Der Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin ist in Sachen Zinswende ein gebranntes Kind. Doch nun ist er überzeugt, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben.
Bevor Karsten Junius (Bild) im vergangenen März zur brasilianisch-schweizerischen Privatbank J. Safra Sarasin stiess, war er jahrelang für den Internationalen Währungsfonds (IMF) tätig.
Und dort hatten Junius und seine Kollegen Anfang 2014 die schlimmen Folgen einer baldigen Zinswende heraufbeschworen – und lagen damit falsch. Die Zinsen, so zeigte sich, fielen weiter.
Dennoch habe er den «Glauben an die Zinswende» nicht verloren, sagte Junius im Rahmen der diesjähgie Investment Conference des Fondsanalysehauses Morningstar in Zürich. Das von der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) am Donnerstag bekanntgegebene Ende der Anleihenkäufe bestärke ihn nur in dieser Sicht.
Keine Besserung in Europa
Der Ökonom sieht die Fed auf dem Weg zur Normalisierung ihrer Geldpolitik, wobei sie in behutsamen, kleinen Schritten vorgeht. «Die Amerikaner wollen eindeutig verhindern, dass die Finanzmärkte überrascht werden», analysiert Junius. Mitte 2015 könnte die Fed dann erstmals auch die Leitzinsen anheben.
Anders die Lage in Europa. Dort sieht Junius die wirtschaftliche Dynamik schwinden. Und eine rasche Besserung sei nicht in Sicht, zumal die verschiedenen Volkswirtschaften punkto Schulden, Produktion, Arbeitslosigkeit und Robustheit des Bankensektors sehr unterschiedlich dastünden.
Gleichzeitig zeige der Trend klar weg von einer Inflation. Junius folgert: «Die Europäische Zentralbank wird die Wirtschaft mit Liquidität überfluten.»
Schweiz ist keine Insel
Die Schweiz schliesslich werde beim Leitzins nichts unternehmen, solange sich die Eurozone nicht bewege. Auch bezüglich Wachstum sei die Schweiz keine Insel, so Junius. Das Land müsse sich auch wegen der Abkühlung der Weltwirtschaft auf weniger Dynamik einstellen.