Allmählich normalisiert sich die Corona-Lage, und Reisen an gewisse ausländische Ziele sind wieder möglich. Wer es vorsichtig angeht, bucht vorerst Ferien im nahen Ausland, zum Beispiel in Norditalien, was auch für Weinfreunde einige Geheimtipps birgt.
Von Artur K. Vogel, freier Mitarbeiter
Italien ist eines der beliebtesten Ziele für Schweizer Urlauber. Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 war das Land besonders stark betroffen. Inzwischen hat sich die Lage beruhigt; eine Region nach der anderen ist aus der Risikoliste des Bundesamtes für Gesundheit BAG gestrichen worden.
Mit einem negativen PCR-Test können Schweizer jetzt wieder nach Italien reisen, und nach der Rückkehr ist keine Quarantäne mehr gefordert.
Dies sei die beste Gelegenheit für einen ersten Urlaub in Norditalien, findet Mike Jakob, Key Account Manager bei Railtour Suisse, einer Tochter von DER-Touristik. Hier sind seine sieben Tipps für aussergewöhnliche Hotels in Norditalien.
1. Agriturismo für Anspruchsvolle
Die Familie Marcarini besitzt in Neviglie, Provinz Cuneo, Region Piemont seit sechs Generationen ein grosses Weingut. Dort betreibt sie auch einen Agriturismo für Anspruchsvolle. «Das Bauernhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist sehr ruhig und völlig abgelegen, für Romantiker perfekt», findet Mike Jakob.
Asti, Alba und die Gegend von Barolo liegen in der Nachbarschaft. In den grossen Gärten des Agriturismo Marcarini gibt es einen beheizten Whirlpool. Selbstverständlich sind Weinproben und Führungen durch den alten Weinkeller möglich. Die Gegend ist nicht nur für ihre Weine, sondern auch für Trüffel berühmt.
2. Weinfreundliches Piemont
Der Ortasee in der Provinz Novara, im weinfreundlichen Piemont ist weniger bekannt als der nahegelegene, viel grössere Lago Maggiore. Doch das Städtchen Orta San Giulio auf einer Halbinsel im kleinen See ist dank seinen engen und teilweise steilen Gassen und den zahllosen kleinen Läden und Lokalen reizend.
Am Rand von Orta San Giulio, direkt am See, verbirgt sich das Viersterne-Hotel San Rocco hinter den Mauern eines Klosters aus dem 16. Jahrhundert. Zimmer und Suiten sind stilvoll eingerichtet; der Blick über den See ist traumhaft. Direkt am See gibt es einen Pool. Der Wellnessbereich befindet sich auf dem Dach. Das Restaurant Teatro Magico ist weit herum bekannt.
3. Palazzo im Park
In Colmegna am Lago Maggiore, Provinz Varese, Region Lombardei, zwei Kilometer von Luino entfernt, hat das ehemalige Camin Hotel vor wenigen Tagen seinen Namen gewechselt; es heisst jetzt Relais Villa Porta. Geblieben ist die Qualität des Hauses, für Mike Jakob «am Ostufer des Lago Maggiore das schönste Hotel – nur kennt es fast niemand.»
Das Hotel in einem ehemaligen Palazzo existiert seit 1820. Es liegt direkt am See, ist eher klein, aber «der Park mit den exotischen Pflanzen ist der Hammer», so Jakob. Auch das Restaurant Tiffany ist erstklassig. Und man kann mit dem Zug anreisen: Der Bahnhof ist 200 Meter entfernt.
4. Nächtigen wie Liz Taylor
Ebenfalls am Lago Maggiore, allerdings an seinem westlichen Ufer in der Provinz Verbano-Cusio-Ossola, Region Piemont, liegt der traditionelle Ferienort Stresa. Neben den alten Hotelpalästen ist das kleinere Hotel Villa e Palazzo Aminta weniger bekannt, aber mit seinen Antiquitäten, Stuckdecken und Kronleuchtern wahrt es die Eleganz der Belle Époque.
Die riesigen, üppig ausgestatteten Suiten in den oberen Stockwerken sind nach einem berühmten Gast der 1960er-Jahre bekannt: Liz Taylor. Beim Aufwachen geniesst man schon vom Bett aus den Blick über den See. Das Restaurant Le Isole ist bekannt für seine Gourmet-Menüs und die Weinkarte mit über 350 Positionen.
5. In Schweizer Besitz
Im eleganten Ferienort Bellagio am Comersee, Provinz Como, Lombardei, befindet sich eine der ältesten und edelsten Top-Adressen: Das Grand Hotel Villa Serbelloni, Mitte des 19. Jahrhunderts als Sommerresidenz für die Adelsfamilie Frizzoni aus Bergamo erbaut und schon 1873 in ein Luxushotel umgewandelt.
Nach dem Ersten Weltkrieg kaufte Arturo Bucher das Hotel, ein Sohn des Obwaldner Hotelpioniers und Bürgenstock-Erbauers Franz Josef Bucher. Seither ist das Grand Hotel Villa Serbelloni im Besitz der Familie Bucher und hat zahllose prominente Gäste beherbergt, von Winston Churchill bis Ronaldo. Das Restaurant Mistral ist mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet und verfügt über eine bemerkenswerte Weinkarte.
6. Preussen am Gardasee
Nicht ein italienischer, sondern ein deutscher Adeliger erbaute das beste Hotel in Sirmione am Gardasee, Provinz Brescia, Lombardei: Die Villa Cortine Palace Hotel entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts im neoklassizistischen Stil als Alterssitz für den preussischen Spitzenbeamten, Abgeordneten und Minister Kurt von Koseritz.
Im Jahr 1953 wurde sie um einen Hotelbau erweitert und zu einer Luxusherberge ausgebaut. Nur schon die Anfahrt ist spektakulär, durch die Fussgängerzone und Altstadt von Sirmione. Die Villa Cortine steht mitten in einem riesigen Park, in dem man sich verlaufen kann, und hat einen eigenen Bootssteg.
7. Bei den Grappa-Königen
Die Familie Berta betreibt in der vierten Generation die berühmte, 1947 gegründete Grappa-Distillerie in der Provinz Asti im Piemont. Inzwischen besitzt die Familie in der schmucken Kleinstadt Mombaruzzo mehrere Ferienresidenzen unter dem Namen Relais Villa Prato.
Das Hauptgebäude ist ein teilweise bis zu 700 Jahre alter Palazzo, den die Familie Berta 2007 erwarb und während vollen neun Jahren in ein kleines Boutiqehotel umbaute, wobei die alte Bausubstanz sorgfältig renoviert wurden. Acht Suiten, zwei Restaurants, Spa, Terrasse und Pool bilden ein harmonisches, elegantes Ensemble.
In Mombaruzzo, dessen Einwohnerzahl von einst 3'500 auf rund 1'200 gesunken ist, haben die Berta inzwischen weitere alte Häuser erworben, zu Dependancen der Villa Prato mit weiteren acht Suiten umgebaut und so vor dem Zerfall gerettet (TC).