Die beiden US-Technologiekonzerne Apple und Alphabet, letzterer besser bekannt als Google, liefern sich einen erbitterten Wettbewerb. Augenblicklich ist Alphabet vorn. Doch das könnte sich wieder ändern.

Von Laurent Bakhtiari, Marktanalyst bei der IG Bank

Der Technologie-Konzern Google (oder genauer gesagt Alphabet) veröffentlichte seine Ergebnisse am 1. Februar 2016, und sie waren besser als erwartet. Dies führte zu einem Kursanstieg der Aktie um 5 Prozent.

Die Analysten schätzten die Einnahmen pro Aktie für das vierte Quartal 2015 auf 16,9 Milliarden Dollar und den Gewinn pro Aktie auf 8,078 Dollar. Diese Erwartungen wurden mit 17,3 Milliarden Dollar (2,4 Prozent höher) und 8,67 Dollar (7,33 Prozent höher) übertroffen. Insgesamt entspricht der Umsatzanstieg einem Plust von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Erstmals präsentierte Google seine Zahlen unter dem neuen Namen (Alphabet), und wir können dabei von einem grossen Erfolg sprechen.

Vertrauliche Tätigkeiten

Die Namensänderung ist darauf zurückzuführen, dass der Wunsch danach bestand, die Unternehmensstruktur besser zu definieren und die Haupttätigkeits-Felder von den Investitionen zu trennen. In der ersten Kategorie befinden sich unter anderem Google, Android, YouTube, Chrome, Maps, Gmail, Play...

Die zweite Kategorie ist vertraulicher, aber dank der neuen Struktur wurden diese Projekte mehr in den Fokus gerückt: X (Forschung und künstliche Intelligenz), Life Sciences (Biotechnologie), Nest (verknüpfte Objekte), Ventures (Venture Capital) und Fiber (Internetzugang).

Allen Grund zur Freude

Intern wird diese Kategorie «andere Wetten» genannt. Dank dieser neuen Struktur konnte der Markt zwischen den «traditionellen» Aktivitäten mit einem Gewinn von 23,43 Milliarden Dollar, und den «Wett-Aktivitäten» mit einem Verlust von 3,57 Milliarden Dollar unterscheiden. Der Weg für neue Projekte ist noch lang, und einige dieser Projekte dürften noch vor dem Start aufgegeben werden.

Die im kalifornischen Mountain View ansässige Firma hat allen Grund zur Freude. Sie hat Apple kürzlich den Rang der höchsten Marktkapitalisierung weltweit abgelaufen, was vor sechs Monaten noch unvorstellbar schien. Der Grund dafür lässt sich einfach erklären; die Apple-Aktie hat einen Kurssturz erlitten.

Vorsichtige Anleger

Der High-Tech-Riese konzentriert sich stark auf sein Star-Produkt, das iPhone (fast 66 Prozent des Umsatzes 2015 gegenüber 50 Prozent im Jahr 2012) und schafft es nicht, seine Aktivitäten zu diversifizieren. Wenn dann der iPhone-Umsatz niedriger ist, wie dies im letzten Quartal der Fall war, reagieren die Anleger mit Vorsicht und die Aktie fällt. So verlor der Apple-Titel mehr als 5 Prozent seit der Ergebnisverkündung. Zur gleichen Zeit hat Google einen Rekord nach dem andern gebrochen – bis hin, dass er seinen ärgsten amerikanischen Kontrahenten überholt hat.

Daher kann man sich durchaus die Frage stellen, ob Google es schaffen wird, Apple auch langfristig zu übertreffen. Im Grunde geht es um die Frage, wie die Entwicklung des Aktienkurses der beiden amerikanischen Riesen in den kommenden Jahren verlaufen wird.

Vollständig reorganisiert

In diesem Punkt sieht es so aus, als ob Apple den ersten Platz in den kommenden Monaten wieder für sich erringen könnte. Ein neues iPhone würde ausreichen, um der Aktie zu einem neuerlichen Kursgewinn zu verhelfen. Aber hierin liegt auch das Problem. Denn nur das iPhone kann Apple derartige Ergebnisse bescheren. Für den Augenblick scheint kein anderes Produkt aus der Angebotspalette das Ergebnis so drastisch beflügeln zu können. Darüber hinaus sollte es einem bewusst bleiben, dass die Geräte eines Tages an Attraktivität verlieren könnten.

Auf der anderen Seite hat Alphabet sein Unternehmen vollständig reorganisiert, um es gegenüber seinen Anlegern transparenter zu machen. Darüber hinaus hat Google mehr Autonomie unter der Führung des neuen CEO, Sundar Pichai, gewonnen. Dieser verspricht ein Wachstum der Werbeeinnahmen.

Alphabet in besserer Ausgangslage

Ausserdem hat Alphabet auf die Position des Finanzchefs eine ehemalige Morgan-Stanley-Mitarbeiterin, Ruth Porat, gesetzt. Diese hat bereits die Kostenkontrolle eingeführt, etwas, was es zuvor in dem Unternehmen nicht zu geben schien. Das ist eine gute Voraussetzung, um mit neuen Investitionen und einer soliden Grundlage, Alphabet eine positive Zukunft zu verschaffen.

Auch wenn Schwankungen entstehen können, scheint uns Alphabet derzeit in der besseren Ausgangslage zu sein, um langfristig das grösste Unternehmen hinsichtlich der Marktkapitalisierung zu bleiben – zum Nachteil von Apple.