Manchmal lassen sich die Tränen auch am Arbeitsplatz nicht aufhalten. Dann kommt es darauf an, was Sie daraus machen.
Flennen im Job, das gilt weitherum als «no go». Klar: Tränen sind unprofessionell, berühren das Umfeld peinlich, und Frauen zementieren damit das Vorurteil vom «schwachen Geschlecht». Dies gerade in Finanzkonzernen, wo vielfach noch die «old boys» die Hosen anhaben.
Indes, nicht immer lassen sich die Tränen zurückhalten. Sie sind zutiefst menschlich – auch wenn sich dieser Mensch gerade an einer wichtigen Sitzung befindet oder in einem Mitarbeitergespräch, das über die berufliche Zukunft entscheidet.
Das kommt vor, und gar nicht so selten. So zitiert die Agentur «Bloomberg» eine einschlägige Umfrage bei rund 13'000 Teilnehmenden. Dabei kam heraus, dass jeder Zehnte regelmässig auf die Toilette rennt, um dort den Tränen freien Lauf zu lassen.
Mit Leib und Seele
Das sind Werte, die auch Wissenschafter interessieren. An der amerikanischen Harvard Business School hat sich etwa die Forscherin Elizabeth Bailey Wolf die Frage gestellt, ob sich ein «running mascara day» karrierewirksam einsetzen lässt. Ihre Anwort: ja, da geht.
Unter Voraussetzung, dass die Tränen in den richtigen Kontext gesetzt werden. Wolfs Experimenten zufolge kommt es bei den Chefs und Kollegen überraschend gut an, wenn der Heulkrampf mit dem Eifer für die Arbeit gerechtfertigt wird: Was gibt es wünschenswerteres als Mitarbeitende, dich sich mit Leib und Seele mit ihrem Job identifizieren?
Hingegen rät Forscherin Wolf davon ab, die Tränen der eigenen Emotionalität zuzuschreiben. Dann droht geschwind der Stempel: Heulsuse.
Zeichen von Engagement
Umgekehrt sind Angestellte, die mit ihren Gefühlen stets hinter dem Berg halten, weniger beziehungsfähig, gibt Wolf zu bedenken. Das Knüpfen von Beziehungen – zu Englisch Networking – ist in der Karriere von eminenter Bedeutung. Untergebene, die offener auf ihre Chefs zugehen können, werden von diesen auch als engagierter wahrgenommen. Und Engagement ist eine weitere Sprosse auf dem Weg nach oben.
Im weitesten Sinne könnten Tränen gar als Stütze für die Organisation verstanden werden – auf jeden Fall geben sie den gut geölten Rädchen in Grosskonzernen wieder etwas Menschlichkeit zurück.