Arbeitnehmende in der Schweiz stehen neuen Technologien relativ offen gegenüber. Doch je höher der Digitalisierungsgrad eines Unternehmens ist, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit, wie eine ETH-Umfrage zeigt.
Der diesjährige Schweizer HR-Barometer verknüpft zwei wesentliche Entwicklungen: Digitalisierung und Alterung unserer Gesellschaft. Etwa 40 Prozent der Befragten können sich vorstellen, über ihr Rentenalter hinaus zu arbeiten. Wenn die eigene Arbeit zu stark digitalisiert sei, gehe das mit tieferer Arbeitszufriedenheit einher, heisst es weiter.
Aus Sicht der Befragten sind die Unternehmen in der Schweiz relativ offen gegenüber neuen Technologien. So geben über 74 Prozent der Beschäftigten an, dass ihr Arbeitgeber oder ihre Arbeitgeberin gewillt ist, digitale Lösungen zu nutzen. Bei den Beschäftigten zeigt sich aber: Je höher der Digitalisierungsgrad des Unternehmens, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit.
Elektronische Überwachung
In einer digitalisierten Arbeitswelt spielt die Eigenverantwortung der Beschäftigten eine zunehmend wichtige Rolle. Einerseits geben 66 Prozent der Befragten an, dass sie durch ihre Vorgesetzten «voll und ganz» oder doch zumindest «eher» ermächtigt werden, Entscheidungen selbstständig zu treffen.
Andererseits berichten die Befragten auch von elektronischer Überwachung durch Arbeitgebende: Bei 46 Prozent blockiert der Arbeitgeber beispielsweise den Zugriff auf bestimmte Internetseiten, 22 Prozent werden beim Besuchen von Internetseiten überwacht. 20 Prozent der Befragten berichten, dass sie sich entsprechend durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühlen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Beschäftigte mit ihrem Unternehmen weniger stark verbunden fühlen, wenn elektronische Überwachung zu oft eingesetzt wird.
Erheblicher Handlungsbedarf
Vorurteile gegenüber älteren Beschäftigten in den Unternehmen in der Schweiz scheinen weit verbreitet. Nur etwas mehr als zehn Prozent der Beschäftigten beobachtet keine negativen Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz.
«Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf für Arbeitgebende, aber auch für Führungspersonen sowie Arbeitskolleginnen und -kollegen», sagt Studienleiterin Gudela Grote. Herrschen negative Altersstereotypen vor, verringert dies die digitale Selbstwirksamkeit der Betroffenen. Das heisst: Ältere Beschäftigte schätzen die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien tendenziell geringer ein.
Mehr Austausch nötig
Vorurteile gegenüber älteren Beschäftigten wirken sich zudem negativ auf die Bereitschaft aus, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Die Daten des Schweizer HR-Barometers zeigen, dass sich mehr als 40 Prozent der Befragten vorstellen können, länger zu arbeiten. Diese Bereitschaft kann beispielsweise durch «Reverse Mentoring» – dem Austausch von älteren mit jüngeren Beschäftigten – aktiv gefördert werden.
Der Schweizer HR-Barometer erfasst, wie Angestellte in der Schweiz ihre Arbeitssituation erleben. Die Studie wird von Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich, und von Bruno Staffelbach, Leiter des Center für Human Resource Management an der Universität Luzern, in Kooperation mit der Universität Zürich regelmässig herausgegeben. Die elfte Erhebung des Schweizer HR-Barometers basiert auf einer repräsentativen Befragung von knapp 2'000 Beschäftigten in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz.