Viele erfolgreiche Fondsmanager und «Gurus» setzen mit der Zeit mehr auf Marketing und Vertrieb als auf die Analyse und ein diszipliniertes Portfolio-Management. Das sei oftmals der Beginn des Niedergangs, sagt Finanzprofessor Maurice Pedergnana.


Maurice Pedergnana ist Professor an der Hochschule Luzern – Wirtschaft; Chefökonom der Zugerberg Finanz sowie Geschäftsführer der SECA Swiss Private Equity and Corporate Finance Association. Er schreibt regelmässig für finews.ch.

Wenn 1'000 Fondsmanager Geld verwalten, wird es mit der Zeit möglich, einzelne von ihnen als besonders gut auszumachen. Allerdings handelt es sich dabei um ein rein statistisches Phänomen.

Denn weil sich die Renditen vor allem um den Mittelwert kumulieren, wird derjenige «Guru» mit der grössten medialen Aufmerksamkeit belohnt, dessen Rendite über einige Zeit zufälligerweise besonders hoch ist. Vertreter aus allen wichtigen Wirtschaftsmedien stürzen sich dann auf ihn. Wer sucht, findet stets ein paar Anekdoten, was das «Geniale» ausmacht.

«Gurus» spielen gerne ihre Rolle

Je pointierter und selbstbewusster, desto rascher wird einer in den «Guru»-Status erhoben: Jim Rogers als der «Erfinder» von Rohstoffen-Anlage, Marc Faber als «Entdecker» von Indochina oder Jim O'Neill, der nach den BRIC-Staaten die «Next 11» empfohlen hat – elf wachstumsstarke Länder, deren Aktienindex (MSCI Next 11) im vergangenen Jahr allerdings rund 8 Prozent verloren hat.

Natürlich spielen die «Gurus» gerne ihre Rolle. Denn sie verdienen auch dabei, stellen ihren Namen in diversen Finanzprodukten zur Verfügung. Am einfachsten ist die Gewinnung von Neugeldern in den zwei Quartalen nach einer ausserordentlichen Performance.

Im Schwimmbecken des Mittelmasses

Allerdings lässt sich daraus keine statistisch erhärtete Aussage über die Rendite in der Zukunft machen. Im Grunde genommen ist es sogar umgekehrt: Mehrheitlich zählen die Gewinner der vergangenen Jahre zu den Verlierern der kommenden Jahre. Viele können mit den neuen Fondsvolumen nicht mehr die gleiche Wirkung erzielen wie zuvor als sie noch Nischenplayer waren. Das ist wissenschaftlich erhärtet.

Es ist jedoch ganz natürlich, dass man sein Geld eher einer gewinnenden Idee oder einer überzeugenden Person anvertraut als einem Verlierer-Typen. Wir brauchen gar nicht wie in einer Fabel zu moralisieren, wonach Hochmut vor dem Fall komme. Vielmehr ist es äusserst schwierig, in einem Schwimmbecken – als solches kann man sich den Sammelort der gesamten Nachrichtenflut vorstellen – über viele Jahre aus dem Mittelmass herauszuragen. Beispiele?

Seither nur noch unterdurchschnittlich

Der Hedge-Fonds-Manager John Paulson hat die Subprime-Krise zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Instrumenten identifiziert und Milliarden am Niedergang der Banken und Versicherungen verdient. Diese hat er anschliessend mit einem Mehrfachen an Kundengeldern in Gold und Goldminen investiert. Die Verluste sind nun grösser als die Gewinne zuvor.

Auch der französische Fondsmanager Edouard Carmignac galt durch dessen Bewältigung der Finanzkrise ab 2009 als Star in der Branche. Dann prophezeite er kühn den Niedergang der Eurozone und begann, dies auch in den Depots seiner Kunden konsistent umzusetzen. Seine Renditen entwickelten sich seither nur noch unterdurchschnittlich.

Hartes Urteil über Bill Gross

Doch geht dabei die langfristige Perspektive nicht auch etwas verloren? Bestimmt. Derzeit wird gerade ein hartes Urteil über Bill Gross, dem grössten Obligationen-Manager der Welt, gefällt. Er hat mit seiner Investmentgesellschaft Pimco die wirtschaftliche und politische Landschaft 2013 völlig falsch eingeschätzt und den grössten Verlust der letzten 20 Jahre gemacht.

Dem einst erfolgreichen Fonds von Pimco wurden allein im vergangenen Jahr zur Strafe gleich mehr als 41 Milliarden Dollar entzogen. Aber ich glaube im Kern, dass die vor allem auch deshalb geschah, weil eine 30-jährige Zinssenkungsphase nun definitiv vorbei ist. Wer im Bondmarkt investiert, muss die Meinung von Pimco lesen, so einflussreich sind nur wenige mit ihrer Meinung.

Kantonalbanken besser als Berkshire Hathaway

Auch Warren Buffett hat sein Ziel deutlich verfehlt, über fünf Jahre hinweg seinen Investoren mehr Geld zu generieren als der amerikanische Aktienmarkt. Dem 84-Jährigen nehmen das nur wenige übel. Von vielen wird er verehrt, viel mehr, als statistisch begründet wäre.

Schauen Sie sich die Rendite von Berkshire Hathaway in den letzten 12 Jahren an. Mit den Aktien der Luzerner oder der St. Galler Kantonalbank hätten man die doppelte Rendite erzielt. Aber auch mit der Mehrheit der SMI-Titel: Egal, ob Sie in die Zurich Insurance Group, ABB, Swatch, Nestlé oder Novartis investiert hätten, es hätte eine deutlich bessere Rendite resultiert. Doch warum ist das so?

Unversteuerte Gewinne

Die Schweizer Börse ist eine der interessantesten der Welt. Sie bietet eine aussergewöhnlich gute Auswahl an international und global ausgerichteten Unternehmen. Die Erträge der zu Grunde liegenden Aktien sind deutlich globaler als im S&P 500.

Der global ausgerichtete Investor findet an der Schweizer Börse Werte, die ihn an der Globalisierung partizipieren lassen. Und er hat die Sicherheit, dass zwar einiges steueroptimiert ist, aber die Ergebnisse nicht dermassen manipuliert sind wie in den USA, wo die global ausgerichteten Unternehmen extrem hohe Gewinne ausweisen, die sie nicht versteuert haben.

Ein gravierendes Wertvernichtungs-Risiko

Auf die Dauer wird sich das bei Engagements in Apple, Google und Starbucks rächen. Ebenso unklug scheint, sich ein Musterportfolio von einem amerikanischen Chefökonomen oder Chief Investment Officer zusammenstellen zu lassen. Deren Home Bias ist aus der Sicht eines hiesigen Investors ein gravierendes Wertvernichtungs-Risiko.

Nicht selten setzen erfolgreiche Fondsmanager mit der Zeit mehr auf Marketing und Vertrieb als auf die Analyse und ein diszipliniertes Portfolio-Management. Das ist oftmals der Beginn des Niedergangs.

Weder Guru noch Kristallkugel

Gerade in unsicheren, stark von Zentralbanken verzerrten Märkten und in wohl auch inskünftig turbulenten Zeiten braucht es analytische Fähigkeiten, die jeweils richtige Strategie zu identifizieren und konsequent zu verfolgen. Das ist das professionelle Handwerk eines Vermögensverwalters. Dazu braucht es weder einen Guru noch eine Kristallkugel.