Europa zittert dem britischen «Brexit»-Referendum entgegen. Ein Austritt hätte fatale Folgen für das Land und Europa lautet der Tenor. Marc «Dr. Doom» Faber spielt auch da den Contrarian.
Am 23. Juni ist es soweit: Dann stimmt das britische Volk über die Frage ab, ob Grossbritannien in der Europäischen Union (EU) verbleibt oder nicht. Die Chancen für einen Austritt sind jüngsten Umfragen zufolge markant gestiegen.
So wollen 55 Prozent der Briten offenbar für einen Austritt stimmen. Lediglich 45 Prozent sind für den Verbleib in der Gemeinschaft. Dies ergab eine Online-Umfrage des Instituts ORB im Auftrag der britischen Tageszeitung «The Independent».
Ein solches Abstimmungsresultat wäre ganz im Sinne des Schweizer Investment-Gurus Marc Faber. «Für Grossbritannien gäbe es nichts besseres als ein Austritt aus der EU», sagt er in einem Interview mit dem amerikanischen TV-Sender «CNBC».
Faber hofft auf Dominoeffekt
Zwar berge ein Austritt auch Risiken, doch das britische Volk sollte diese eingehen und dem bürokratischen «Empire» namens EU den Rücken kehren. Nach einem Austritt würde das Land wieder stärker wachsen, ist Faber überzeugt.
Wagt Grossbritannien den Schritt in die Unabhängigkeit, könnte dies einen «positiven Dominoeffekt» auslösen. Darauf hofft der in Thailand lebende Schweizer. Insbesondere kleinere Staaten wie Kroatien, Malta oder Estland würden als unabhängige Nationen stärker wachsen.
Um seine These zu untermauern, greift er auf erfolgreiche kleinere Staaten ausserhalb der EU zurück, wie Norwegen oder die Schweiz. «Die Schweiz schlägt sich weit besser als jedes andere europäische Land. Das sollte Anreiz genug sein, die schlecht organisierte EU zu verlassen», so Faber.
Mit geballter Kraft gegen den Brexit
Britische und europäische Politiker und Unternehmen, insbesondere die Finanzindustrie, fürchtet hingegen den Brexit wie der Teufel das Weihwasser. Sie werden nicht müde, vor den fatalen Folgen eines Austritts zu warnen. Für EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Beispiel wäre ein Ausscheiden Grossbritanniens eine Katastrophe für England und die EU.
Der britische Premierminister David Cameron wiederum, der im Februar 2013 versprach, über den Verbleib Grossbritanniens in der EU abstimmen zu lassen, bezeichnete die Konsequenzen eines Brexits als «Herausforderung des Jahrhunderts», wie der «Telegraph» kürzlich berichtete.
Die Londoner Finanzhäuser sehen ihren Zugang zum EU-Markt bedroht. Verschiedentlich haben Grossbanken denn auch mit einem Exodus aus der «City» gedroht, sollte das Volk am 23. Juni Ja stimmen.
Auf lange Sicht positiv
Faber zufolge könne der Zugang zum Exportmarkt durch bilaterale Verträge gesichert werden. Und um neue Exportpartner zu finden, sei es ohnehin ratsam nach Asien, insbesondere nach China und Indien, zu blicken. Dies sei, so Faber, eine «positive Entwicklung für Grossbritannien und Europa».
Dennoch rechnet der Börsen-Guru mit einer «Phase der Unsicherheit», die kurzfristig auch zu einer Korrektur an den Börsen führen würde. «Längerfristig überwiegen jedoch die positiven Effekte.»