Die Produktion potenziell gefährlicher Stoffe bei Chemieunternehmen rückt immer stärker in den Fokus. Fachleute aus unseren Credit-, Equity- und ESG-Teams beleuchten die Relevanz dieses Themas für Anleger.
Gerichtsprozesse gegen Chemiekonzerne wie DuPont oder Bayer-Monsanto haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass Anleger und Konsumenten inzwischen auch bei dem Thema gefährliche Chemikalien hellhörig geworden sind. Doch viele Akteure halten sich weiterhin bedeckt.
Jedem Skandal um bestimmte PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) oder das Pflanzenschutzmittel Glyphosat stehen tausende andere potenziell gefährliche Verbindungen gegenüber, denen wir im täglichen Leben nach wie vor ausgesetzt sind.
Ranking von Chemiekonzernen
Dies macht es umso schwieriger für Anleger, sich ein klares Bild davon zu verschaffen, welche Umweltgefahren von einem Chemieunternehmen ausgehen, oder mit welchen rechtlichen Risiken oder Reputationsrisiken ein solches Unternehmen konfrontiert ist.
Im Jahr 2020 hat die gemeinnützige Organisation ChemSec, die für eine strengere Regulierung von potenziell gefährlichen chemischen Stoffen kämpft, zunächst 35 Unternehmen nach ihrer Nachhaltigkeit in Bezug auf Produktion und Umgang mit gefährlichen Chemikalien eingestuft und ein entsprechendes Ranking erstellt.
Zeitenwende in der chemischen Industrie?
Damit bekamen die Anleger erstmals ein Instrument in die Hand, das wissenschaftlich fundiert Aufschluss darüber gibt, wie es in Bezug auf dieses Thema bei Unternehmen aussieht, für die sie sich interessieren, oder die sie bereits in ihrem Portfolio haben. Wurde so womöglich eine Zeitenwende in der chemischen Industrie eingeläutet?
Dieser Frage gehen Eugenie Mathieu (EM), Senior Analystin zu ESG-Themen, Alessandro Rovelli (AR), Senior Credit Research Analyst, Kevin Gaydos (KG), Co-Head of Credit Research, und Frédéric Guignard (FG), Fondsmanager für europäische Aktienportfolios bei Aviva Investors, im Gespräch nach.
Warum ist es so wichtig, genaue Daten zu gefährlichen Chemikalien zu haben?
FG: Solche Daten liefern als Ergänzung zu anderen Kriterien wie MSCI ESG-Ratings ein wichtiges Puzzleteil für unsere Arbeit. Betrachten wir zum Beispiel Umicore, in das wir investiert sind. Dieses Unternehmen ist in drei Geschäftsfeldern tätig: Catalysis, Energy & Surface Technologies und Recycling. Das MSCI ESG-Rating von AAA trägt den Geschäftsaktivitäten von Umicore im Bereich saubere Mobilität Rechnung.
Ganz anders sieht es beim von ChemSec vergebenen ChemScore für das Unternehmen aus. Hier schneidet Umicore wegen fehlender Transparenz im Recyclinggeschäft und der Raffinierung von Nickel und Kobalt zur Herstellung von Batterien schlecht ab. Der Business Case erscheint dank der Einbeziehung des ChemScores in einem anderem Licht. Und genau das macht diese Daten so wertvoll.
EM: MSCI versucht, mit seinem Rating alle ESG-Aspekte einzufangen, während sich ChemSec darauf beschränkt, den Umgang eines Unternehmens mit gefährlichen Substanzen zu evaluieren. Ohne Zweifel liefert das MSCI Rating erste Anhaltspunkte, mehr aber auch nicht. Es gilt daher, dieses Rating mit umfassenden Analyseergebnissen von Experten zu unterfüttern.
Anleger mit einem Ass im Ärmel
KG: Diskussionen um giftige Chemikalien sind nichts Neues. Wegen der rechtlichen und anderer Risiken, die sich daraus ergeben können, haben wir diese schon immer aufmerksam verfolgt. Allerdings gab es in der Vergangenheit kaum Informationen darüber, was diese Unternehmen tatsächlich produzieren. Mit diesen Daten haben Anleger ein echtes Ass im Ärmel, mit dem Unternehmen zu einem Umdenken gezwungen werden können.
FG: Unternehmen neigen dazu, nur dann Informationen offenzulegen, wenn sie von Regulierungsbehörden, Anlegern und Verbrauchern dazu gedrängt werden. So hat die lautstarke Forderung von Verbraucherseite, bei der Herstellung von Aromen und Duftstoffen auf natürliche Inhaltsstoffe umzuschwenken, bewirkt, dass dieses Problem von den Unternehmen ernstgenommen und sogar in der Werbung thematisiert wird.
Unterschiedliche Schätzungen
EM: Beim Thema Chemikalien betreiben viele Unternehmen Geheimniskrämerei. In Amerika muss sich zum Beispiel DuPont wegen jahrzehntelanger Verseuchung des Grundwassers vor Gericht verantworten. Das Unternehmen stellt Feuerlöschschaummittel her, bei deren Einsatz PFAS ins Grundwasser gelangen, die für Krebserkrankungen verantwortlich gemacht werden und in den Hormonhaushalt eingreifen sollen.
Während DuPont mit Schadenersatzforderungen von 140 Millionen Dollar kalkuliert, drohen dem Unternehmen Schätzungen der UBS zufolge bis zu 4 Milliarden Dollar an Schadenersatz. Welche Schätzung nun realistischer ist, bleibt abzuwarten, da niemand genau weiss, wie viel PFAS DuPont tatsächlich produziert und wo. Den Regulierungsbehörden liegen die Daten vor, öffentlich zugänglich sind diese jedoch nicht.
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