Selbst namhafte Unternehmen würden es oftmals versäumen, ihre Personalbedürfnisse zu planen und einzuleiten, sagt der frühere Banker und Unternehmensberater Robert Hemmi im Interview.


Herr Hemmi, im Executive Search macht ein neuer Begriff die Runde: «Succession Planning». Was muss man sich darunter vorstellen?

Selbst namhafte Firmen versäumen es oft, ihre Personalbedürfnisse zu planen und vor allem auch einzuleiten. Stattdessen dominiert Kurzfristigkeit und ein reaktives Verhalten, selbst bei sehr wichtigen Neubesetzungen. Das ist riskant und ein bisschen wie Autofahren mit dem Blick nur in den Rückspiegel.

Vor diesem Hintergrund werden Personalmandate zunehmend auch langfristig vergeben. Das ist das Ziel von Succession Planning.

Ist das nicht bloss ein Modebegriff, um neue Mandate zu gewinnen?

Auf keinen Fall. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein CEO verbringt im Durchschnitt acht Jahre in seiner Funktion. Trotzdem wird die Kandidatensuche häufig erst nach seiner Rücktrittsankündigung ernsthaft und entsprechend kurzfristig verfolgt.

Was hat das für Konsequenzen?

Oftmals kommen dann nur externe Kandidaten in Frage, weil intern kein Nachfolger aufgebaut wurde. Ein von aussen kommender Kandidat hat aber kein internes Netzwerk und wird möglicherweise auch mit allzu hohen Erwartungen konfrontiert, was für ihn wie auch für das Unternehmen von Beginn weg einen extremen Druck darstellt.

«Um einen guten Nachfolger aufzubauen, braucht es ein bis drei Jahre»

Insofern ist eine langfristige Planung durchaus sinnvoll, auch in Bezug auf Pensionierungen auf der obersten Führungsebene. Um einen guten Nachfolger aufzubauen braucht es ein bis drei Jahre.

Wie unterscheidet sich denn Succession Planning von einem gewöhnlichen Executive-Search-Suchprozess?

Ein klassisches Executive-Search-Mandat ist ein reaktives, auf kurzfristige Personalwechsel ausgelegtes Vorgehen, das zumeist auf externe, sofort verfügbare Kandidaten ausgerichtet ist. Das Suchprofil orientiert sich in der Regel am derzeitigen Stelleninhaber.

Wie muss man sich demgegenüber Succession Planning vorstellen?

Ein solches Mandat besteht aus einer Analyse und einem Suchprozess: In einem ersten Schritt wird das Positionsumfeld analysiert und ein strategisches Suchprofil entwickelt.

«Eine interne Umsetzung ist wegen des politischen Umfelds oftmals schwierig»

In einem zweiten Schritt werden dann potenzielle, interne und externe Kandidaten eruiert und durch gezielte Massnahmen auf die Übernahme der Position vorbereitet. Häufig wird ein Succession-Planning-Prozess auch als fortlaufender Prozess auf ganze Bereiche oder Funktionsebenen und nicht nur auf einzelne Positionen angewendet.

Wer sollte sich für Succession Planning interessieren?

Angesprochen sind Verwaltungsräte, namentlich die Vertreter der jeweiligen Nominationsausschüsse, sowie Geschäftsleitungsmitglieder und Personalverantwortliche – die klassischen Entscheidungsträger bei wichtigen Personalfragen.

Succession Planung bieten vor allem externe Berater an. Warum kann das ein Unternehmen nicht gleich selber machen?

Ausgeschlossen ist das nicht. Aber eine interne Umsetzung ist wegen des politischen Umfelds oftmals schwierig. Externe Fachleute stellen Systematik, Vertraulichkeit und Neutralität sicher, was der Qualität der Kandidaten ohne Zweifel förderlich ist.

Externe Berater hinterfragen vorgefasste Meinungen, ausserdem können sie externe Kandidaten vertraulich kontaktieren. Insofern ist es einmalig, wenn sowohl interne als auch externe Bewerber in einen solchen Prozess einbezogen werden können.


Robert Hemmi ist Managing Partner von TCP The Consulting Partnership, einem Beratungsunternehmen mit Fokus auf Human-Capital-Mandate, das er 2001 in Zürich gründete.

Vor seiner Tätigkeit als Unternehmensberater war er bei der Credit Suisse in diversen leitenden Funktionen tätig, unter anderem als Chief Operating Officer und als Chief-of-Staff in Singapur, mit regionaler Verantwortung für Human Resources, IT, Finanzen, Compliance, Operations und Infrastruktur.