Harald Walkate, Leiter ESG bei Natixis, befragt Florian Heeb und Julian Kölbel von der Universität Zürich, wie Anleger zwischen Produkten mit einem grünen Etikett und solchen mit echter Wirkung (Impact Investing) unterscheiden können.

Der folgende Auszug stammt aus einer umfangreicheren Reihe wissenschaftlicher Einschätzungen von Natixis Investment Managers. Durch solche Diskussionen mit Vordenkern unserer Zeit können wir uns ein differenzierteres Bild von nachhaltigen Investments machen und unseren künftigen Kurs im ESG-Bereich optimieren.

Worauf müssen Anleger, die mit ihren Investments etwas bewirken möchten, besonders achten?

Florian Heeb: Wir würden sagen, die Wirkung liegt in der realweltlichen Veränderung, die durch Ihre Aktivitäten hervorgerufen wird. Sie sollten sich stets fragen: Was wäre ohne mein Investment passiert?

Klingt banal, hängt aber damit zusammen, was wir als «Zusätzlichkeitsprinzip» bezeichnen: Sie müssen nicht nur eine Wirkung (Impact) haben, sondern tatsächlich den Anstoss dazu geben. Impact erzielt nicht, wer grosse Anteile an grünen Unternehmen hält, sondern vielmehr, wer Unternehmen dazu bringt, grüner zu werden.

Wir unterscheiden dabei zwischen der Anlegerwirkung und der Unternehmenswirkung. Die Unternehmenswirkung steht dafür, was ein Unternehmen in der Welt ausrichtet.

Wir sprechen viel über Tesla und darüber, wie viele Tonnen an CO2-Emissionen dieses Unternehmen einspart, indem es benzinbetriebene Fahrzeuge durch Elektroautos ersetzt. Unter der Anlegerwirkung ist der Effekt zu verstehen, den Sie als Anleger auf das Handeln eines Unternehmens ausüben.

Können Sie negative Wirkungen verringern oder dafür sorgen, dass ein Unternehmen mit positivem Impact schneller wächst? Nach unserem Eindruck wird momentan der Unternehmenswirkung ein besonders hoher Wert beigemessen. Doch in Bezug darauf, wie Anleger Unternehmen beeinflussen können, bleibt noch viel zu tun.

Glauben Sie, dass Anlegern der Unterschied zwischen Unternehmenswirkung und Anlegerwirkung bewusst ist?

Julian Kölbel: Den meisten nicht. Investments in nachhaltige Unternehmen stehen stark im Fokus, doch die Motive dafür sind ganz unterschiedlich. Ein Motiv ist der Impact – der Wunsch, die Welt zu verändern.

Das andere, nicht minder starke, ist die Vorstellung von Einklang mit dem Portfolio. Man möchte sich mit den Projekten, Aktiva etc. der Unternehmen im eigenen Portfolio identifizieren können. Und dann ist da noch das finanzielle Motiv. Jeder weiss, dass erneuerbare Energien in Zukunft weiterhin wachsen werden. Optimiert man die eigenen Risikoprozesse durch die Einbeziehung von ESG-Aspekten, so kann das auch die finanzielle Performance verbessern.

Diese unterschiedlichen Motivationen stellen ein Problem dar, weil sie nicht immer miteinander vereinbar sind. Ich halte es daher für wichtig, die verschiedenen Motive klar anzusprechen und explizit anzugeben, was ein Produkt liefern soll.

Warum sollte man in Unternehmen investieren, die sich zu Vorzugsbedingungen finanzieren müssen, um positive Wirkungen zu skalieren – und inwiefern unterscheidet sich diese «konzessionäre» Finanzierung von der «Mischfinanzierung»?

JK: Konzessionäre Investments sind eine wichtige Schiene, um das Wachstum von Unternehmen zu fördern, die nachhaltig agieren oder eine positive Wirkung auf die Welt haben.

Das kann ein Unternehmen sein, das in einem Entwicklungsland tätig ist, aber im Verhältnis zu den Risiken, denen es ausgesetzt ist, keine global wettbewerbsfähige Rendite bietet. Oft haben solche Unternehmen Wachstumsprobleme. Eine Finanzierung zu Vorzugsbedingungen oder durch Beteiligung hilft ihnen, ihre positive Wirkung auszuweiten.

Das Zusätzlichkeitsprinzip ist relativ eindeutig, denn es steht keine Phalanx weiterer Anleger bereit, die dieses Investment tätigen möchten – eben weil die Performance ein bisschen suboptimal ist. Die Mischfinanzierung sehen wir als Instrument, um die Effizienz und die Höhe der bereitgestellten Mittel dafür zu erhöhen.

Das ist beispielsweise der Auftrag von Entwicklungsbanken – ganze Branchen nachhaltig wachsen zu lassen in Ländern, in denen sie mit Beschäftigungsgewinnen rechnen, und dort mit hohen Summen an den Start zu gehen, um das in Gang zu bringen. Es sieht ganz so aus, als gäbe es viel Potenzial zur Kombination dieser verschiedenen Finanzierungsquellen.

FH: Wir glauben, dass man die stärkste Wirkung in Sachen Nachhaltigkeit genau in den Bereichen erzielen kann, in denen Investments eben noch nicht Marktqualität haben. Wenn also die Risiken ein bisschen höher sind und die Renditen nicht ganz den Erwartungen entsprechen.

Das ist im Grunde die Funktion von Mischfinanzierungen: Sie verfolgen die Mission, den positiven Einfluss des Unternehmens auszuweiten, aber sie können die finanziellen Bedingungen auch so verändern, dass kommerzielle Investoren sagen können, ja, jetzt ist das etwas, womit ich arbeiten kann und was einigermassen meine Risiko-/Ertragserwartungen erfüllt.


Florian Heeb ist Academic Associate und Ph.D. Researcher am Center for Sustainable Finance and Private Wealth der Universität Zürich. 

Julian Kölbel ist Environmental Scientist, Ökonom und Postdoctoral Researcher und ist darüber hinaus Head of Research am Center for Sustainable Finance and Private Wealth der Universität Zürich.


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