Selbst der grösste Optimist stösst im Moment an Grenzen. Das Impfen, Dreh- und Angelpunkt für alle Öffnungen weltweit, kommt in Europa viel zu langsam voran. Der Marathon des Lockdowns geht, on and off, weiter, schreibt Karin Klossek.
Von Karin M. Klossek, Mitgründerin der Webseite Glorious Me
Von Tag zu Tag scheinen unsere klein gewordenen Freiräume in Covid-Zeiten noch enger zu werden: Spaziergänge werden reglementiert, Wanderungen im Wald werden als zu zahlreich für die Natur apostrophiert. Städte, die auf unserer Sehnsuchtsliste zukünftiger Reisen stehen, überbieten sich darin, davon zu schwärmen, wie viel angenehmer es doch ohne Touristen sei.
Wir haben uns die folgenden Dinge angewöhnt, um nicht nur durchzuhalten, sondern mental gut durch diese Zeiten zu kommen. Nicht jede Strategie ist für jeden das Richtige. Aber wenn Ihnen nur ein Tipp hilft, leichter durchzuhalten, dann freuen wir uns sehr darüber.
Talk Show Detox
Talk Shows sind in der augenblicklichen Situation kontraproduktiv. Das Format lässt in der Regel keine differenzierten Ausführungen zu und die negativen Fakten kennen wir alle bereits aus anderen Quellen.
Die meisten Talkshow Gäste, die selbst in striktesten Lockdown-Zeiten stets frisch vom Friseur vor der Kamera erschienen, scheinen von unserem täglichen Alltag und Erleben meilenweit entfernt zu sein und haben vermutlich noch nie Stunden am Telefon verbracht, beim vergeblichen Versuch, einen Impftermin zu vereinbaren. Unsere Empfehlung: Sendepause.
Sport mit Sauerstoff
Egal was es ist, Laufen im Regen, Gärtnern, Yoga am offenen Fenster, einige unserer Leser (Chapeau!) wagen sogar bei kältesten Temperaturen das Schwimmen im See – die Endorphine, die Bewegung im Freien auslöst, wirken wahre Wunder.
Meine Empfehlung: So viel Sport an frischer Luft als möglich. Gerade dann, wenn Sie gar keine Lust dazu haben und sich dazu überwinden müssen, ist der Effekt besonders gross.
Achtsamkeit gilt auch für Sie selbst
Gibt es in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis Menschen, die Sie noch nie gefragt haben, wie es Ihnen gerade geht?
Meine Empfehlung: Gehen Sie auf Tauchstation und konzentrieren Sie Ihre Empathie auf die, die auch Interesse an Ihnen zeigen.
Nichts tun
Unaufhörlich zitiert jemand Winston Churchill mit «Never waste a good crisis». Dabei kann dieses Zitat dem grossen Staatsmann nicht eindeutig zugeordnet werden.
Die meisten von uns sind in diesen Tagen eher hyperaktiv, digitalisieren ihr Unternehmen, bauen ein neues Unternehmen auf, versuchen, ihren Job zu behalten oder einen neuen zu finden und gönnen sich kaum eine Pause. Da ist die ständige Wiederholung dieses Satzes höchst überflüssig. Pausen hingegen sind genau das, was uns mental in dieser Zeit stärkt.
Meine Empfehlung: Schalten Sie das Telefon ab und lassen Sie die Gedanken wandern, greifen Sie zu einem Buch zu, hören Sie Musik, nehmen Sie ein heisses Bad oder schliessen einfach mal tagsüber die Augen, anstatt sich selbst pausenlos ständig links oder rechts überholen zu wollen.
Lernen als Mittel gegen Machtlosigkeit
Im Moment gibt es viele Themen, bei denen wir in der Pandemie nahezu machtlos sind. Keine gute Situation für Menschen, die gewohnt sind, Themen zu bestimmen und zu gestalten. Was wir jedoch immer machen können ist, eine neue Fertigkeit zu lernen. Die Heilkunde kennt immer ein Gegengift zum Gift. Lernen ist das das Gegengift zum Gefühl, bei manchen Themen nichts selbst beeinflussen zu können.
Unsere Empfehlung: Lernen Sie etwas, was Sie zuvor als schwierig oder exotisch angesehen haben. Egal ob es der Umgang mit dem Akku-Schraubenzieher, das Klavierspielen oder das Lesen der aktuellsten wissenschaftlichen Artikel zur CRISPR/Cas-Technik der Genmanipulation ist.
Falls Ihnen Homeschooling oder andere Verpflichtungen dazu partout keine Zeit lassen, haben wir eine Empfehlung, die weniger Zeit benötigt: Räumen Sie einen Schrank komplett aus und bereiten Sie Ihre Post-Covid-Garderobe vor.
Das geht zeitlich fast immer und gibt Ihnen das gute Gefühl von Ordnung und Optimismus. Garantiert.
Bad News sells
Unser Gehirn ist darauf trainiert, negative Nachrichten intensiver aufzunehmen und im Anschluss daran nach noch mehr Informationen dazu zu suchen, um die negative Nachricht zu verifizieren.
Das kann in Pandemiezeiten zu einem Übermass an negativen Nachrichten führen und so auch den grössten Optimisten verzweifeln lassen.
Meine Empfehlung: Konzentration auf ausgesuchte Qualitätsmedien und der französische Philosoph Michel Eyquem, Seigneur de Montaigne: «Mein Leben war voller schrecklicher Unglücke, von denen die meisten nie eingetreten sind.»
Manchmal hilft nur eines: Soulfood
Zwei junge Absolventinnen der Hotelfachschule Lausanne, die ihr erstes Gastrokonzept in der Altstadt von Zürich trotz Lockdown starten wollten, begannen über das Fenster einer Bar in Form eines Kiosk Schinken-Käse-Sandwiches zu verkaufen. Mit dem perfekten Branding: «Iklämmt».
Die Schlange derer, die zwischen endlosen Zoom-Meetings als Pausen-Snack ein heisses Schinken-Käse-Sandwich haben wollten und geduldig anstanden, um eines der 1000 Sandwiches, die es pro Tag gab, am Kiosk zu erwerben, war lang und die mit besten regionalen Zutaten getoasteten Käse-Schinken-Sandwiches an den meisten Tagen ausverkauft.
Unsere Empfehlung: Eine Scheibe Sauerteigbrot toasten mit einem aromatischen Kurkuma-Senf oder süssem Bayerischen Senf bestreichen, guten gekochten Schinken und Gurken in flache Scheiben geschnitten, darauf geben, mit Gouda und Comté-Käse belegen und unter dem Grill schmelzen lassen. Mit einer zweiten getoasteten Scheibe Brot einklemmen und geniessen.
Halten Sie gut durch!
Wenn wir die Immunität gegen Covid-19 nur herbeisehnen aber nicht bestimmen können, hilft es, zumindest unsere mentale Immunität zu stärken.
- Haben Sie Tipps, was Ihnen gerade am besten hilft? Schreiben Sie uns: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Karin M. Klossek lancierte 2018 zusammen mit Maike Siever die Lifestyle-Website GloriousMe.Net. Darüber hinaus ist sie Co-Gründerin der Branding-Beratungsfirma Glorious Brands in Frankfurt am Main. Zuvor arbeitete sie in Frankfurt, Auckland, Sydney und London im Bereich Mode, Financial Services und Gesundheit mit dem Schwerpunkt auf strategischer Markenführung und Marketing.