagestrategie passt nicht
Carmignacs herausragende Fähigkeit war, noch in den Boomjahren die wirtschaftlichen Parameter so zu interpretieren, dass er die Finanzkrise kommen sah. Während dies für seine Kunden das schlagende Argument war, ihm ihr Geld anzuvertrauen, hätten sie sich wohl fragen müssen: Kann Carmignac seine Anlagestrategie auch dem sich verändernden Umfeld der Post-Finanzkrise anpassen?
Post-Finanzkrise nicht richtig gelesen
Allem Anschein nach hat Carmignac seinen Patrimoine-Fonds nicht so positioniert, dass er beispielsweise die Effekt der ultralockeren Geldpolitik in Performance ummünzte. Der Fonds blieb von 2010 bis ins Jahr 2014 konstant zurück, wie die Autoren festhalten.
Carmignac müsse den Beleg noch erbringen, dass er seine Leistungen auch in den wirtschaftlichen Bedingungen der Post-Finanzkrise wiederholen könne.