Die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter ist für Unternehmen betriebswirtschaftlich zentral – kranke Angestellte machen Fehler oder fehlen ganz bei der Arbeit. Trotzdem haben viele Unternehmen noch Mankos im Umgang mit gewissen Leiden.
Die Selbstmordrate bei Ärzten ist in den USA fast doppelt so hoch wie diejenige in der restlichen Bevölkerung. Ein Grund dafür ist, dass ausgerechnet die Mediziner keine Hilfe holen – weil sie Angst vor dem Verlust der Berufslizenz haben.
Dieses Beispiel aus einem Bericht der amerikanische Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) zeigt exemplarisch, welches Stigma psychischen Erkrankungen selbst in Berufsgruppen anhaftet, die überdurchschnittlich gut über das Thema Bescheid wissen dürften. Die Kosten des Nichtwissens sind enorm: Depressionen allein kosten die US-Volkswirtschaft jährlich 210 Milliarden Dollar.
«Gute Besserung» oder «reiss dich zusammen»
Auch wenn sich das Gesundheitssystem in der Schweiz nicht mit demjenigen in den USA vergleichen lässt, besteht das zugrundeliegende Problem weltweit. Während der Chef bei einer Grippe gute Besserung wünscht und Rücksichtnahme bei schwereren Erkrankungen selbstverständlich ist, wissen Firmen oft nicht, wie mit psychischen Erkrankungen umzugehen ist und denjenigen mit psychischen Erkrankungen wird immer noch häufig empfohlen, sich zusammenzureissen.
Dieses Manko verursacht entsprechend hohe Kosten in der Form unproduktiver Mitarbeiter oder solcher, die ganz fehlen. Um diesem Missstand Abhilfe zu schaffen, hat die Nonprofit-Organisation Made of Millions einen Leitfaden publiziert, welcher den HR-Verantwortlichen den richtigen Umgang mit Angestellten erklärt, die psychisch nicht der Norm entsprechen.
Pflästerchen reichen nicht
Verbreitete Massnahmen wie die gesunden Snacks, Pingpong-Tische oder Sitzsäcke, die moderne Büros zieren, verurteilen die Autoren des Leitfadens als blosse Pflästerchen. Diese mögen ein Schritt in die richtige Richtung sein – Burnout, ein schlechtes Arbeitsklima oder übervolle Terminkalender lassen sich damit nicht kompensieren.
Stattdessen sollten Firmen ihren Angestellten aktiv dabei helfen, mit ihren Ressourcen besser umzugehen. Dazu gehören namentlich die Förderung von Sport und Achtsamkeit sowie die Möglichkeit, über Nacht ungestört auszuruhen.
Früh reagieren
Neben diesen Präventivmassnahmen empfiehlt Made of Millions auch, das Führungspersonal auf Verhaltensänderungen zu sensibilisieren, die Anzeichen für ein psychisches Leiden sein können. So ist es gut möglich, dass ein plötzlicher Abfall in der Arbeitsqualität eines Mitarbeiters kein blosses Zeichen mangelnder Motivation ist, sondern ein Symptom.
Darauf in einem – schwierigen – Gespräch einzugehen, ist für vielbeschäftigte Manager eine Herausforderung. Doch dem Verlauf einer Erkrankung passiv zuzuschauen, nur um dann Ersatz suchen zu müssen, ist garantiert aufwändiger.