Mit Grossbritannien setzt seit kurzem ein weiteres Land im Bemühen um CO2-Neutralität auf Wasserstoff. Nicht zum ersten Mal gilt Wasserstoff in der Wissenschaft als Energieträger der Zukunft.
Rund 13 Kilometer vor der Küste im niederländischen Scheveningen befindet sich eine grosse Öl- und Gasplattform mit der Bezeichnung Q13a1. Dort sollen im Rahmen eines Pilotprojekts erste Erfahrungen mit der Wasserstoffproduktion unter Hochseebedingungen gesammelt werden.
Die Grundidee dabei ist, Wasser mit Hilfe von Wind- und Sonnenenergie in seine Bestandteile – Wasser und Sauerstoff – aufzuspalten. Der zentrale Rohstoff ist entmineralisiertes Meerwasser, die Energiequelle ist erneuerbar und bei der Nutzung des Outputs als Brennstoff wird kein CO2 freigesetzt.
Wertvolle Erkenntnisse
«Ziel ist es, wertvolle Erkenntnisse für eine erfolgreiche Einbindung von Offshore-Energiesystemen zu gewinnen, um die Energiewende zu beschleunigen», erklärt Lex de Groot, Geschäftsführer von Neptune Energy, einem kleinen Explorationsunternehmen an der Nordsee.2
Projekt Q13a steht noch ganz am Anfang, aber das Konzept weist starke Parallelen zu einem Projekt auf, das vor fast hundert Jahren gestartet wurde. Im Jahr 1923 veröffentlichte der Biochemiker J.B.S. Haldane in Cambridge3 eine wissenschaftliche Arbeit.
Weltpremiere auf der Nordsee-Plattform
Darin heisst es: «Es wird grosse Kraftwerke geben, in denen bei windigen Wetterlagen der Energieüberschuss für die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff durch Elektrolyse genutzt wird.» Die «Weltpremiere» auf der Nordsee-Plattform erinnert stark an Haldanes Vision.
Auf dem Weg zur Evolution
Seither ist in mehreren Wellen immer wieder das Interesse daran aufgeflammt, Wasserstoff wegen seiner besonderen Eigenschaften stärker zu nutzen.
«Wasserstoff besitzt eine hervorragende gravimetrische, sprich: massebezogene Energiedichte», so Tony Roskilly, Professor für Energiesysteme an der Universität Durham und führender Kopf bei Network-H2, einem Forschungsnetzwerk zum Thema Mobilität mit Wasserstoff. «Die spezifische Energiedichte bei Wasserstoff ist etwa dreimal so hoch wie bei Benzin oder Diesel. Bei der Umwandlung in einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung wird kein Kohlendioxid (CO2) freigesetzt.
Ungelöste Probleme
Wasserstoff ist ausserdem das häufigste Element auf der Erde und trotz seiner geringen volumetrischen Energiedichte ein guter Energiespeicher. Es gibt jedoch noch ungelöste Probleme bei der Herstellung von Wasserstoff, weil er an andere Elemente gebunden ist, sowie beim Thema Speicherung.
In der Vergangenheit konnte Wasserstoff die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. In einer Welt, in der immer mehr Regierungen CO2-Neutralität anstreben, sehen die Dinge jedoch anders aus.
Schwer zu ersetzen
Im Jahr 2008 hat sich Grossbritannien dazu verpflichtet, seine CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu reduzieren. Unternehmen in all den sogenannten «Hard-to-abate»-Sektoren, in denen fossile Brennstoffe schwer zu ersetzen sind, nahmen daraufhin an, sie würden in die Kategorie «Sonstige» fallen.
Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Jeder weiss, dass man sich nicht mehr verstecken kann», sagt Nigel Brandon, Professor am Imperial College in London und der führende Elektrochemieingenieur bei H2FC SUPERGEN, dem britischen Forschungszentrum für Wasserstoff und Brennstoffzellen. «Damit kommt ein Energieträger wie Wasserstoff ins Spiel, weil sich damit CO2-Emissionen in Bereichen wie der Schwerindustrie, wo sie prozessbedingt nur schwer vermeidbar sind, am kostengünstigsten reduzieren lassen», so Brandon.
Wasserstoff als zentraler Baustein in vernetzter Energieversorgung
(Quelle: «Hydrogen solutions», Siemens Energy, 2020)
In der Brennstoffzellenforschung hat es bereits ermutigende Fortschritte bei der Steigerung von Wirkungsgrad und Lebensdauer gegeben. Andere Entwicklungen wie die gesunkenen Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien haben ebenfalls Einfluss auf die Perspektiven für Wasserstoff.
«Die Nutzung grüner Energieträger ist ein wunderbarer Erfolg», erklärt Upul Wijayantha, Professor für physikalische Chemie an der Loughborough University, der in seiner wissenschaftlichen Laufbahn in Grossbritannien und den USA auch zur Spaltung von Wasserstoff mithilfe von Solarenergie geforscht hat. Doch diese Quellen garantieren keine unterbrechungsfreie Energieversorgung.
Was sollen wir tun?
«Wir können nicht absehen, wie viel Energie erzeugt wird, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Damit können wir auch nicht abschätzen, welche Batteriekapazitäten wir brauchen, um die erzeugte Energie zu speichern. Was sollen wir tun, wenn mehr Energie erzeugt wird als gespeichert werden kann? Den Überschuss für die Produktion von Wasserstoff nutzen», so Wijayantha.
Doch die Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen ist nur dann eine Lösung, wenn es gelingt, Wasserstoff so zu speichern und zu transportieren, dass er auch für den Endverbraucher nutzbar ist.
Literaturangaben
1 World first: An offshore pilot plant for green hydrogen, TNO, 2020.
2 The world’s first offshore green hydrogen plan, Neptune Energy, 2020.
3 J. B. S. Haldane, Daedalus of science and the future, Cambridge University, 4 February 1923
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