Bei Private-Equity-Transaktionen werden Banken als Fremdkapitalgeber zunehmend von Private-Debt-Fonds verdrängt. Eine Studie zeigt, warum die noch junge Anlageklasse Private Debt interessant ist.
Für Etienne Haubold, langjähriger Partner bei LGT European Capital, ist die französische Asmodee ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, was die richtige Finanzierung für ein Unternehmen bewirken kann: Im Jahr 2013 war dieser Verleger und Vertreiber von Karten- und Brettspielen zwar die Nummer eins in Frankreich, international aber noch relativ unbedeutend.
Obwohl der damalige Besitzer die Expansion innerhalb Europas erfolgreich eingeleitet hatte, sah die Geschäftsleitung den Zeitpunkt gekommen, endlich auch global zu wachsen, und sie begann nach einem finanzkräftigen Private-Equity-Investor zu suchen. Dieser sollte Asmodee übernehmen und das Unternehmen bei seinen ehrgeizigen Wachstumsplänen begleiten.
Ideale Fremdkapitallösung
Schon bald wurde klar, dass für das geplante Wachstum auch ein Kreditgeber notwendig war, der eine flexible Finanzierungslösung bereitstellt und gewillt war, auch die weiteren Expansionsschritte des Unternehmens zu unterstützen.
Der mit dem Verkauf beauftragte Berater kontaktierte deshalb Haubold, mit dem er schon früher zusammengearbeitet hatte. Er wusste, dass LGT European Capital, eine in Paris und London ansässige Anbieterin von Private-Debt-Fonds, 2007 sogenannte Unitranche-Finanzierungen in Europa eingeführt hatte. Diese noch relativ unbekannte flexible Kreditform schien ihm die ideale Fremdkapitallösung.
Prüfung auf Herz und Nieren
Auf Seiten von LGT European Capital machte sich ein kleines Team daran, eine detaillierte Finanzierungsofferte zu erarbeiten. «Obwohl wir natürlich einige der Spiele des Unternehmens kannten, war uns die Firma selbst praktisch unbekannt», erinnert sich Olivier Meline, Managing Director. Dies sollte sich schnell ändern.
Im Gegensatz zu anderen Anbietern von Private Debt, verlässt sich LGT European Capital grundsätzlich nicht nur auf die Analysen des Käufers, sondern prüft ein Unternehmen immer auch selbst auf Herz und Nieren: «Als Kreditgeber können wir uns keinen Flop leisten. Deshalb schauen wir sehr genau hin, bevor wir investieren. Und weil wir in Europa mittlerweile eine führende Position einnehmen, werden wir zu den interessantesten Deals eingeladen und können auch wählerisch sein», erklärt Haubold.
Besuch in Spielzeugläden und Supermärkten
In den folgenden Wochen überprüfte das Team die Finanzkennzahlen, durchforstete spezialisierte Datenbanken, führte zahlreiche Interviews mit Branchenexperten und analysierte die verschiedenen Distributionskanäle. «Wir besuchten sogar Spezial- und Spielzeugläden sowie Supermärkte, um ein Gefühl für den physischen Vertrieb vor Ort zu bekommen», erzählt Samantha Schwartz, die kurz zuvor zu LGT European Capital gestossen war.
Relativ schnell erkannte das Team, dass nicht nur die Zahlen stimmten: Mit seinem verlegerischen Know-how, dem ausgezeichneten Netzwerk zu führenden Spiele-Autoren sowie dem präzise auf die verschiedenen Distributionskanäle abgestimmten Marketing-Instrumentarium hatte Asmodee ideale Voraussetzungen für eine internationale Expansion.
Im November 2013 unterbreitete LGT European Capital für die Transaktion einen massgeschneiderten Finanzierungsvorschlag, der auch eine Beteiligung am Eigenkapital umfasste. Der Vorschlag war derart überzeugend, dass LGT European Capital von beiden im Bieterprozess verbliebenen potenziellen Käufern ein Finanzierungsmandat erhielt. Haubold und sein Team konnten deshalb relativ gelassen abwarten, welcher Käufer das Rennen machen würde – sie waren auf jeden Fall dabei.
Rasanter Neustart
Der Verkauf wurde im Januar 2014 abgeschlossen, und nach weniger als einem Jahr hatte Asmodee bereits drei grosse Akquisitionen im Ausland getätigt. Um den nochmals gestiegenen Finanzbedarf zu decken, schnürte LGT European Capital ein zweites Finanzierungspaket.
Heute, nur vier Jahre nach dem Neustart, ist Asmodee dank internem Wachstum sowie einer Reihe strategischer Akquisitionen die Nummer zwei weltweit. Der Umsatz ist von 100 Millionen Euro im Jahr 2013 auf über 400 Millionen Euro gestiegen. Dank des guten Geschäftsgangs konnte Asmodee die Unitranche-Finanzierung mittlerweile durch traditionelle Bankkredite ablösen.
Für Haubold eine klassische Win-Win-Situation: «Wir konnten zum Erfolg von Asmodee beitragen und gleichzeitig für unsere Investoren eine sehr attraktive Rendite erwirtschaften. Und nicht zuletzt hat die Transaktion dazu beigetragen, Unitranche als Finanzierungsform weiter zu etablieren.»
Private Debt: Wenn Finanzinvestoren sich mit Eigenkapital an einem nicht-börsenkotierten Unternehmen beteiligen, spricht man von einer Private-Equity-Transaktion. Nebst Eigenkapital werden solche Transaktionen meist zu einem erheblichen Teil auch mit Fremdkapital respektive Krediten finanziert. Diese wurden vor allem in Europa traditionell durch Bankenkonsortien vergeben.
Wegen neuer Regulierungen, aber auch um Risiken abzubauen, zogen sich die Banken nach der Finanzkrise zunehmend aus diesem Geschäft zurück. In die Bresche sprangen spezialisierte Kredit- respektive sogenannte Private-Debt-Fonds, die sich auf unterschiedliche Finanzierungsinstrumente, darunter auch Unitranche-Finanzierungen, spezialisiert haben. Während bei Konsortialkrediten mehrere Banken Kredittranchen mit unterschiedlichen Sicherheiten und Laufzeiten gewähren, bedeutet Unitranche, dass zumeist ein einziger Gläubiger den gesamten Fremdkapitalbedarf im Rahmen eines einzigen Kredits finanziert.
Ein potenzieller Unternehmenskäufer muss also nur noch mit einem Gläubiger verhandeln, was viel unkomplizierter und schneller abläuft und flexiblere Lösungen ermöglicht. Die Gebühren und Zinsen für Unitranche-Finanzierungen liegen deshalb meist über denjenigen für traditionelle Bankkredite oder Unternehmensanleihen. Investitionen in Private-Debt-Fonds sind vor allem für institutionelle Anleger interessant, die ihr Kapital länger binden und die entsprechenden Risiken tragen können.