Die Zeiten von niedrigem Wachstum, niedriger Inflation und niedrigen Zinsen sind nicht vorbei. Darum lohnt es sich, das etwas in Vergessenheit geratene Edelmetall Gold unter die Lupe zu nehmen.
Von Guido Barthels, Portfolio Manager bei ETHENEA Independent Investors S.A. und Yves Longchamp, Head of Research bei ETHENEA Independent Investors (Schweiz) AG
Gold spielt seit jeher eine wichtige Rolle. Der neubabylonische König Nebukadnezar II. (605 bis 562 v. Chr.) beispielsweise soll in seiner Regierungszeit den Wert einer Unze Gold mit 350 Laiben Brot festgelegt haben – ein Vergleich, der auch heute noch in etwa stimmt.1
Über Jahrtausende hinweg war Gold ein gebräuchliches Zahlungsmittel, meist in Form von Münzen. Die ersten einheitlich geprägten Goldmünzen werden König Krösus um 560 v. Chr. zugerechnet.
Status als Zahlungsmittel verloren
In den folgenden Jahrtausenden wurden immer wieder unterschiedliche Goldmünzen geprägt. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein (1971) beruhte der Wert einer Währung über des Bretton-Woods-Abkommen tatsächlich auf Gold. Erst der Zusammenbruch dieses Systems, dessen grösster Schwachpunkt es war, dass nicht genügend Gold für den Bedarf an Währungen vorhanden war, liess die heutigen Papierwährungen entstehen (Fiat-Geld). Gold verlor damit den Status des Zahlungsmittels.
Ist hier die Geschichte des Edelmetalls zu Ende? Weit gefehlt. Seit den dunklen Tagen der Finanzmarktkrise und der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise in 2009 ist die Nachfrage nach physischem Gold um 30 Prozent gestiegen.2
Homöopathische Dosen
Der Bestand an physischem überirdischen Gold wird auf etwa 166'000 Tonnen geschätzt, von denen der Grossteil als Schmuck verarbeitet ist.3
Mittlerweile liegt der Goldpreis bei ungefähr 42'000 Dollar pro Kilogramm. Der reale wirtschaftliche Wert sollte jedoch niedriger sein, denn der industrielle Bedarf entspricht wohl eher homöopathischen Dosen. Gold ist heute also weder Zahlungsmittel noch ein massgebliches Industriemetall. Warum ist es dann so teuer?
Fast 80 Prozent der Nachfrage an physischem Gold stammt von Privatpersonen.2 Eine Theorie, die sich hartnäckig hält, besagt, dass Gold ein hervorragender Inflationsschutz sei. Eine Analyse des Verhältnisses von Goldpreis-Änderungen und Inflationsraten seit 1973 ergibt einen Korrelationskoeffizient von 0,085. Die Entwicklung der Inflationsraten liefert somit keine offensichtliche Erklärung für die Goldpreisänderungen.
Unterschiedliche Ausprägungen
Wie sieht es aus mit dem Verhältnis zwischen Aktienkursen und Goldpreisen? Auch hier ergibt die Analyse keinen linearen Zusammenhang zwischen Goldpreis und Aktienhaussen.
Wenn weder Inflation noch Aktienhaussen den Goldpreis zu beeinflussen scheinen, wovon hängt er dann ab? Hier lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung der Renditen von 10-jährigen US-Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS). Denn die Goldpreis-Entwicklung und die Renditen von TIPS weisen einen Korrelationskoeffizient von -0,89 auf und stehen folglich in einem starken linearen Zusammenhang.
Man könnte argumentieren, die TIPS-Renditen und der hohe Goldpreis seien zwei unterschiedliche Ausprägungen derselben Ursache.
Interessante Portfolio-Beimischung
Ein erhöhtes Mass an Unsicherheit und Angst führen zu höheren Goldpreisen und zu niedrigeren Realzinsen. Denn Gold bietet die Möglichkeit, sein Vermögen aus einem Währungsregime in ein anderes zu transportieren und lässt sich auch besser verstecken als andere reale Vermögenswerte, wie beispielsweise Immobilien oder Grundstücke.
Für Investoren ist das Edelmetall in Zeiten von Niedrig- oder gar Strafzinsen auf Grund der geringen Korrelation seiner Preisentwicklung mit Aktienkurs- und Nominalzins-Änderungen als Cash-Ersatz eine interessante Portfolio-Beimischung, denn dadurch wird der potenzielle Diversifikationseffekt maximiert. Gold ist also manchmal Gold wert.
- Wenn man von einem Brotpreis von 3.50 Euro ausgeht, dann entsprechen 350 Brote 1'225 Euro. Am 25.8.2016 betrug der Preis für eine Feinunze Gold 1'172 Euro.
- Quelle: GFMS Gold Survey 2016
- Quelle: Gold Field Mineral Survey
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