Fragen an Josef Helmes, Portfoliomanager für europäische Unternehmensanleihen bei Standard Life Investments.
Herr Helmes, warum sind in volatilen Zeiten aktive und Alpha-generierende Anleihenstrategien vorteilhafter als passive, die nur einen Index nachbilden?
Die Vorzüge aktiver Anleihestrategien zeigen sich gerade in Zeiten einer zu Ende gehenden, sehr expansiven Geldpolitik sowie bei hoher konjunktureller oder politischer Unsicherheit. Typischerweise sehen wir dann extreme Bewertungsschwankungen, sowie einen am Ende eines Kreditzyklus' negativen Trend bei Kreditratings.
Nur ein aktiver Credit-Manager mit Fokus auf eine «Bottom-up»-Einzeltitelanalyse kann das asymmetrische Chance/Risiko-Profil dieser Asset-Klasse respektive der einzelnen Unternehmen besonders gut verwalten. Indem er gefährdete Emittenten herausfiltert, vermeidet er «Fallen-Angels»-Kandidaten.
Was ist das?
Das sind Unternehmen, die ihr Investment-Grade-Rating verlieren. Unter anderem ist dies eine wesentliche Alpha-Quelle; passive Strategien sind zu statisch und haben nicht die Freiheit, im Vorfeld darauf zu reagieren. Als aktiver Manager haben wir zudem die Möglichkeit, das Portfoliorisiko flexibel zu steuern.
Wenn am Markt oder in einzelnen Segmenten die gezahlte Risikoprämie das unterliegende fundamentale Risiko nicht ausreichend reflektiert, et vice versa, können wir rechtzeitig eingreifen. Zudem steigt im Niedrigzinsumfeld die Bedeutung von konsistentem Alpha am Gesamtertrag für Anleiheinvestoren.
Vor zehn Jahren waren die Aufgaben eines Rentenmanagers in einer Versicherung weniger komplex. Was hat sich geändert?
SLI war in Rentenanlagen schon immer stark im Bereich Sterling-Credit (Unternehmensanleihen) und als grosser Investor am Gilt-Markt (Staatsanleihen) vertreten. Unser Haus hat sich inzwischen auch recht erfolgreich als aktiver Manager im Bereich Euro- sowie Global-Credit entlang des Qualitätsspektrums, Investment Grade und High Yield etabliert.
Darüber hinaus wurde in den letzten Jahren Expertise im Bereich Staats- und Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sowie bei Absolute-Return Renten Produkten aufgebaut. Hierdurch hat das Drittkundengeschäft erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies lässt sich in einer Verbreiterung der Kundengruppen ablesen, die sich von Versicherungen, inklusive unserer Muttergesellschaft, auf eine Vielzahl an Pensionskassen, Banken oder Vermögensverwalter weltweit erstrecken.
Um den gestiegenen Aufgaben gerecht zu werden, ist SLI neben seinem Stammsitz in Edinburgh nun auch mit Anleiheteams in London und Boston vertreten und beschäftigt in diesem Bereich inzwischen fast 60 Analysten und Portfoliomanager. Uns ist trotz der gestiegenen Teamgrösse an verschiedenen Standorten ein hohes Mass an integrativem Arbeiten und Ideenaustausch wichtig.
Kurz gesagt, wir vermeiden Silo- oder Ressort-Denken. Auch wurde der bewährte Investmentprozesses auf alle Produktgruppen konsequent übertragen und angewandt, was sich in einer konsistenten Alpha-Generierung entlang der Fixed Income-Produktpalette widerspiegelt.
Warum ist es von Vorteil auf lokales Anleihen- und Aktienfachwissen von Teamkollegen in den USA, Grossbritannien und Asien zurückzugreifen?
Mit regionalen Anleihe- und Aktienteams in Europa und den USA erreichen wir eine hohe Abdeckung der jeweiligen Märkte im Research und einen wissenswerten Zugang zu deren Unternehmen. Synergien etwa mit dem US Credit-Team in Boston ergeben sich für ein europäisches Rentenmandat schon durch den in den letzten Jahren gestiegenen Anteil an US-Emittenten in den europäischen Indizes; rund 17 Prozent des Volumens im «iBoxx EUR Investment Grade Credit» stammen von amerikanischen Adressen.
Zusätzlich ermöglicht die übergreifende Zusammenarbeit mit den Kollegen auf der Aktienseite unseren Unternehmensanleihen-Analysten einen kontinuierlichen Austausch über Branchentrends sowie Einschätzungen zu einzelnen Emittenten. Insgesamt verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz und betrachten das uns zur Verfügung stehende Anlageuniversum, durch unser Benchmark-unabhängiges Vorgehen, als ein globales Opportunitätsfeld.
Unser Ziel ist, uns auf die besten Anlageideen weltweit zu konzentrieren, anstatt das anvertraute Kundenvermögen in nicht Chancen/Risiko-optimierte geographische Index-Gruppierungen respektive nach Benchmark gewichtet zu alloziieren.
Was würde das Ende des Aufkaufs-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Preisentwicklung und die Unternehmensanleihen-Diversifikation eines Portfolios bedeuten?
Das Unternehmensanleihe-Kaufprogramm (CSPP) der EZB ist derzeit noch ein positiver technischer Faktor. Dies liess sich gerade zu Beginn auch an der positiven Wertentwicklung seit der Bekanntgabe des Ankaufsprogramm im März 2016 ablesen.
Allerdings zeigt die Erfahrung mit ähnlichen geldpolitischen Massnahmen seitens der EZB, wie bei Pfandbriefen, dass ein Grossteil der positiven Performance bereits zum Zeitpunkt der Bekanntgabe realisiert wird und nicht zum eigentlichen Start des Ankaufsprogramms. Das gleiche Verhalten war bis August 2016 bei Euro-Unternehmensanleihen zu beobachten.
Wir haben daher die zum Teil erheblichen Preisverzerrungen – Einengung der Spreads (Bandbreiten) – bereits nach der Sommerpause genutzt, um speziell Peripherie, sowie High-Yield-Bestände abzubauen. Obwohl nicht direkt vom CSPP erfasst, hatten mittelbar auch spekulative Anleihen davon profitiert.
Gerade bei spanischen und italienischen Unternehmensanleihen hatten sich die gezahlten Risikoprämien bis in den Sommer 2016 hinein von den dahinter stehenden Fundamentaldaten der Firmen und etwaigen politischen Risiken entkoppelt. Zwar erwarten wir eine gewisse Verlängerung des im März 2017 auslaufenden EZB Anleihen-Ankaufsprogramms. Ein mittelfristig graduelles Zurückfahren des Aufkauf-Programms stellt jedoch ein Risiko gerade für schwächer geratete Credits sowie für Anleihen aus der Peripherie dar. So lässt sich in diesem Zusammenhang auch die eher defensivere Ausrichtung unserer Anleiheportfolien erklären.
Wie kann man das Risiko in einem europäischen Unternehmensanleihen-Portfolio sinnvoll steuern?
Alle Portfolios haben neben den individuellen und separat überwachten Anlagerichtlinien interne ex-ante Tracking-Error Grenzen zu beachten. Im Zusammenspiel mit der angestrebten Überschussrendite des Fonds gegenüber seiner Benchmark werden diese Parameter zwischen Risiko-Controlling, Portfoliomanagement und schliesslich dem Kunden vereinbart.
Mit Unterstützung von Risikomanagement-Systemen wie UBS Delta erstellt das Risiko-Controlling tägliche Risiko-Analysen. Es werden unter anderem Wertbeitrag sowie Korrelationsverhalten einzelner Anleihen und Fondssegmente (Sektoren, Ratings, Kurvenpositionierung, Länderrisiken und Derivate) im Hinblick auf das Fondsgesamtrisiko ausgewertet.
Dies erlaubt es dem Risikoteam im Dialog mit dem Portfoliomanager, die wesentlichen Determinanten hinter aktiver Risikopositionierung/Tracking-Error des Fonds herauszuarbeiten. Dem Portfoliomanager hilft dies beim Erfassen der einzelnen Risikobeiträge sowie möglicher Diversifikationseffekte einzelner Fondskomponenten. Er wird zudem auf unbeabsichtigte Korrelationen oder sonstige versteckte idiosynkratrische Risiken in seinen Fonds sensibilisiert. Dieser Prozess gewährleistet das «richtige» beziehungsweise vertretbare Mass an Risiko, wie es auch im Vorfeld mit dem Kunden vereinbart wurde.
Wie funktioniert der SLI Anleiheauswahlprozess «Focus on Change» – Konzentration auf Wandel im Einzelnen?
Unser Investmentprozess generiert Mehrwert über eine stark fundamental orientierte Kredit-Analyse auf Emittentenebene («bottom-up»). Wir kombinieren dabei klassische Kreditanalyse unserer Analysten mit intern entwickelten quantitativen Modellen als begleitendes Frühwarnsystem und zum Monitoring unseres Anlageuniversums.
Das Gesamtrisiko sowie Einzelthemen auf Portfolioebene werden zudem von einer kontinuierlichen Validierung des Makroumfeldes sowie geopolitischer Faktoren bestimmt (gemäss der Philosophie: «Stock Selection Tailored to the Overall Environment»).
Zu den wesentlichen Bestandteilen unseres Anleiheauswahlprozesses gehören:
- Marktanalyse: Analyse von Trends am Primärmarkt, technischer Faktoren wie Notenbankpolitik, die Angebot und Nachfrage und somit Marktpreise beeinflussen
- Firmenbesuche: Durch den regelmäßigen Austausch gewinnen wir Erkenntnisse über Managementqualität, Strategie und Innovation; unsere starke Präsenz als Asset Manager im Bereich Aktien und Anleihen ermöglicht uns einen sehr guten Zugang zur Führungsebene
- Credit Research: Nutzung unseres umfangreichen hauseigenen Research zur Erstellung detaillierter Kreditanalysen zu allen Emittenten, in denen wir uns engagieren
- Integrierte Research Plattform: Einbeziehung des Aktien-, Responsible Investment und Corporate Governance Researchs als zusätzliche Faktoren in der Kreditanalyse
- Covenants-Analyse: Detaillierte Analyse der vertraglichen Dokumentation der in unserem Bestand befindlichen Anleihen auf vertragliche Schutzmechanismen (Covenants)
Eingebettet ist dieser Prozess in unsere «Focus on Change» Investmentphilosophie. Diese basiert auf den Annahmen, dass:
a) Fundamentaldaten eines Unternehmens letztlich die Marktbewertung ausstehender Wertpapiere wie Anleihen und Aktien bestimmen,
b) der Kapitalmarkt nicht sehr effizient in der Bewertung von Unternehmen ist, die einem fundamentalen oder strukturellen Veränderungsprozess unterliegen,
c) unterschiedliche Werttreiber Relevanz besitzen, je nach individueller Unternehmenssituation oder wo genau wir uns im Zyklus befinden.
Interessante Investmentchancen auf Basis unserer «Focus on Change» Philosophie ergeben sich häufig im Rahmen von Unternehmensrestrukturierungen, bei Veränderungen des Wettbewerbs- oder Regulierungsumfelds oder aus der Einführung disruptiver Technologien.
Vor jedem Investment stellen wir uns dabei die folgenden fünf Fragen:
- 1. Was sind die wichtigsten Werttreiber?
- 2. Was verändert sich gerade?
- 3. Welche Erwartungen sind am Markt schon eingepreist?
- 4. Warum wird der Markt seine Meinung über diese Erwartungen ändern?
- 5. Was kann der Auslöser sein? Abschließend ergibt sich aus der Anzahl der unterstützenden Belege für eine Investmentthese das Mass an Überzeugung, englisch «Conviction», welches wir von einem Investment haben.
Standard Life Investments bietet neben anderen Strategien auch Investmentlösungen im Bereich Absolut Return Global Bonds, High Yield und Schwellenländer sowie illiquide Anlagen in Private Markets, wie zum Bespiel in Infrastruktur, Immobilien und Kredite an.
Möchten Sie mehr erfahren, ich freue mich über den offenen Dialog mit Ihnen!
Ihr Schweizer Standard Life Investments Team
André Haubensack
Head of Sales Switzerland & Monaco
Standard Life Investments
Tel: +41 44 552 00 55
Mob. +41 79 373 79 13
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Toby Rockingham
Investment Director Switzerland & Monaco
Standard Life Investments
Tel.: +44 (0) 131 245 6378
Mob.: +44 (0) 751 508 3465
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