Digitale Tools helfen, die moderne Kundenberatung noch mehr zu individualisieren. Im Private Banking ergeben sich dadurch neue Chancen, die schliesslich dem Kunden zugute kommen.

Von Antony Lassanianos, CEO der VP Bank (Schweiz) AG 

Im Jahr 1968 testete der Automobilzulieferer Continental erstmals ein selbstfahrendes Auto, um Reifen wissenschaftlich möglichst exakt zu analysieren – so gleichmässig, wie es ein menschlicher Fahrer nicht könnte.

Heutzutage erleben autonom fahrende Autos einen regelrechten Boom. Ähnliches gilt auch für moderne Bankinstitute, wenn es um die Kundenberatung und die Vermögensverwaltung geht. Auch hier sollen gewisse Aufgaben «selbstfahrend» erledigt werden.

Nächstes Level der Interaktion mit dem Kunden

Immer öfters bieten Dienstleistungsunternehmen die Kommunikation über elektronische Kanäle wie Chatbots (chat + robots) oder «Interactive Agents» an. Eine Software erweckt dabei den Eindruck, als würde sich der Kunde mit einem Menschen austauschen.

Im Bankenwesen helfen solche Chatbots dabei, das Geld zu verwalten, an eine fällige Rechnung zu erinnern oder Geld intelligent anzulegen. Die Marktforschungsfirma Gartner geht davon aus, dass bereits 2020 etwa 85 Prozent aller Interaktionen zwischen Unternehmen und Kunden zumindest zu einem Teil über Chatbots stattfinden werden.

Die Technologie steht noch am Anfang und dient primär zur Beantwortung von Standardfragen. Viele Kunden sind denn auch skeptisch, was Diskretion und vertrauliche Daten betrifft, denn der Unterschied ist gross, ob ein Kunde lediglich allgemeine Informationen abfragt oder aber im geschützten Bereich des E-Banking vertrauliche Informationen über Kontostand und Transaktionen bezieht.

Hybride Anlageberatung im Private Banking

Klar ist: Immer häufiger steuern Computer das Portfolio. Vorbestimmte Parameter und definierte Algorithmen müssen dabei so sicher sein, dass das Portfolio das gesteckte Ziel erreicht, ohne dabei gegen eine Wand zu fahren. Eine Stärke ist die laufende Risikoüberwachung des Portfolios. Hier kommen die Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz und die Integration digitaler Innovationen zum Tragen: Wichtige Bestandteile des Anlagegeschäfts, etwa Teile der Portfolio-Konstruktion, des Risikomanagements sowie der automatischen Überprüfung der Portfoliokonformität, können durch sie effizienter und zuverlässiger ausgeführt werden.

Die VP Bank nutzt diese Chancen mit einem hybriden Beratungsmodell. Mit Tablets werden bereits in der Beratung die Stärken solcher Tools genutzt, beispielsweise können Beratungsgespräche ortsunabhängig stattfinden und der Kunde sieht dank benutzerfreundlicher Visualisierung sofort, wie sich sein Portfolio durch geringe Anpassungen entwickeln könnte.

Als Basis dient die bewährte Anlageberatungs-Software Finfox, mit der massgeschneiderte Anlagevorschläge erstellt werden. Die rationalen Berechnungen im Hintergrund verschmelzen dabei mit den emotionalen Entscheidungsgrundlagen der Kunden.

Somit wird der Kunde interaktiv in die Anlageberatung eingebunden – beispielsweise lassen sich vorbereitete Anlagevorschläge schon während des Gesprächs überarbeiten und als Kunde sieht man etwa die Gewichtung und Aufteilung des Portfolios auf einen Blick.

Je komplexer, desto weniger virtuell

Die Ansprüche in der Kundenberatung werden jedoch immer komplexer, die Produkte vielfältiger und die Beratung umfassender. Genau hier spielt die Kompetenz des Kundenberaters eine entscheidende Rolle. Je komplexer die Dienstleistungen, desto herausfordernder eine Virtualisierung. Zu diesem Schluss kommt Teodoro D. Cocca, Professor für Wealth und Asset Management an der Universität Linz, in einer Studie.

Die Virtualisierung stosse dann an ihre Grenzen, wenn ein Kunde mit einer Kombination aus steuerrechtlichen, gesetzlichen und finanziellen Fragestellungen an einen Kundenberater herantreten würde, erklärt Cocca. Einerseits seien fallbezogene Lösungen gefragt, die kaum auf einem effizienten Weg virtuell abgewickelt werden könnten.

Andererseits brauche es allein schon für die Dateneingabe in ein technisches Unterstützungstool ein hohes Mass an Expertise. Damit ist die Virtualisierungshürde bei Privatbanken mit komplexen Kundenansprüchen deutlich höher als bei Retailbanken.

Für Banken ist es unabdingbar, neue Technologien voranzutreiben. Die VP Bank zertifiziert daher ihre Kundenberater nach SAQ und gewährt damit höchste Standards, damit jene Probleme und Anliegen, die umfassender und komplexer sind, mit einem zielgerichteten und persönlichen Gespräch gelöst werden können. Schliesslich lässt sich langjähriges Vertrauen nicht einfach so programmieren.


Antony Lassanianos ist seit 2014 Mitglied der Geschäftsleitung der VP Bank in der Schweiz. Im Juni 2016 übernahm er die Funktion als CEO der Tochtergesellschaft, die zur international tätigen VP Bank Gruppe gehört.

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