Mit der Digitalisierung sind ganz neue Qualifikationen für die Bankführung gefragt. Ein in Zukunft entscheidendes Stellenprofil ist in der Branche aber selten zu finden – und noch schwieriger zu besetzen.

Die Erkenntnis, dass die Digitalisierung nicht nur nach neuen Technologien verlangt, sondern auch nach frischen Talenten, dringt bei den Schweizer Banken allmählich durch. Inzwischen liefert sich die Branche ein regelrechtes Wettrüsten um Manager und Verwaltungsräte mit IT-Expertise.

Davon sind selbst kleine Regionalinstitute nicht ausgenommen. So vermeldete die Banque Cantonale du Jura am Dienstag, einen Informatikspezialisten in ihr Aufsichtsgremium zuwählen zu wollen.

Entsprechend sind im Swiss Banking die Rollen eines Chief Technology Officer oder des Chief Digitization Officer geläufig. Nur die allerwenigsten Geldhäuser beschäftigen jedoch einen Chief Data Officer – oder haben von dessen Stellenprofil überhaupt schon einmal gehört.

Nur wenig Bewusstsein bei Privatbanken

Das ist ein Manko, findet Christophe Touton. Der Prinzipal bei der Beratungs- und Headhunter-Firma Heidrick & Struggles in Zürich steht insbesondere Privatbanken bei der Digitalisierung zur Seite, und findet dort wenig Bewusstsein bezüglich der Möglichkeiten von Big Data vor, wie er gegenüber finews.ch ausführte.

Das könnte sich rächen, findet nicht nur Touton. Unlängst warnte etwa Alexander Friedman, der Chef des Schweizer Fondshauses GAM, vor der Gefahr aus dem Datenlager. Wenn sich Vermögensverwalter dem Trend verschlössen, würden sie zu Hunden, sagt Friedman, «und die Big-Data-Firmen die neuen Herrchen».

Allein, mit dem Erkennen des Big-Data-Bedarfs ist es nicht getan. Vielmehr wird es von da an erst richtig knifflig, gibt Headhunter Touton zu bedenken.

Rekrutierung in Fernost

«Entsprechende Talente sind schwer zu finden, selbst für spezialisierte Headhunter», sagt er. Denn Big-Data-Experten seien oft jung und arbeiteten für wenig bekannte Startups oder für digitale Unternehmen. Viele Experten sind in Asien zu finden und weniger in Europa.

Bei der Rekrutierung müssten Banken deshalb auf Mittler zurückgreifen, so Touton weiter. Eine wichtige Rolle spielten hierbei Private-Equity- und Venture-Investoren, da sie die Startups und deren Mitarbeitende oftmals gut kennen würden.

Nicht einfacher wird die Suche dadurch, dass Finanzinstitute im Rennen um Datenexpertise mit anderen Sektoren konkurrieren. «In einem traditionellen Bereich wie etwa demjenigen der Privatbanken spielt die firmenspezifische Attraktivität als Arbeitgeber eine entscheidende Rolle», weiss Touton.

Old Private Banking versus Agilität

Ist ein Talent endlich gefunden, hören die Schwierigkeiten nicht auf. Big-Data-Experten sind sich von Jung- und Technologiefirmen her dynamische Prozesse mit schneller Entscheidungsfindung gewohnt. Gerade im Swiss Private Banking, sagte der Heidrick & Struggles-Berater, treffen sie oft das Gegenteil an. «Dadurch steigt das Risiko einer frühzeitigen Trennung.»

Einmal mehr zeigt sich damit, dass Digitalisierung nicht ohne tiefgreifende Veränderungen zu haben ist. Einige «Updates» bei Technologie und Personal reichen nicht aus.