Der Ton im Umgang mit gestressten Jungbankern wird wieder rauer. Die mächtige US-Investmentbank Goldman Sachs will bei Lohngeschenken nicht mitziehen – und schafft damit eine bemerkenswerte Präzedenz.
Wer es zum begehrten Partner von Goldman Sachs gebracht hat, hat finanziell ausgesorgt, weiss man in der Bankbranche. Doch bis dahin ist es ein weiter und vor allem steiniger Weg, verlangen die Investmentbanken ihren «Juniors» doch alles ab. In der Coronakrise hat die Belastung derart zugenommen, dass es zur Meuterei kam: Ausgerechnet bei der für ihren Korps-Geist bekannten Goldman Sachs wagten 13 Jungbanker den Aufstand und beschwerten sich über 100-Stunden-Wochen und Erschöpfung.
«Suchen sie sich einen anderen Job»
Vergangenen März fanden sie damit das Ohr von CEO David Solomon. Er versprach dem Nachwuchs unter anderem ein geschütztes Wochenende – und löste damit eine Beben in der Branche aus. Sofort begann nämlich die Konkurrenz, ihren jungen Talenten ebenfalls entgegenzukommen. Viel Aufsehen erregte die Credit Suisse (CS), die Investmentbankern trotz des Doppel-Debakels um die Greensill-Fonds und die Archegos-Pleite eine «Lifestyle-Pauschale» von je 20’000 Dollar überwies.
Doch nun dreht der Wind. So bezeichnete der Chef des amerikanischen Wertpapierhauses Cantor Fitzgerald, Howard Lutnick, die Beschwerden von Jungbankern unlängst als «albern». Und polterte weiter an deren Adresse: «Wenn sie der Meinung sind, dass sie zu hart arbeiten, dann sollten sie sich einen anderen Job suchen.»
Alles ein Spielchen?
In die gleiche Kerbe schlagen nun auch Führungskräfte von Goldman Sachs, allerdings ohne sich persönlich zu exponieren. Gegenüber der britischen Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) erklärten sie, dass die Bank nach reiflicher Überlegung bei den spontanen Lohnerhöhungen nicht mitziehen werde. Man könnte ja bald wieder gezwungen sein, Lohnkürzungen vorzunehmen. «Bei diesem Spiel, die Saläre alle paar Monate zu erhöhen oder zu senken, machen wir nicht mit», folgerten die hochrangigen Goldmänner.
Ihre Stimme aus dem Off dürfte in der Branche laut nachhallen. Dort ging bisher die Angst um, junge Talente zu frustrieren und an branchenfremde Akteure wie etwa die grossen Tech-Firmen oder an Startups zu verlieren. Indem sich Goldman Sachs scheinbar weigert, mit den Lohnerhöhungen der konkurrierenden Investmentbanken mitzuziehen, schafft das US-Institut jedoch auch einen bemerkenswerten Präzedenzfall: Bisher lautete nämlich das Killerargument für die teils exorbitant hohen Löhne im Banking, dass die Konkurrenz ja jeweils gleich viel oder noch mehr biete.
Was sich Goldman Sachs leisten kann...
Auf diese Weise rechtfertigten auch die Bankpräsidenten der UBS und CS jeweils die Vergütungen fürs Management – die beiden Schweizer Marktführer zahlen traditionell die höchsten Cheflöhne aller europäischen Banken. UBS-CEO Ralph Hamers brachte jüngst noch ein anderes Argument für hohe Banker-Boni vor: Diese seien gerechtfertigt, da die UBS der grösste Vermögensverwalter der Welt sei.
Die neueste Wortmeldung aus dem Hause Goldman Sachs untergräbt solche Begründungen; man wird sehen, ob es nun rasch still wird in der Branche rund um den Schmusekurs gegenüber Jungbankern. Für die Schweizer und europäischen Institute dürfte dabei das Dilemma doppelt schwer wiegen. Denn wenn sich die übermächtige Goldman Sachs die harte Tour erlaubt, heisst das noch lange nicht, dass sie sich das auch leisten dürfen.