Die Corona-Impfung polarisiert, auch am Arbeitsplatz. Fünf Tipps für Führungskräfte, wie sich endlose Diskussionen vermeiden lassen.

Von Brigitte Kaps

Bisher sind 65 Prozent der Schweizer Bevölkerung gegen Corona geimpft, fast jeder Dritte ist es nicht. Dies stellt Unternehmen, deren Angestellte wieder vermehrt vor Ort arbeiten sollen, vor grosse kommunikative Herausforderungen. Denn die teilweise sehr kontroversen Ansichten bezüglich der Corona-Impfung machen auch vor dem Büro nicht halt und können zu grossen Spannungen führen.

Die einen beharren auf ihrer Freiheit, sich nicht impfen zu lassen, die anderen wollen auf keinen Fall mit Ungeimpften im selben Raum arbeiten. Regelmässige Tests können eine Lösung sein, sind jedoch eine finanzielle und administrative Herausforderung. Dann stellt sich die Frage, ob und falls ja, wann und wo Masken getragen werden sollen. Und zuletzt: Welche Schritte werden unternommen, wenn keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann?

Das Management kommt nicht umhin, diese Punkte zu regeln und zu kommunizieren.

Drohender Loyalitätsverlust

Die konsequenteste Lösung ist die Impfpflicht, so wie es Facebook und Google in den USA tun oder inzwischen in Frankreich oder Italien angesagt ist. Für die Schweiz scheint dies kein praktikables Modell zu sein: Die Impfpflicht widerspricht der Freiheit der körperlichen Selbstbestimmung, die hierzulande grossgeschrieben wird. Abgesehen von Swiss hat sich bisher kein grosses Schweizer Unternehmen zu diesem Vorgehen durchgerungen.

Die Fluglinie befindet sich jedoch in einer einzigartigen Situation, da ein Grossteil ihres Personals täglich in andere Länder einreist – je nach Regelung der Destination hätte dies für Umgeimpfte eine Quarantäne zur Folge. Doch auch bei der Swiss hat die Impfpflicht zu polarisierenden Reaktionen geführt: Während sich ein Teil der Angestellten sicherer fühlt, lassen sich andere nun widerwillig impfen – und ein weiterer Teil zieht die Entlassung vor. Dem Arbeitsklima und der Motivation der Mitarbeitenden ist die Impfpflicht kaum förderlich.

Kodex verpflichtet

Das Gegenteil, also gar keine Massnahmen zu ergreifen, ist jedoch auch keine Option. Dies ergibt sich aus dem Code of Ethics, den sich (vor allem grössere) Unternehmen selbst auferlegt haben. In diesem verpflichten sie sich unter anderem, für die Gesundheit der Mitarbeiter zu sorgen. Bezüglich Corona bedeutet dies: Sie können es sich nicht erlauben, dass sich Angestellte fahrlässig mit einem potenziell tödlichen Virus anstecken, wenn es mit geeigneten Massnahmen verhindert werden kann. Das gilt insbesondere für besonders vulnerable Personen, bei denen eine Impfung nicht den Schutz bietet, den sie gesunden Menschen ermöglicht.

 Transparenz, gegenseitiger Respekt und Empathie

Allgemeingültige Antworten auf die Frage, wie das Thema Corona am Arbeitsplatz geregelt werden soll, gibt es nicht. In jedem Unternehmen präsentiert sich eine einzigartige Ausgangslage, für die es die passende Lösung zu finden gilt. Was jedoch für alle gilt: Eine offene und empathische Kommunikation mit sämtlichen Mitarbeitern ist unumgänglich, damit die Rückkehr ins Büro nicht zu einem Politikum verkommt. Dabei unterstützen folgende fünf Tipps:

  • Zuhören und die richtigen Fragen stellen: Egal, welche Regeln zuletzt installiert werden – alle Mitarbeitermüssen angehört werden. Kommunikation darf auch bei diesem Thema keine Einbahnstrasse sein. Daher ist es wichtig, auf die Bedenken der Mitarbeiter zu hören, statt sie nur mit Informationen unter Druck zu setzen oder sie sogar einzuschüchtern. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine solche symmetrische Kommunikation Vertrauen schafft und zu einer höheren Akzeptanz bei den Mitarbeiter führt. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Anliegen angesprochen und ihre Stimme gehört wird, fühlen sie sich eher an den Entscheidungen der Organisation beteiligt und halten sie ein. Manchmal reicht es nicht, nur zuzuhören. Ebenso wichtig ist es, die richtigen Fragen zu stellen. Dabei sollten Manager eine Sprache verwenden, die sich auf die Mitarbeitenden und ihr Wohlergehen konzentriert.
  • Verständnis und Offenheit zeigen: Sensibilität für die Impfbedenken der Mitarbeitenden kann einen grossen Beitrag zur Vertrauensbildung leisten. Wichtig ist auch, dass die Aussagen nicht nur angehört, sondern allenfalls auch umgesetzt werden. Vielleicht haben Angestellte praktikable Lösungsvorschläge, die bisher dem Management nicht eingefallen sind. Diese von vornherein auszuschliessen, wäre fahrlässig.
  • Informationen bereitstellen: Ein Teil der Bevölkerung wird sich wahrscheinlich niemals impfen lassen. Andere jedoch wären grundsätzlich bereit dazu, haben jedoch ihre Bedenken und Ängste. Daher kann es nicht schaden, noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Mitarbeiter sollten auf den neusten Stand der Erkenntnisse gebracht werden.
  • Anreize und Angebote statt Befehle: Ein Zwang zur Impfung kommt bei den meisten ungeimpften Angestellten nicht gut an. Statt einen harten Ansatz zu verfolgen, setzen einige Unternehmen auf bezahlte Freizeit oder Prämien, um die Angestellten zum Impfen zu ermutigen. Dies kann eine Möglichkeit sein, die betriebsinterne Impfquote zu erhöhen. Ja nach Grösse des Unternehmens können die Impfungen auch vor Ort angeboten werden.
  • Chefs gehen mit gutem Beispiel voran: CEO sind das Gesicht und die Stimme des Unternehmens – das gilt erst recht in heiklen Situationen wie der aktuellen. Informationen zu verbreiten und auf Bedenken sowie Feedback einzugehen, ist Chefsache. Sich vor dieser Verantwortung zu drücken, erhöht die Unsicherheit unter den Angestellten und ist kontraproduktiv.

Fakt ist: Das Thema Corona am Arbeitsplatz wird in absehbarer Zukunft nicht von der Tagesordnung verschwinden und möglicherweise ein fester Bestandteil unserer zukünftigen Arbeitswelt werden. Der Weg nach vorne in eine postpandemische Welt muss darum aktiv angegangen werden: mit Empathie, Freundlichkeit und gegenseitigem Respekt.


Brigitte Kaps ist CEO und Gründerin der Firma Executive PR.ch und RentaPR.ch. Sie verfügt über einen Master of Advanced Studies in Business Communications (HWZ, MAZ & LSE) und ein Studium der Kommunikationswissenschaften der FH Frankfurt am Main. Sie bringt fast 20 Jahre internationale Berufserfahrung in Führungspositionen bei Auslandsbanken (ABN Amro, GE, RBS) mit. Bevor sie sich 2015 selbständig machte, leitete sie als Mitglied der Geschäftsleitung die Unternehmenskommunikation der Cembra Money Bank (ehemals GE Money Bank).