Von Daniel Kobler, Leiter Banking Innovation, Johannes Schlotmann, Manager, und Benjamin Baumgartner, Senior Consultant, Deloitte Schweiz, Zürich


Die Profitabilität der Schweizer Privatbanken ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, wie der Rückgang der Gewinnmarge um rund 40 Prozent seit dem Jahr 2000 belegt. Dies steht im Gegensatz zur Entwicklung des Marktvolumens im europäischen Private Banking, das im gleichen Zeitraum um mehr als 60 Prozent zugenommen hat.

Diese gestiegene Inkongruenz zwischen Profitabilität und Marktgrösse zeigt, dass es Banken immer weniger gelingt, Kunden mit ihrem bestehenden Geschäftsmodell einer integrierten Wertschöpfungskette erfolgreich zu bedienen.

Innovationslücke im Banking...

Das Wealth Management befindet sich im Wandel hinsichtlich Struktur, Demographie und Wahrnehmung. Gleichzeitig erlaubt es der technologische Fortschritt, neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlangen.

Diese Faktoren bieten eigentlich ein optimales Umfeld für die Entwicklung von Innovationen, werden aber von vielen Banken nur begrenzt adressiert. Das suggeriert eine Innovationslücke.

Die Aufgabe, diese Lücke zu schliessen und gleichzeitig die Branche aufzuwecken, wird in der Öffentlichkeit gerne den Fintech-Firmen zugeschoben.

...von Fintechs gefüllt?

Bei genauem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass Fintech-Firmen dieser Rolle nur bedingt gerecht werden. Sie beschleunigen zwar den Wandel des traditionellen Geschäftsmodells im Wealth Management und treiben die Digitalisierung voran, doch legen sie dabei kaum Wert auf wirklich transformationelle Innovationen.

Vielmehr wenden sich Fintechs zunehmend vom Geschäft mit dem Endkunden (B2C) ab und suchen stattdessen vermehrt das Geschäft mit Banken (B2B). Gründe dafür sind einerseits der meist fehlende Zugang zu attraktiven Kunden im B2C-Geschäft und andererseits die steigende Nachfrage und Zahlungsbereitschaft im B2B-Geschäft.

Fintech-Unternehmen verfügen über digitale Lösungen für bestehende Geschäftsherausforderungen wie der anhaltende Kostendruck. Dabei verpassen sie allerdings die Chance, Innovationen zu entwickeln, mit denen neue Kundensegmente, neue Kundenbedürfnisse und neue Märkte geschaffen werden können.

Konkurrenzfähiger Schweizer Markt

Oft wird im diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob es der Fintech-Branche an den entsprechenden Rahmenbedingungen fehlt. Schaut man auf die Schweiz, so lässt sich sagen, dass das Innovationspotenzial durchaus vorhanden ist und der hiesige Fintech-Markt im internationalen Vergleich solide aufgestellt ist.

Im direkten Vergleich mit London – einem weltweit führenden Fintech-Hub – werden einem die Defizite jedoch klar vor Augen geführt. Ein hoher Innovationsgrad sowie stabile politische Verhältnisse reichen im Rennen um die Spitzenposition nicht aus, um mit den Besten mitzuhalten.

Vorteilhafte Bedingungen

Schlüsselfaktoren zur Erhaltung und Steigerung der Konkurrenzfähigkeit sind weiterhin die technologischen Fortschritte sowie die Deregulierung und Liberalisierung des Marktes.

Es braucht eine Regierung, die vorteilhafte Bedingungen ermöglichen, damit Innovationen und neue Technologien den Wandel vorantreiben können. Tiefe Eintrittsbarrieren, flexible Regulierungen sowie ein faires Steuersystem sind wesentliche Bestandteile, um innovative FinTechs und Investoren anzuziehen.

Die Zusammenarbeit zwischen Fintech-Vereinigungen und wichtigen Marktteilnehmern wie Startups, Banken und Investoren ist zwingend notwendig für den Aufbau eines innovativen Fintech-Ökosystems.

Innovationsförderung erfordert Umdenken

Die Zeichen des Wachstums sind in allen führenden Fintech-Hubs sichtbar. Es verwundert nicht, dass auch der Anteil der Schweizer Fintech-Firmen, die im Wealth Management tätig sind, sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt hat.

Ein solch enormes Wachstum ist natürlich ein beachtliches Zeichen dafür, dass Fintechs an ihre Innovationsfähigkeiten glauben und sich im Stande fühlen, den Wandel weiter voranzutreiben.

Dennoch stellt sich die Frage, ob allein die Anzahl der Fintechs bereits ein wesentlicher Indikator für Innovationsfähigkeit und Erfolgschancen darstellt. Grundsätzlich muss ein tiefgreifendes Umdenken bei allen Marktteilnehmern stattfinden.

Neue Lösungsansätze

Besonders im Wealth Management sind die wesentlichen Überzeugungen hinsichtlich des traditionellen Geschäftsmodells aufgrund des Reifegrades der Branche tief verankert und nur schwer zu ändern.

Fintech-Firmen sollten daran rütteln und statt der Digitalisierung des bestehenden, auslaufenden Geschäftsmodells fundamental neue Lösungsansätze entwickeln, um nachhaltigen Erfolg anzustreben. Es hat sich gezeigt, dass sich die erfolgreichsten Innovationen meist auf die Wertschöpfung respektive auf Änderungen im Ertragsmodell oder aif eine Verbesserung des Kundenengagements fokussieren.

In den vergangenen Jahren hat sich jedoch noch kein Fintech-Unternehmen mit Innovationen in diesen Bereichen hervorgetan, das zum jetzigen Zeitpunkt Privatbanken und Wealth Manager ernsthaft konkurrieren könnte.


Quellen:

  • Deloitte (2017): Innovation in Private Banking and Wealth Management – Embracing the Business Model Change
  • Institute of Financial Services Zug IFZ (2017): IFZ Fintech Study 2017 – An Overview of Swiss Fintech
  • Deloitte Banking Blog (2016): The Swiss financial centre – en route to being an international Fintech hub?