Anfang Januar 2018, parallel zum Beginn von MiFID II, wird die LGT in der Schweiz und Liechtenstein ein neues Beratungsangebot einführen. Michael Krinner, Head Portfolio Advisory Europe, erklärt, was anders wird.
Herr Krinner, ist das neue Beratungsangebot eine Folge von MiFID II?
Nein, die schärfere Regulierung und der Druck auf die Retrozessionen sind nicht die einzigen Gründe für die Überarbeitung unseres Angebots. Die Private-Banking-Welt hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich geändert.
Inwiefern?
Einerseits werden unsere Kunden zunehmend versierter, was ihre Finanzmarktkenntnisse angeht, und damit auch anspruchsvoller, was die Beratung, Transparenz und Risikoaufklärung betrifft.
Andererseits eröffnet uns die technologische Entwicklung ganz neue Möglichkeiten hinsichtlich der Risikomessung, Portfoliooptimierung und der Darstellung unseres Beratungsangebotes.
Welche Überlegungen standen bei der Überarbeitung im Vordergrund?
Wir wollten nicht nur einfach die höheren regulatorischen Vorgaben erfüllen, sondern unsere Kunden noch besser beraten. Neu bieten wir drei einfach verständliche und klar positionierte Beratungsangebote an, die sich an Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Ansprüchen richten.
«Ein Ziel war, die Arbeit der Kundenberater trotz der neuen Regulierung zu vereinfachen»
LGT Advisory Classic als vollwertiges Basisangebot, LGT Advisory Expert, bei dem der Kunde zusätzliche Individualisierungsoptionen und einen direkten Zugang zu einem unserer Investment-Experten hat, sowie LGT Active Advisory für trading-orientierte Kunden.
Nebst den neuen Angeboten war es ein weiteres Ziel, die Arbeit der Relationship Manager (RM) trotz der neuen Regulierung zu vereinfachen. Unsere neue IT-Plattform ermöglicht den nahtlosen End-to-end-Prozess vom ersten Kundenkontakt bis zur Umsetzung von Transaktionen und entlastet die Front ganz wesentlich bei der Einhaltung der regulatorischen Vorgaben.
Was ändert sich im Vergleich zum heutigen Angebot?
Vieles. Es beginnt bereits damit, dass wir die Kunden mit einer neuen Systematik profilieren. Dieses Profil ist die Grundlage für die Wahl des Beratungsmodells, die Festlegung der Anlagestrategie und die konkrete Beratung.
«Das war bisher nicht möglich»
Neu ist auch, dass wir alle Kundenportfolios täglich einer Risikokontrolle unterziehen und den Kunden kontaktieren, wenn das Profil nicht mehr eingehalten wird. Zudem erhält der Kunde nur noch Anlagevorschläge und Switch-Empfehlungen, die innerhalb seiner Risikoparameter liegen.
Künftig prüfen wir das Risiko einer Anlage nicht mehr isoliert, sondern im Kontext des Gesamtportfolios. Dadurch erhalten die RMs deutlich mehr Freiraum in der Beratung. Sie können beispielsweise einem Kunden auch ein risikoreicheres Produkt empfehlen, solange das Gesamtrisiko des Portfolios im vereinbarten Rahmen bleibt. Das war bisher nicht möglich.
Beim Beratungsmodell LGT Advisory Expert kann der Kunde seine Anlageideen direkt mit einem Investment-Experten diskutieren. Dies macht die Betreuung noch persönlicher und bedeutet für den Kundenberater, dass er effektiver und effizienter wird.
Die Beratungsmodelle sind teurer geworden. Warum sollten Kunden bereit sein, einen höheren Preis zu bezahlen?
Wir haben im Zuge dieser Anpassungen nicht flächendeckend aufgeschlagen; teilweise werden wir auch günstiger, beispielsweise beim Aufpreis für ein All-in-Modell oder für die Interaktion mit Investment-Experten. Insgesamt ist der Aufschlag meines Erachtens moderat, und der Kunde erhält im Vergleich zum heutigen Angebot einen echten Mehrwert.
«Der Kunde kann schnellere und fundiertere Anlageentscheide treffen»
Wir setzen die regulatorischen Vorgaben zur Risikomessung und Transparenz rigoros um. Der Kunde profitiert von einer deutlich verbesserten Transparenz bezüglich der einzelnen Anlageprodukte und auch des Gesamtportfolios. Somit kann er schnellere und fundiertere Anlageentscheide treffen. Die tägliche Risikoüberwachung gibt dem Kunden mehr Sicherheit.
Darüber hinaus bietet das LGT Advisory Offering eine Vielzahl von Zusatzleistungen, und die gewählte Anlagestrategie, die bei den meisten Konkurrenten fix vorgegeben ist, kann bei uns je nach Modell mehr oder weniger stark individualisiert werden. Beispielsweise können Kunden Nachhaltigkeitskriterien für Anlagevorschläge definieren, einen Verlustschwellenwert setzen, ihre laufenden Erträge automatisch wieder anlegen lassen oder sich bei Bedarf mit einem Investment-Experten aus dem Advisory austauschen.
«Preisvergleiche sollte man natürlich immer mit Vorsicht geniessen»
Mit diesen Individualisierungsmöglichkeiten stellen wir sicher, dass der Kunde nur Anlagevorschläge erhält, die seine persönlichen Bedürfnisse reflektieren.
Wie sieht denn das Preis-Leistungs-Verhältnis des LGT Angebots im Konkurrenzvergleich aus?
Preisvergleiche sollte man immer mit Vorsicht geniessen, da die Modelle der Banken selten direkt vergleichbar sind. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass unsere Preise konkurrenzfähig sind.
Hinzu kommt, dass unser Leistungsspektrum vor allem hinsichtlich des Individualitäts-Aspektes hochwertiger als die meisten Konkurrenzangebote ist. Insbesondere versuchen wir im Gegensatz zu vielen anderen Banken nicht, die Kontakte zwischen Kunde und Kundenberater zu limitieren. Das würde einfach nicht zur LGT passen.
Michael Krinner ist im August 2016 in die LGT eingetreten und leitet die Advisory-Teams in der Schweiz und in Liechtenstein. Zuvor war er in verschiedenen leitenden Funktionen in der Asset-Management-Division einer Schweizer Grossbank tätig.
Krinner hat an der Universität Zürich einen Master-Abschluss in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Banking absolviert sowie einen Executive MBA der Universität Lausanne Tepper School of Business der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, USA.