Freundliche Konjunkturdaten dürften die Börse noch bis im Sommer beflügeln. Doch das Ende der ultralockeren Geldpolitik naht, warnt der Ökonom Harald Preissler.
Aus Sicht der Aktienmärkte seien die fundamentalen Rahmenbedingungen weiterhin klar positiv, stellt Harald Preissler (Bild) fest. Die meisten Indices würden noch deutlich unter unter ihren bewertungstechnischen Extremwerten handeln.
Beispielhaft weist Preissler dabei auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), das sowohl beim DAX mit 1,5 als auch beim SMI mit 2,5 und beim S&P500 mit 2,3 nahe der historischen Durchschnitte rangiert.
SMI steigt bis bis auf 8'500
«Viele Investoren haben die Rally offenkundig verpasst und warten auf eine Gelegenheit zum Einstieg», erklärt der Fachmann von der Bantleon Bank weiter und geht daher vorläufig von weiter steigenden Aktienkursen aus. Vor diesem Hintergrund geht er davon aus, dass der DAX und der SMI in diesem Sommer bis auf 8'500 Punkte steigen werden. Beim Eurostoxx50 sieht er ein Potential bis auf 3'000 Punkte.
Die Entwicklung in der 2. Jahreshälfte 2013 hänge sehr stark vom weiteren Konjunkturzyklus ab, so Preissler weiter. «Sofern es im Herbst/Winter 2013 nicht zu einem neuen Rückfall in die Rezession komme, dürften die Aktienmärkte in eine volatile Seitwärtsphase übergehen, aber einen Absturz vermeiden können», sagt der Chefökonom des Anleihenmanagers Bantleon. Preissler verantwortet gleichzeitig auch das Anlagemanagement.
Chronisch negativ
«Sollte die Währungsunion jedoch erneut in die Rezession abgleiten, wäre im Winterhalbjahr 2013/14 eine Korrektur in der Grössenordnung von 25 bis 35 Prozent realistisch», sagt er.
Während die Stimmung für Aktien im Allgemeinen neutral zu bewerten sei, seien die Investoren für Anleihen aus den «sicheren Häfen» (hoch qualitative Staatsanleihen) beinahe schon chronisch negativ eingestellt, stellt Preissler fest und fügt an: «Wahrscheinlich ist gerade das eines der Geheimnisse für die relative Stärke deutscher Bundesanleihen.»
Bundesanleihen markant überverkauft
Tatsächlich klafft zwischen der aktuellen Rendite 10-jähriger Bundesanleihen und ihrem Modellwert nach wie vor eine enorme Lücke: Auf Basis von Preisslers Schätzung müssten die Renditen eigentlich bei etwa 2,10 Prozent liegen, mehr als 80 Basispunkte über ihrem aktuellen Niveau. Und Preissler füngt an: «Auch aus technischer Sicht sind Bundesanleihen markant überkauft.»
Preissler erwartet den Gipfel 10-jähriger Laufzeiten nach wie vor im 3. Quartal bei etwa 2,20 Prozent. «Ich liege mit dieser Prognose über dem Konsens, der die Langläufer Ende 2013 auf 1,90 Prozent taxiert», sagt der Ökonom.
Segensreiches Programm der EZB
Für die Obligationenmärkte der Peripherie bleibt Preisslers Einschätzung auch in den kommenden Monaten positiv: «Dort sind die Renditen gemessen an ihren fairen Niveaus nach wie vor viel zu hoch, insbesondere in Italien und Spanien. Sofern neue Schocknachrichten ausbleiben, dürfte das Interesse an den attraktiven Renditen dieser Länder weiter zunehmen – auch wegen des segensreichen OMT-Programms (Offenmarktgeschäfte) der EZB.»
Harald Preissler geht davon aus, dass die Renditen 10-jähriger italienischer Staatsanleihen in den nächsten zwölf Monaten von aktuell rund 4,50 auf 3,50 Prozent sinken könnten.