Warum schwankt der Goldpreis? Was steckt hinter der hohen Volatilität dieses Edelmetalls in den vergangenen Monaten? In Zeiten des Wachstums und einer robusten Konjunktur entscheiden sich Anleger in der Regel für risikoreichere Anlagen mit höherem Renditepotenzial.
Von Scott Bauer, CEO Prosper Trading Academy
Werden die Märkte von Volatilität und wirtschaftlichem Abschwung beherrscht, legen Investoren vermehrt Wert auf beständigere Erträge und die Risikominimierung ihrer Portfolios – eine Investition in Gold wird als «sicherer Hafen» angesehen.
Der Goldkurs – im bisherigen Jahresverlauf um fast 18 Prozent gestiegen und damit auf dem höchsten Stand seit sechs Jahren – profitierte von der Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China sowie von den Befürchtungen einer globalen Konjunkturabschwächung, die in den USA zu einer Rezession führen könnte.
Mehr Liquidität im Markt
Die jüngsten Kursverluste bei Vermögenswerten aus Schwellenländern und die Unruhen in Hongkong verschafften dem Edelmetall ebenfalls starken Rückenwind. Und zu guter Letzt hat sich die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) wohl auf einen Zinssenkungszyklus eingestellt.
Da die Fed typischerweise nicht kurzfristig vom eingeschlagenen Weg abkehrt, stehen wir möglicherweise gerade am Beginn eines langen Pfades währungspolitischer Lockerungsmassnahmen, im Zuge derer das Finanzsystem mit Geld geflutet wird, um eine Rezession zu verhindern. Im wesentlichen gilt: Je mehr Geld die Fed druckt respektive «schafft», desto höher steigt der Goldkurs auf lange Sicht.
Niedrigere Anleiherenditen, schwächerer Dollar
Jüngst konnten wir beobachten, wie die Renditen auf 10-jährige US-Treasuries unter 1,5 Prozent abrutschten. Zudem kam es zu einem Abverkauf am Aktienmarkt und der Dollar näherte sich gegenüber dem Yen seinem Tiefpunkt von 2019. Sinkende Anleiherenditen und ein schwächerer Dollar wirken sich üblicherweise positiv auf den Goldkurs auf. Der Preis des Edelmetalls profitiert in der Regel von Niedrigzinsphasen, da eine Anlage in Gold den Investoren eine bessere Alternative zu Anleihen und Sparkonten mit wenig bis gar keinem Ertrag bietet.
Und wenn die Fed ihre Geldpolitik weiter lockert, wird der Dollarkurs seinen Abwärtstrend wahrscheinlich fortsetzen. Verglichen mit anderen Zentralbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of Japan (BoJ), die den Leitzins bereits auf null oder sogar darunter gesenkt haben, hat die Fed weit mehr geldpolitischen Spielraum, mit dem sie einen niedrigeren Dollarkurs erreichen könnte.
Gold spiegelt die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider
Viele Anleger glauben, dass Änderungen des Goldpreises Einfluss auf die Wirtschaft haben können – tatsächlich aber spiegeln die Goldpreise typischerweise die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider, anstatt sie zu schaffen. Werfen wir einen Blick darauf, wie Gold für gewöhnlich auf konjunkturelle Veränderungen reagiert.
Ein schwacher Dollar macht Gold zu einer attraktiveren Anlage in anderen Währungen. Ein starker Dollar führt – auch wenn die Goldpreise in Dollar unverändert bleiben – in anderen, dem Dollar gegenüber abgewerteten Währungen zu steigenden Goldpreisen.
Ist die Wirtschaft stark, so entwickeln sich andere Vermögenswerte in der Regel besser als Gold. Dann nämlich steigen die Aktienkurse, was beim Halten von Gold und anderen Rohstoffen zu Opportunitätskosten führt und diese Anlagen, die keine Erträge erzielen, weniger attraktiv macht. Verschlechtert sich die konjunkturelle Lage allerdings, lässt die Nachfrage nach Aktien und anderen Vermögenswerten nach und das Geld fließt in stabilere Anlagen wie Bargeld und Gold.
Spannungen im Nahen Osten – Brexit, Hongkong
Die geopolitische Instabilität hat zum Anstieg des Goldkurses beigetragen – und das scheint bis auf weiteres auch so zu bleiben. Die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten, der Brexit und die bereits erwähnten Unruhen in Hongkong sind allesamt Gründe dafür, dass Anleger in sichere Häfen wie den Goldmarkt drängen.
Ein Anleger, der sein Portfolio gegen Inflation, niedrigere Renditen oder andere der oben genannten Faktoren absichern möchte, kann auf eine Reihe von Gold-Futures-Produkten zurückgreifen – Kontrakte auf 100 Feinunzen («Full» – GC), 50 Feinunzen («E-mini» – QO) oder 10 Feinunzen («E-micro» – MGC). Da die Goldpreise schnell auf politische und wirtschaftliche Ereignisse reagieren, stehen Marktteilnehmern damit wertvolle Instrumente für das Risikomanagement zur Verfügung.
Ein guter Indikator
So haben etwa COMEX Gold-Optionen gegen Ende August mehrere Tage hintereinander Rekordwerte beim Open Interest erreicht. Open Interest – die Summe ausstehender offener Kontrakte – ist ein guter Indikator dafür, wie sehr Händler und Investoren die Goldpreise beobachten.
Solange die Währungspolitik der Fed, der Handelskonflikt und der Dollar in ihren aktuellen Zyklen bleiben, dürfte sich dieser Trend durchaus fortsetzen.
Scott Bauer schloss sein Studium an der University of Illinois Business School, Urbana Champaign, 1988 mit Auszeichnung ab und erwarb einen B.Sc. in Finanzen. 1991 begann er mit dem Parketthandel und gründete 1995 das Unternehmen BOTTA Capital Management. Er handelte Aktienoptionen, S&P-Optionen an der CME und war bei Goldman, Sachs & Co. als Vice President der Equities Division tätig. Derzeit ist Scott Bauer CEO der Prosper Trading Academy und tritt regelmäßig bei CNBC, Bloomberg Financial und Fox Business als Gastkommentator auf.
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