Trotz Coronakrise sind die Berufsaussichten in der Schweizer Bankbranche intakt. Allerdings wird es für viele Angestellte bis auf weiteres keinen Bonus und weniger Lohn geben. Um sich weiter zu entwickeln, wollen zahlreiche Berufstätige nach der Homeoffice-Erfahrung in den vergangenen Monaten eine Online-Ausbildung absolvieren. Berufseinsteiger haben neue Chancen.
Noch immer arbeitet mehr als die Hälfte der Schweizer Bankangestellten von zu Hause aus. Viele Beschäftigte wissen auch, dass nach ihrer Rückkehr ins Büro einiges anders sein wird.
Drei Viertel von ihnen sind sich bewusst, dass es zu Rationalisierungen kommt und 80 Prozent werden mit einem tieferen oder mit gar keinem Bonus Vorlieb nehmen müssen. Trotzdem gab es noch nie so viele Bankangestellte, die heute beruflich wieder in die Finanzwelt einsteigen würden.
Das sind Ergebnisse aus der 9. Online-Befragung zu den Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche. Die repräsentative Erhebung bei total 1’180 Personen führten das Branchenportal finews.ch, die Schweizer Kommunikationsagentur Communicators sowie das Swiss Finance Institute (SFI) durch.
Mehr Sozialkompetenz gefragt
Die Anforderungen im Beruf sind für die meisten Banker klar. Mit der fortschreitenden Digitalisierung sind IT-Kompetenz (dies nannten 75,18 Prozent aller Befragten), die Bereitschaft sich kontinuierlich zu verändern (68,04 Prozent) gefragt; sei es im Job-Profil, am Arbeitsplatz oder durch Smart-Work-Konzepte. In der zunehmend komplexeren Berufswelt ist auch Sozialkompetenz stärker gefragt (59,20 Prozent).
Wie aus den Umfrageergebnissen weiter hervorgeht, hat fast jeder fünfte Befragte (23,6 Prozent) 2020 gar keinen Bonus erhalten, und bei ebenso vielen Beschäftigten (21,63 Prozent) war er tiefer als 2019.
Bankwesen wieder attraktiver
Insgesamt erachten nun 5,34 Prozent (im Vorjahr: 6,26 Prozent) der Umfrageteilnehmende die Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche als «sehr gut», während 50,30 Prozent (im Vorjahr: 46,21 Prozent) die Perspektiven als «gut» bezeichnen.
In einer längerfristigen Betrachtung der Umfrageresultate über die vergangenen acht Jahre zeigt sich ein deutlicher Aufwärtstrend (im Jahr 2012: «sehr gut» 2,12 Prozent, «gut» 28,52 Prozent).
Gesucht: Wissen zur Altersvorsorge
Interessant ist auch, dass Finanzleute (30,71 Prozent der Befragten) Studien- und Schulabgängern heute empfehlen, in banknahe Bereiche wie unabhängige Vermögensverwaltung, Fondsvertrieb und Brokerage einzusteigen, während 27,09 Prozent dazu raten, im Bankwesen anzuheuern. Das ist deutlich mehr als im Vorjahr (22,75 Prozent).
Um sich fit für morgen zu machen, wollen sich Bankleute heute in den Themen Informatik/Fintech (72,69 Prozent der Befragten), Compliance Management (48,68 Prozent) sowie Altersvorsorge/Pensionskassen (42,10 Prozent) weiterbilden. Die Relevanz der Vorsorge ist gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Damals bekundeten erst 34,91 Prozent der Befragten Interesse am Thema.
Beste Karrierechancen sehen die Umfrageteilnehmenden in der IT (67,54 Prozent), im Bereich Legal & Compliance (57,37 Prozent), Alternative Anlagen (40,23 Prozent) sowie im Asset Management (39,66 Prozent) und im Private Banking/Wealth Management (39,54 Prozent). Geringere Chancen bieten das Backoffice (4,46 Prozent), das Retailbanking (11,77 Prozent) und das Investmentbanking 11,66 Prozent).
Nach Homeoffice-Erfahrung deutlich mehr Online-Lehrgänge
Mit Blick auf ihre Weiterentwicklung bevorzugen die Befragten den Besuch themenspezifischer Seminare (47,77 Prozent) sowie von Referaten und Konferenzen (44,73).
Dank der jüngsten Erfahrung im Homeoffice wollen drei Viertel der Bankangestellten (74,48 Prozent) künftig Online-Lehrgänge und Distance-Learning-Angebote in Anspruch nehmen. Vor Jahresfrist waren es erst 60,59 Prozent gewesen.
Fokus auf Ausbildungsinhalte
Auffallend ist zudem, dass der Fokus nun stärker auf tatsächlichen Ausbildungsinhalten respektive auf fokussierten Ausbildungsmodulen beruht, als auf formalen Bestätigungen in Form von Diplomen oder Fachzeugnissen.
Das zeigt sich darin, dass die Nachfrage nach CAS/DAS/MAS-Lehrgängen nur noch von 22,13 der Befragten genannt wurde, nachdem es vor Jahresfrist mit 31,72 Prozent noch deutlich mehr gewesen waren. Die gegenläufige Entwicklung zeigt sich entsprechend für prüfungsfreie Angebote, die heute von 21,46 Prozent der Umfrageteilnehmenden genannt werden, vor Jahresfrist waren es erst 15,81 Prozent gewesen.
Weniger Stellen und tiefere Fixlöhne
Mehr als 60 Prozent der Umfrageteilnehmer (62,17 Prozent der Befragten) gehen davon aus, dass es in fünf Jahren weniger oder gar drastisch weniger Stellen (13,20 Prozent der Befragten) in der Finanzbranche geben wird. Mehr als die Hälfte der Befragten geht zudem davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren die Fixlöhne leicht (50,98 Prozent der Befragten) oder gar drastisch (9,71 Prozent) sinken werden.
Und beim Bonus sind es fast 80 Prozent der Bankangestellten, die in den nächsten fünf Jahren mit einem sinkenden (50,20 Prozent der Befragten) oder mit einem drastisch tieferen (29,71 Prozent) Bonus rechnen.
An der Erhebung beteiligten sich 1’180 Personen, davon 82,97 Prozent Männer und 15,25 Prozent Frauen. Davon waren 7,31 Prozent zwischen 20 und 30 Jahre alt, 33,20 Prozent zwischen 30 und 45 Jahre, 50,40 Prozent zwischen 45 und 60 Jahre sowie 9,09 Prozent über 60 Jahre. Mehr als 33,56 Prozent der Befragten verfügen über einen Masterabschluss von einer Universität und 11,78 Prozent über einen Master einer Fachhochschule. Exakt 15,15 Prozent haben eine Eidg. Höhere Fachprüfung. Die Umfrage findet seit 2012 jährlich statt.