Aaron Grehan erklärt, warum Wahrnehmung und Realität oft weit auseinander liegen, wenn es um Schuldtitel aus Schwellenmärkten geht.

Von Aaron Grehan, Deputy-Head of Emerging Market Debt and Portfolio Manager, EM Hard Currency

Wie wir Dinge einordnen, beeinflusst deutlich, wie wir Informationen verarbeiten und dementsprechend handeln. Dies geht so weit, dass es trotz schlagkräftiger Beweise des Gegenteils extrem schwer sein kann, sich von einer nicht auf Fakten beruhenden vorgefassten Meinung zu trennen.

Wenn ein Etikett erst einmal anhaftet, scheint es schwer, es wieder abzulösen.

Ein typisches Beispiel

Schwellenmärkte sind hierfür ein typisches Beispiel. Im schlimmsten Fall beschwört das Etikett ein irreführendes Bild herauf. Im besten Fall gelingt es ihm nicht, die Nuancen vollständig zu erfassen, die jedem beteiligten Land und Emittenten zugrunde liegen.

Die Eigenarten unserer Verhaltensweisen haben konspirativ dazu geführt, dass viele Anleger Schwellenmärkte strukturell untergewichten, insbesondere bei der Anlage in Anleihen.

Jung und fruchtbar

Viele der Fakten, die folgen, sind bestens bekannt, müssen aber wiederholt werden, wenn unsere Denkfehler ausgemerzt werden sollen.

Schwellenmärkte machen heutzutage gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) etwa 60 Prozent der Weltwirtschaft aus. Während die Bevölkerung in den Industrieländern stagniert und schrumpft, ist sie in den Schwellenländern jung und fruchtbar; etwa 85 Prozent der Weltbevölkerung, also fast 6,5 Milliarden Menschen, leben in Schwellenländern.

Zeit zur Kenntnisnahme

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Das Wachstum innerhalb des Schwellenmarkt-Schuldtiteluniversums beschleunigte sich noch stärker am 31. Januar, als der Golf-Kooperationsrat (GCC) offiziell in die Schwellenmarkt-Anleihenindizes von J.P. Morgan aufgenommen wurde.

Überraschende Verschiebung

Die Aufnahme von Staatsanleihen und quasistaatlichen Anleihen aus Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain vergrössert deutlich den Anteil von Vermögenswerten mit hohem Rating im Staatsanleihenuniversum. Sobald die GCC-Aufnahmephase im September 2019 abgeschlossen ist, werden etwa zwei Drittel der Schwellenländer mit Investment Grade bewertet sein.

Die Verschiebung hin zu Investment Grade mag für manche Anleger überraschend kommen, da allgemein die Wahrnehmung vorherrscht, dass Schwellenmarkt-Schuldtitel eine Anlageklasse mit höherem Beta sind, und es zeigt, in welchem Masse die Wahrnehmung von Anlegern hinter der Realität zurückgeblieben ist.

Starke technische Indikatoren und Makro-Rückenwind

Die technischen Faktoren sind ebenfalls positiv. Bislang gab es in diesem Jahr starke Zuflüsse mit einer Tendenz hin zu Vermögenswerten in harter Währung. Daten von J.P. Morgan zeigten, dass im ersten Quartal fast 23 Milliarden Dollar in Schwellenmarkt-Anleihenfonds flossen, davon 10,2 Milliarden Dollar allein im Januar, was etwa zwei Dritteln des Betrags im gesamten Jahr 2018 entspricht.

Ölexporteure profitieren von einem Anstieg des Rohölpreises und, im Falle der GCC-Länder, von Diversifizierungsbemühungen weg von einer übermässigen Abhängigkeit von der Petrochemie hin zu einer offeneren und stärker diversifizierten Wirtschaft. Auch die geänderte Zentralbankrhethorik war ein Segen.

Sorgfalt walten lassen

Auch wenn die Fundamentaldaten stabil sind, bleiben die Herausforderungen bestehen. Vorsicht ist bei ölimportierenden Märkten wie der Türkei, Indonesien und Indien geboten, die zudem stark von externen Finanzmitteln abhängig sind, um ihr Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren, da der handelsgewichtete Dollar fast so teuer wie seit 20 Jahren nicht mehr ist.

Angesichts des positiven makroökonomischen Hintergrunds, starken technischen Rückenwinds und der zunehmenden Verschiebung hin zu Investment Grade täten Anleger gut daran, sich von ihren langjährigen tief verwurzelten Annahmen zu befreien.

Diejenigen, denen es gelingt, umzudenken, wird vermutlich ein Licht aufgehen, und sie werden überrascht von der wahren Natur dieser missverstandenen Anlageklasse sein.


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