Der Finanzsektor ist eine Männerbastion. Das muss sich ändern, fordern nicht zuletzt Grossaktionäre ultimativ. Doch dem Wandel stellt sich der Datenschutz in den Weg.
An grossen Worten mangelt es nicht. Finanzkonzerne wie die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs oder der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock machen «Diversity» an der Unternehmensspitze zur Bedingung für die Zuteilung von verwalteten Kundengeldern. Die US-Technologiebörse Nasdaq drohte letztes Jahr gar damit, Konzerne zu dekorieren, wenn sie nicht ausreichend Frauen und Minderheiten in ihre Verwaltungsräte holen.
Unbekannte fördern
Doch mit den Taten ist es so eine Sache. Die Finanzbranche selber stolpert bei der Umsetzung von Diversität in den eigenen Reihen über Hindernisse – zumal über den Datenschutz. Dies geht aus einer Umfrage des angelsächsischen Finanzportals «Citywire» (Zugang mit Login) bei Chefs von führenden Fondshäusern hervor.
Denn um Minderheiten im Unternehmen zu fördern, müssen die Institute erst einmal wissen, wo diese zu finden sind – und das geht grossflächig nur mit der Erhebung und Auswertung von Daten über die Belegschaft.
Spärlicher Rücklauf
Bei der Frage nach dem Geschlecht der Angestellten erscheint dies noch einigermassen unverfänglich. Wer jedoch auch Angehörige der LGBT-Community in Führungspositionen hieven will, muss nach der sexuellen Orientierung fragen – und begibt sich damit oftmals auf heikles Terrain. Laut dem Bericht haben einzelne Asset Manager in internen Befragungen nur 40 Prozent Daten erhalten, die sich für die Förderung von Minderheiten in der Firma zu brauchen glauben.
Am besten voran kommen die Fondsfirmen mit ihren Datensammlungen in den USA; schon schwieriger gestaltet sich der Rücklauf in Grossbritannien, während in Frankreich die Erhebung wie auch die Aufbewahrung solcher Daten schlicht verboten sind. Auch hierzulande stellen sich Hindernissen in den Weg, nicht nur beim Datenschutz: In Anstellungsgesprächen ist etwa die Frage nach der Geschlechtsidentität unzulässig, und das Gleichstellungsgesetz verbietet diskriminierende Arbeitsbedingungen.
Anonymität sichern
Ebenso klar ist, dass die Finanzbranche ihr Big-Brother-Problem mit sensiblen Personendaten rasch lösen muss. Viele Akteure setzen dabei auf Methoden, welche die Anonymität strikte einhalten sollen. So soll zumindest das Vertrauen der Befragten gewonnen werden.
Sowieso steht fest: Als institutionelle Investoren können Finanzfirmen schlecht Diversität von anderen Unternehmen einfordern, ohne in der Sache eine Vorreiterrolle einzunehmen.