Die Aktienmärkte reagieren mit herben Abschlägen auf die kriegerischen Ereignisse in der Ukraine. Bieten sich jetzt Kaufgelegenheiten? Antworten hat Aquila-Chefökonom Bruno Gisler.
Von Bruno Gisler, Chefökonom der Zürcher Finanzgruppe Aquila
Die Situation in der Ukraine ist undurchsichtig. Es herrscht Nervenkrieg. Russlands Präsident Vladimir Putin liess sich vom Parlament die Vollmacht erteilen, in die Ukraine einzumarschieren. Die ukrainische Führung hat im Gegenzug die Armee mobilisiert und in höchste Kampfbereitschaft versetzt. Die russische Börse eröffnete die neue Woche mit einem Minus von mehr als 10 Prozent. Der DAX startete mit einem Minus von rund 2,5 Prozent.
Eine russische Invasion in der Grössenordnung, wie sie 2008 in Georgien stattfand, dürfte sich nicht wiederholen. Wir gehen vielmehr davon aus, dass sich die russischen Interessen auf den Osten der Ukraine, insbesondere die Halbinsel Krim konzentrieren.
Sanktionen gegen Russland
- Vladimir Putin hat bereits Fakten geschaffen. Nach unbestätigten Berichten ist die Halbinsel Krim bereits unter der Kontrolle Kreml freundlicher Sicherheitskräfte. Russland dürfte die Macht ohne offizielle Invasion konsolidieren und darauf setzen, dass die auf den 30. März vorgezogene Abstimmung über eine Erweiterung der Autonomie der Krim von der Ukraine im Sinne Moskaus ausfällt.
- Angesichts der Sympathie der mehrheitlich russischstämmigen Bevölkerung auf der Krim glauben wir nicht, dass die ukrainische Armee die Krim besetzen wird. Die ukrainische Führung dürfte sich darauf beschränken internationale Solidarität anzufordern.
- Da die Ukraine nicht Nato-Mitglied ist, wird der Westen auf militärische Aktionen verzichten. Er wird vielmehr auf Verurteilungen und politische wie wirtschaftliche Sanktionen setzen. Da aber insbesondere Europa zum Teil enge wirtschaftliche Beziehungen mit Russland pflegt, ist hier jedoch der Weg nicht klar vorgegeben.
Russland schadet sich selbst am meisten
Unseres Erachtens schädigt sich Russland durch sein Verhalten in der Ukraine selbst am meisten. Sein Ruf als vertrauenswürdiger Geschäftspartner leidet einmal mehr. Die Ereignisse dürften aber keine nachhaltig negativen Auswirkungen auf die Börsen der Industrieländer haben.
Dafür spricht auch der Dollar, der als Währung eines sicheren Hafens nicht zulegte wie auch der Euro, der als Währung einer direkt betroffenen Region keine Schwäche zeigte.
Investoren, die in Aktien untergewichtet sind können übertriebene Abschläge an den Börsen als Kaufgelegenheiten nutzen.