Nachdem die Inflation jahrelang auf tiefstem Niveau verharrte, ist nun ein Aufwärtstrend auszumachen. Investoren können ihre Portfolios darauf ausrichten, sagt Jonathan Baltora von Axa Investment Managers.

Von Jonathan Baltora, Head Inflation Expertise, Axa Investment Managers

Die Zentralbanken verzweifelten fast: Trotz der extrem lockeren Geldpolitik, positivem Wirtschaftswachstum und der Abwendung der Eurokrise enttäuschten die Inflationszahlen von 2012 bis 2015 von Monat zu Monat. Die Teuerung lag regelmässig unter den erwarteten Werten, und deflationäre Tendenzen weckten nicht nur im Euroraum Sorgen, sondern auch in Grossbritannien und in den USA.

Als der Ölpreis Ende 2015 einen massiven Einbruch erlitt und Mitte Januar 2016 nur noch gut 30 Dollar pro Fass notierte, sank die Teuerung in diesen drei Regionen gar auf null Prozent. Doch das Schreckgespenst Deflation – welches die Inflation so wünschenswert macht – gehört nun definitiv der Vergangenheit an. Investoren tun gut daran, ihre Portfolios für ein Umfeld mit normalen Inflationsraten zu positionieren.

Teuerung höher als erwartet

Die Korrelation zwischen den Rohölpreisen und der Teuerung ist zweifelsohne hoch, aber für die Nullinflation waren nicht nur die Ölmärkte verantwortlich. Denn die Kerninflation, welche die sich schnell verändernden Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt, fiel von 2012 bis 2015 ebenfalls. Erst Mitte 2016 drehte der Trend, und mit der – zuerst zögerlichen – Erholung der Ölpreise zogen auch die weltweiten Inflationsraten wieder etwas an.

Der erwähnte Zusammenhang zwischen Rohöl und Inflation funktioniert relativ einfach, denn sobald die Ölpreise in die Höhe schiessen, werden die Preise an den Tankstellen nach oben gedreht. Bis noch vor einem Jahr schienen 50 Dollar pro Fass eine gläserne Decke für den Ölpreis zu sein. Es wurde erwartet, dass höhere Preise eine massive Zunahme der Förderung von zusätzlichem Schieferöl aus den USA auslösen und zu einer erneuten Preiskorrektur führen würde. In den vergangenen Monaten hat der Anstieg des Ölpreises jedoch überrascht: Ein Fass der europäischen Sorte Brent notiert zurzeit deutlich über 70 Dollar.

Allgemein höhere Preise

Doch nicht nur die «normale» Inflation, sondern auch die Kerninflation dürfte 2018 steigen, was zu einem nachhaltigen und vom Ölpreis weitgehend unabhängigen Inflationsdruck führt. Das robuste Wirtschaftswachstum wird steigende Dienstleistungspreise und nicht zuletzt auch steigende Löhne nach sich ziehen. Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation ist intakt (Phillips-Kurve), eine expandierende Wirtschaft führt zu allgemein höheren Preisen.

Die Inflationsrisiken nehmen auch aufgrund des Preisdrucks in den Lieferketten zu. Die steigenden Ölpreise im Jahr 2016 haben zu höheren Produzentenpreisen im Jahr 2017 geführt. Diese dürften wiederum die Verbraucherpreise im Jahr 2018 nach oben drücken, da die Unternehmen die steigenden Produktionskosten an die Konsumenten weitergeben.

«Linker» sind attraktiv

Wie sollen sich Investoren in diesem Umfeld verhalten? Der Markt für inflationsgebundene Obligationen (Linker) hat nur eine begrenzte Fähigkeit, die zukünftige Inflation vorauszusagen. Stattdessen steigen die marktbasierten Inflationserwartungen tendenziell nur dann, wenn die Inflation selbst ansteigt. Aus diesem Grund sind inflationsgebundene Obligationen zurzeit attraktiv.

Der Renditeunterschied zwischen einer normalen Obligation und einem Linker entspricht der Differenz zwischen Nominal- und Realzins – oder der vom Markt erwarteten Inflation über die gesamte Laufzeit der Obligation. Diese Inflation wird als Break-even-Inflation bezeichnet. Sie ist die Inflation, ab der die inflationsgebundene Obligation rentabler ist als eine Obligation mit festem Zinssatz und dient somit als Mass für die Beurteilung der relativen Attraktivität der Obligation. Die Wahrscheinlichkeit, dass die realisierte Inflation die Break-even-Inflation längerfristig übersteigen wird, ist hoch, was Linker zu einer interessanten Anlagealternative macht.

Skeptische Anleger – langsame Notenbanken

Eine einfache Analyse würde zeigen, dass die Inflationsprognosen des Währungsfonds für 2018 höher sind als die Inflationsraten der meisten inflationsgebundenen Obligationen. Dies deutet darauf hin, dass die Marktteilnehmer in Bezug auf einen Inflationsanstieg entweder immer noch sehr skeptisch sind oder nicht damit rechnen, dass sich daraus Renditemöglichkeiten ergeben.

In den Jahren der Deflationsangst taten die Zentralbanken alles, um sicherzustellen, dass es nicht zu einer Deflation kommt. Die Bilanzen wurden ausgeweitet und die Zinssätze in den negativen Bereich gedrückt. Nun normalisiert sich die Inflation, und die Geldpolitik wird dieser Entwicklung folgen. Obwohl die US-Notenbank schon vorspurt, wird dies ein langsamer Prozess sein. Denn die Bank of Japan und die Europäische Zentralbank sind immer noch dabei, Obligationen in ihren Bilanzen anzuhäufen.

Nicht zu spät

Trotz der bereits anziehenden Teuerung ist es für Anleger nicht zu spät, ihre Portfolios auf das neue Inflationsumfeld auszurichten. Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass inflationsgebundene Obligationen keine Floater und somit anfällig auf Zinsänderungen und Kursschwankungen sind. Die Anlagestrategie für Linker muss den Bedürfnissen und der Risikotoleranz eines Investors entsprechen.