Noch nie hat sich die Finanzbranche schneller und dramatischer verändert als jetzt. Auslöser dafür ist die Digitalisierung. Sie zwingt die Banken zu definieren, was ihre Kernaufgabe sein wird.

Von Marcel Zünd, EY Associate Partner, Advisory Financial Services

In den vergangenen Jahren haben viele Schweizer Banken ihr Geschäftsmodell optimiert. Dabei haben sie nicht nur ihre Kosten deutlich gesenkt, sondern ihre Prozesse digitalisiert und so ihre Dienstleistungen den veränderten Kundenbedürfnissen angepasst.

Allerdings gelang es keiner Bank, sich gegenüber der Konkurrenz einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Denn in den meisten Fällen erweisen sich die alten IT-Systeme, die man nicht einfach ausschalten konnte, als unflexibel und verhinderten es, wirklich fundamental Neues zu schaffen.

Positionierung definieren

Vor diesem Hintergrund wird es kaum einer Bank gelingen, sich einfach in die neue Zeit zu «digitalisieren». Vielmehr muss das jeweilige Management zuerst die Rolle und Positionierung seines Instituts definieren und anschliessend festlegen, wie die Reise dahin aussehen soll.Anhand von sechs Fragen kann EY dazu beitragen, dass eine Bank ihre richtige Startposition findet.

  • Bestehende Geschäftsfelder verteidigen oder angreifen?
  • Bestehende Geschäftsfelder weiterentwickeln oder neue Geschäftsfelder aufbauen?
  • Neue und bestehende Geschäftsfelder aufteilen oder integriert entwickeln und betreiben?
  • Infrastruktur selber entwickeln oder einkaufen?
  • Geschäftsfelder diversifizieren oder fokussieren?
  • Entwicklung Business- oder Effizienzzentriert?

Gleichzeitig kann ein Finanzinstitut so auch festlegen, ob es in Zukunft eher ein Dienstleister, ein effizienter Abwickler oder eine reine Technologie-Plattform sein möchte. Letztlich geht es darum, auf dem jeweiligen Gebiet ein einzigartiges und unvergleichliches Kundenerlebnis anzubieten.

Fünf Grundmodelle

Steht die Absicht einmal fest, kann das Management einer Bank das entsprechende Geschäftsmodell definieren.

Gewinner werden dabei jene Institute sein, denen es gelingt, die Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen und zwar im Interesse des Kunden, der dadurch einen besseren Service erhält, und im Interesse des Aktionärs, der von einer höheren Rendite profitiert.

Auch hier bietet EY Hilfe, indem es fünf Grundmodelle geschaffen hat, wie Banken ihre Zukunft entwickeln können. Dabei fokussiert sich jedes Institut auf eine oder ein paar wenige Rollen im sogenannten Finanz-Ökosystem.

  • die Bank als Erlebnis
  • die Bank als Marktplatz
  • die Bank als Dienstleisterin
  • die Bank als Vermittlerin
  • die Bank als Produzentin

Wertschöpfungskette verkürzen

Insgesamt ist aufgrund dieser Entwicklung anzunehmen, dass sich die Wertschöpfungskette vieler Banken verringern wird, um in den verbliebenen Geschäftsbereichen eine höhere Qualität zu einem wesentlich tieferen Preis anzubieten. Denn nur so werden sich die Banken gegen branchenfremde Unternehmen behaupten können, die ihren Anspruch im Banking von morgen anmelden.

Kurzum: Banken, die zu den Gewinnern von morgen gehören wollen, müssen sich auf diejenigen Bereiche in der Wertschöpfungskette fokussieren, in denen sie einen echten Wettbewerbsvorteil liefern können. Alle übrigen Bereiche können sie von anderen Anbietern beziehen oder sie der Konkurrenz überlassen.