Maschinen sind zwar auf dem Vormarsch, Anleger sollten sich jedoch nicht von den neuesten Trends mitreissen lassen, finden Ian Hesop und Justin Wells von Old Mutual Global Investors.
Ian Heslop ist Leiter von Global Equities und Manager des Old Mutual North American Equity Fund, und Justin Wells, Stratege im Team Global Equities von Old Mutual Global Investors
Ob man will oder nicht: Das Zeitalter der technischen Innovationen ist angebrochen. Disruptive technische Veränderungen dringen bis in alle Bereiche der globalen Wirtschaft vor. Die Umwandlung grosser Mengen an Daten ins digitale Format hat in den vergangenen zehn Jahren exponenziell zugenommen.
Signale von verschiedenen Geräten wie Desktop-Computern, Smartphones, Kameras, Autos, Satelliten, Netzwerken sowie Industrie- und Umweltsensoren generieren eine Datenflut, die den Beginn der Ära ‹Big Data› einläutet. Die Unmengen an Informationen, die infolge dieser Fortschritte zur Verfügung stehen, haben unter anderem die Effizienz in vielen Bereichen gesteigert und aus der Intuition eine datenbasierte Entscheidungsfindung gemacht.
Schöne neue Welt
Justin Wells
Auch die Anlagewelt ist gegenüber dem technischen Wandel nicht immun. Dies zeigt sich daran, wie sie sich Smart Beta zu eigen gemacht hat: regelbasierte, skalierbare Portfolios, die neue Techniken der Datenanalyse nutzen und den Anlegern so ein intelligentes Engagement in ausgewählten Faktoren ermöglichen und gleichzeitig potenzielle Abweichungen vom Markt begrenzen und einen kapitalisierungsgewichteten passiven Indexfonds übertreffen sollen.
So wie viele der Neueinsteiger im Technologiegeschäft Anklang auf dem Massenmarkt gefunden haben, zeigten sich preissensitive Anleger auch fasziniert von der Effizienz und der technischen Innovation der Smart-Beta-Strategien.
Einfluss von Smart Beta
Zwar verzeichneten Smart-Beta-Strategien in den vergangenen Monaten wachsende Zuflüsse, doch klassische ETFs, die bekannte Indizes abbilden, dominieren immer noch den Fondssektor. Gebannt von der Erwartung einer verbesserten Effizienz, entweder durch günstigere Gebühren oder datenbasierte Anlageentscheidungen, scheinen nur wenige den verzerrenden Einfluss von Smart Beta und klassischem Beta auf den Aktienmarkt in Frage gestellt zu haben.
Die häufigeren und starken Stil-, Sektor- und Faktoren-Rotationen gingen allgemein mit stärkeren Zuflüssen in diese Strategien einher. Und Herausforderungen beim Erreichen einer effizienten Preisbildung und ein zunehmendes Crowding in verschiedenen Teilen des Markts traten gleichzeitig mit einer Zunahme der ETF- und Indexstrategien auf.
Deutliche Abweichungen
Die Anleger konnten in den vergangenen Jahren vom Umfeld eines allgemein ansteigenden Markts profitieren. Die Renditestruktur der meisten Smart-Beta-Strategien muss noch auf die Probe gestellt werden. Eine gründliche Überprüfung der Risiken, die sich aus der Verbreitung dieser Strategien ergeben, dürfte der Aufmerksamkeit der Anleger entgangen sein.
Eine Risikoanalyse und eine Performanceattribution deuten darauf hin, dass die Risiken und erst recht das Renditeprofil vieler Smart-Beta-Strategien von dem, was ihr Label suggeriert, deutlich abweichen können. Beispielsweise kann eine niedrige Volatilität zu einer Short-Position im Bereich Value führen und so ungewollte Konsequenzen im grösseren Portfoliokontext haben.
Dynamischer Alpha-Ansatz
Wir sind der Meinung, dass eine sorgfältige Auswahl der richtigen Daten und Performancemetriken und insbesondere des Gesamtbewertungskriteriums ein integraler Bestandteil einer erfolgreichen datenbasierten Entscheidungsfindung ist. Jedes System macht wahrscheinlich Fehler und führt zu Verzerrungen.
Das Ziel sollte darin bestehen, einen Ansatz zu wählen, bei dem Fehler und Verzerrungen minimiert und schnell und einfach korrigiert werden können.
Instabiles Alpha
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, werden unsere Fonds mit Hilfe eines Systems zur dynamischen Alphagewichtung verwaltet. Dabei werden Informationen zum Marktzustand anstelle von durchschnittlichen Faktorrenditen über ein vorher festgelegtes Zeitfenster verwendet.
Unser Gewichtungssystem ist dynamisch, da wir die durch das Marktumfeld bestimmte kurzfristige Zyklizität der Faktorrenditen berücksichtigen. Die Zyklizität von Faktorrenditen kann zu einem instabilen Alpha und einem Abwärtsrisiko führen (wenn der Faktor nicht mehr günstig ist), und – ebenso wichtig – sie kann das Alpha mit vielen unerwünschten Korrelationen belasten.
Komplett neu überdacht
Wir streben danach, Faktoren zu schaffen, die robust sind und weniger dem Einfluss des Marktzustands unterworfen sind als die Faktoren, die bei Smart-Beta-ETFs typischerweise verwendet werden. Wir haben die Art und Weise, wie wir Risikozuschläge wie Value, Momentum und Wachstum erfassen, komplett neu überdacht. Wir sind der Ansicht, dass unser derzeitiger Anlageprozess deutlich schneller auf Risiken reagieren kann und es uns ermöglicht, besser mit Veränderungen in der Volatilität oder Korrelation umzugehen.
Maschinen sind zwar auf dem Vormarsch, wir sollten uns jedoch nicht von den neuesten Trends mitreissen lassen. Dass der erste Buchstabe im griechischen Alphabet nicht «Beta» lautet, hat durchaus einen Grund.