Die Ökonomen der Universität Bern und die Juristen der Universität Genf lancierten im vergangenen April den berufsbegleitenden Lehrgang «Financial Regulation». Professor Urs Zulauf erläutert im Interview die Erfahrungen mit dem Lehrgang.
Studiendirektor ist Urs Zulauf (Bild oben), Head Client Tax Policy der Credit Suisse, Titularprofessor an der Universität Genf und ehemaliger General Counsel der FINMA. Mitinitiatoren des Kurses sind Aymo Brunetti, Ökonomieprofessor an der Universität Bern und Präsident des Beirats «Zukunft Finanzplatz Schweiz» und Luc Thévenoz, Rechtsprofessor an der Universität Genf.
Herr Zulauf, ist ein Ende oder ein Einhalten in der Schweizer Finanzmark-Regulierung absehbar?
Nein, die Regulierungspipeline ist nach wie vor voll. Sektor-übergreifend behandelt das Parlament derzeit das FIDLEG und das FINIG vor dem Hintergrund von Mifid 2. Im Bankenbereich wird Basel 3 durch eine Reihe von Änderungen in FINMA-Rundschreiben in den nächsten Jahren umzusetzen sein.
«Wir mussten qualifizierte Bewerber abweisen»
Auch in der Versicherungsregulierung ist einiges in Bewegung, so ein neuer Anlauf zur Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes und damit verbunden mit einer gesetzlichen Regelung der Sanierung von Versicherungen.
Im Geldwäschereibereich werden wir sehen, ob der kommende Beurteilungsbericht der FATF nicht neue Anpassungen des Regelwerks in der Schweiz auslösen wird.
So entspricht der Lehrgang «Financial Regulation» nach wie vor einem Bedürfnis?
Wir sind klar dieser Meinung: Die Regulierungsanpassungen sind ohne Kenntnis des globalen Hintergrundes nicht zu verstehen.
Entsprechend wichtig ist es für Finanzmarktspezialisten, sich einen Überblick über die Kernelemente, Hintergründe und Trends der Finanzmarktregulierung erarbeiten zu können. Diesem Bedürfnis dient der Lehrgang der Universitäten Bern und Genf zu «Financial Regulation».
Wie ist die Nachfrage für den Lehrgang?
Die Nachfrage war gross für den ersten Lehrgang, der im April 2016 startete und noch andauert. Wir erhielten mehr Bewerbungen als wir berücksichtigen konnten. Wir mussten qualifizierte Bewerber abweisen. Wir taten das ungern.
«Es ist kein Ziel, Gewinne zu erzielen und hohe Reserven zu äufnen»
Wir wollten aber den exklusiven Charakter des Kurses nicht ändern, welcher einen informellen Austausch erlauben muss. Wir wollen unsere Kosten voll decken. Kein Ziel ist es, mit einer grossen Zahl von Teilnehmern Gewinne zu erzielen und hohe Reserven zu äufnen.
Was ist das Besondere an diesem Lehrgang?
Er bietet einen Überblick über die grossen aktuellen Themen der globalen und Schweizer Finanzmarktregulierung und zwar sowohl aus rechtlicher wie auch aus ökonomischer Sicht. Der Kurs schafft zudem einen klaren inhaltlichen Rahmen für hochrangige Gastreferentinnen und -referenten aus Behörden, Finanzinstituten und Beratungsunternehmen.
«Das kann die Lektüre von Fachliteratur und Interviews alleine nicht liefern»
Die Kursteilnehmer erhalten Gelegenheit, sich in einer kleinen Gruppe mit diesen auszutauschen. Sie sollen persönlich erfahren können, was Verantwortungsträger umtreibt, und wie sie ticken. Das kann die Lektüre von Fachliteratur und Interviews alleine nicht liefern.
Welches Profil haben die Teilnehmer?
Teilnehmer sind zum einen Fachspezialisten in Finanzinstituten, Beratungsfirmen und Behörden mit akademischer oder gleichwertiger Ausbildung und durchschnittlich 10 Jahren Berufserfahrung im Finanzbereich.
Ihr Durchschnittsalter liegt bei 38 Jahren und ihre Ansprüche und Erwartungen sind hoch. Ein Teilnehmer ist Verwaltungsrat einer grossen Schweizer Bank, der sich einen Überblick über die Regulierung verschaffen will. Das freut uns sehr, ebenso die grosse Zahl von Teilnehmerinnen.
War es möglich, Teilnehmer aus Genf, Bern und Zürich im Lehrgang zusammenzubringen ?
Ja und das ist wirklich sehr erfreulich. Wir haben etwa gleichviel Teilnehmer aus den Räumen Genf und Zürich und etwa halb so viele aus dem Raum Bern.
«Der Entscheid, den Kurs nur auf Englisch anzubieten, erweist sich als richtig»
Wir erleben einen erfrischenden und stimulierenden Austausch über den Röstigraben und die kulturellen Differenzen zwischen den Finanzplätzen Zürich und Genf hinaus.
Kommen die Studenten mit dem Unterricht in Englisch zurecht?
Absolut. Der Entscheid, den Kurs ausschliesslich auf Englisch anzubieten, erweist sich im Rückblick als absolut richtig. Der gute alte Schweizer Grundsatz «jeder spricht seine Sprache und versteht die Sprache des anderen» gilt heute leider nicht mehr.
Darüber lässt sich klagen, es lässt sich aber nicht ändern. Englisch als Sprache erlaubt zudem eine Teilnahme von Personen mit ungenügenden Deutsch- oder Französischkenntnissen und fördert die Chancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz und international.
Wie sind die Rückmeldungen der Teilnehmer?
Sehr positiv. Die Teilnehmer beurteilen jedes Modul. Diese Rückmeldungen sind für uns sehr wichtig, um den Kurs zu verbessern und zu optimieren, sowohl inhaltlich wie formal.
«Wir werden den Kurs optimieren und einzelne Schwerpunkte anders setzen»
Es gab auch generelle und nur erfreuliche Rückmeldungen wie: «Swiss Finish at its best!».
Werden Sie den Kurs im nächsten Jahr anpassen?
Der grundlegende Studienplan wird nicht ändern. Wir werden ihn aber optimieren und einzelne Schwerpunkte anders setzen. Auch einzelne Gastreferenten und die Formate ihres Einbezugs werden ändern. Es liegt uns sehr daran, den Kurs und seine Inhalte regelmässig den regulatorischen Entwicklungen anzupassen.
Aber das Ziel des Kurses von 2017 bleibt dasselbe: ein erstklassiger ökonomischer und rechtlicher Überblick über Ziele, Inhalte, Themen, Trends und Akteure der globalen und Schweizer Finanzmarkt-Regulierung.