Die goldenen Zeiten im Private Banking sind vorbei. Doch Privatbanken können weiterhin glänzen, sofern sie die Chancen ergreifen, die sich durch die neuen Herausforderungen bieten.

Von Antony Lassanianos, CEO VP Bank (Schweiz)

Vor 50 Jahren, im Jahr 1970, nahm die VP Bank an ihrem Hauptsitz in Vaduz den ersten Bankomaten in Betrieb. Damals war es der erste überhaupt im Fürstentum und entsprach einem neuen Bedürfnis. Heute geht der Trend, angefangen von Kreditkarten über bargeldloses Bezahlen bis hin zu digitalen Währungen und Tokenisierung von Produkten, in eine ganz andere Richtung. Was bleibt, sind sich verändernde Bedürfnisse, damals wie heute.

Die aktuellen Veränderungen sind aber tiefgreifender – nicht nur wegen der Corona-Situation. Die Finanzindustrie und damit auch das Private Banking stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Folgende Annahmen betrachtet die VP Bank als wegweisend:

  • Gesellschaft: Die Weltbevölkerung wird älter und vermögender. Gemäss aktuellen Berechnungen wird im Jahr 2050 in 55 Ländern über ein Drittel der Bevölkerung älter als 60 Jahre sein. Gleichzeitig wird das Vermögen über die nächsten Jahre konstant ansteigen. Für das Private Banking hat gerade der Umstand, dass die Bevölkerung älter wird, einen grossen Einfluss. Mit dem steigenden Vermögen wird damit gerechnet, dass in der Schweiz jährlich bis zu 70 Milliarden Franken vererbt werden. Das sind nicht nur Anlagevermögen und Immobilien, bei KMU geht es beispielsweise auch um die Nachfolgeplanung. Damit hängen viele Fragen zusammen, die seitens der Bank ganzheitliche Angebote erfordern, die auf individuelle Bedürfnisse eingehen.
  • Industrie: Der Druck steigt von allen Seiten. Kaum eine Branche ist so stark mit neuen Regulierungen konfrontiert wie die Finanzbranche. Die neuen Vorgaben führen bei den Banken zu höheren Kosten. Gleichzeitig steigt der Druck auf die Margen und somit auch auf die Arbeitsplätze. Die Folge: Banken verschwinden. Am Bankenplatz Schweiz sank die Zahl von Banken gemäss einer Studie der Schweizerischen Nationalbank zwischen Anfang der 1990er-Jahre und 2018 von weit über 400 auf weniger als 250. Besonders ausländische Banken und Privatbankiers wurden von einer Konsolidierungswelle erfasst.
  • Technologie: Dank künstlicher Intelligenz und der Nutzung von Data Analytics wird die Kundenkommunikation individueller und dank cleveren Schnittstellenlösungen die Abwicklungen von Geschäften effizienter. Kunden sind fast rund um die Uhr «online» und wünschen sich Informationen und Beratung in Echtzeit. Im Mittelpunkt unserer Lösungen steht das Kundenerlebnis: Die Kunden erwarten bei der Nutzung unserer Services eine intuitive Bedienung und einen hohen Komfort.
  • Kunden: Bei den Finanzlösungen erwarten Kunden neue und massgeschneiderte Angebote. Gleichzeitig wünschen sie sich eine professionelle Partnerschaft, die auf Vertrauen beruht. Das Private Banking bleibt weiterhin ein «People's Business» und es gilt, die Balance zwischen technologischen Lösungen und persönlichem Kontakt zu finden. Ebenso werden die Kundenprozesse effizienter. Somit sinkt die Anzahl einzureichender Formulare und Rückfragen und die Convenience für den Kunden steigt.

Bedürfnis nach Nachhaltigkeit

Wie sich die Veränderungen von Bedürfnissen auf konkrete Produkte auswirken, zeigt das Thema Nachhaltigkeit. Wir spüren deutlich, dass auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Produkte sich immer grösserer Beliebtheit erfreuen. Seit vielen Jahren spielt bei der VP Bank die betriebliche Nachhaltigkeit eine grosse Rolle.

Nun werden Nachhaltigkeitskriterien auch in der Investmentphilosophie verankert und in allen Selektionsprozessen integriert. Später kommen neue Produkte und nachhaltige Fonds hinzu. Auf diese Weise nutzen wir dieses neue Bedürfnis als Anlagechance für unsere Kunden.

Fazit

Das Private Banking steht vor einer harten Probe. Die sich rasant entwickelnde Digitalisierung, das Niedrigzinsumfeld, der Druck auf die Margen und die veränderten gesellschaftlichen Ansprüche erhöhen die Komplexität unserer Umwelt. Als vertrauenswürdiger, kompetenter Sparringpartner der Kunden kann der Berater Klarheit schaffen und Orientierung geben.

Menschliche Werte wie Ehrlichkeit, Offenheit und Fairness sind bei der Vermögensberatung elementar und schaffen eine Vertrauensgrundlage. Zudem beweisen Studien: Je komplexer die Vermögenssituation ist, desto wichtiger wird der Faktor Mensch. Ihm gilt letztlich der Fokus – das galt schon 1970 mit der Inbetriebnahme des Bankomaten in Liechtenstein.


Antony Lassanianos ist seit 2014 Mitglied der Geschäftsleitung der VP Bank (Schweiz). Im Juni 2016 übernahm er seine Funktion als CEO der Tochtergesellschaft, die zur international tätigen VP Bank Gruppe gehört. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!