Spesenreglemente sind je nach Finanzinstitut kompliziert, ellenlang, restriktiv oder – seltener – grosszügig. Wie Angestellte ihre Spesen handhaben, liefert wiederum viele Hinweise auf ihren Charakter.
Das Ausfüllen eines Spesenzettels ist je nachdem der freudige Abschluss einer erfolgreichen Arbeitsphase oder eine Qual nach endlos anstrengenden Wochen und Monaten.
Allein die emotionale Bandbreite, welche das Thema Spesen öffnet, zeigt, dass Spesenabrechnungen viel über die Arbeitseinstellung eines Mitarbeiters verraten. Das «Wall Street Journal» hat kürzlich, basierend auf Studien und Einschätzungen von Arbeitspsychologen, eine Typologie der «Spesenritter» erstellt.
1. Der Ausweicher
Manche Angestellte empfinden das Ausfüllen einer Spesenabrechnung als zu aufwendig oder zu aufreibend, um sich die Mühe zu machen. Studien zeigen, dass rund 10 Prozent der Arbeitnehmer auf Spesenforderungen verzichten, obwohl sie dazu berechtigt wären. Die einen scheuen den Zeitaufwand, ihre Quittungen zu scannen oder alle Kontakte, Materialien, Taxifahrten oder Restaurantrechnungen aufzulisten. Wiederum andere fürchten kritische Fragen ihrer Vorgesetzten wie: «Warum steht da ein Kaffee für 5 Franken auf der Abrechnung?».
2. Der Märtyrer
Dieser Angestellte ist von der Mission seines Unternehmens dermassen erfüllt, dass er Spesen als Spende betrachtet: Er verzichtet auf die Rückforderung von arbeitsbedingten Ausgaben. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten in der Startup- und Tech-Szene – weniger bei Banken. In solch einem Arbeitsumfeld fällt natürlich jener auf, der mit Firmengeldern um sich wirft, um Erster Klasse zu fliegen oder ausschweifende Arbeitsessen abzuhalten. In der Regel halten es solche Spesenritter unter all den Märtyrern aber nicht lange aus und kündigen.
3. Der Profi
Dieser Angestellte ist mit einem feinen Sinn für Fairness ausgestattet. Meistens ist er in einem familiären Umfeld aufgewachsen, wo Geld ein Mittel der Kontrolle und Machtausübung war. Man könnte diesen Typ von Mitarbeiter auch als Rappenspalter bezeichnen. Doch gleichzeitig hat er ständig das Gefühl, seine Leistungen würden zu wenig honoriert – zumindest im Vergleich zum CEO, der eine achtstellige Summe einstreicht. Die Reaktion: Jeder ausgegebene Franken wird kleinlich abgerechnet. Personalverantwortliche macht solches Verhalten hellhörig: Es wird vielfach als Ausdruck des Missfallens seitens des Arbeitnehmers interpretiert.
4. Der Anfänger
Dieser Angestellte ist meistens noch relativ jung und hat sich mit dem Spesenreglement noch nicht richtig befasst. Weil viele Arbeitgeber ihre Angestellten daran erinnern, mit dem Geld der Firma so umzugehen, als ob es das eigene wäre, führt das zu Unsicherheit. Der Spesen-Anfänger glaubt darum, er müsse ein Hotelzimmer mit einem Kollegen teilen. Oder er sucht sich die billigste Flugverbindung heraus – also jene, bei der er zwei Mal umsteigen und Nächte in Flughafenterminals verbringen muss.
Bei Personalverantwortlichen besonders beliebt sind Angestellte, die beispielsweise aus eigener Tasche ein Upgrade bezahlen, um im Flugzeug vor dem nächsten Meeting wenigstens ein paar Stunden schlafen zu können.
5. Der Gauner
Dieser Angestellte glaubt, ihm stehe alles zu. Er versucht, auch Ausgaben als Spesen zu verbuchen, die ganz klar keine sind. Der Stellenvermittler Robert Half stellte in einer Umfrage bei CFO fest, dass fragwürdige Spesenabrechnungen deutlich zunehmen. Wenn ein Angestellter beispielsweise Ausgaben für einen Hunde-Sitter auf die Spesen nimmt, weiss er, dass er Grenzen im Unternehmen ungeahndet testen kann. Es gibt am Ende aber zwei Typen von Spesen-Gaunern: Der eine weiss um seinen Wert in der Firma und kommt damit durch. Der andere wird gefeuert.