Im festverzinslichen Bereich dürfte im laufenden Jahr die Marktliquidität sinken. Dadurch würden «Luftlöcher» entstehen, sagt Hans van Zwol, Fondsmanager bei ING.
Hans van Zwol, Senior Portfolio Manager bei ING Investment Management
Herr van Zwol, welche Lehren ziehen Sie aus der Marktentwicklung des Jahres 2014?
Zu Beginn herrschte ein Konsens, dass ein sich verbesserndes globales Wachstum einen moderaten Anstieg der Zinsen einleiten würde. Nicht eingetroffene Inflationserwartungen, abnehmende Rohstoffpreise und eine ausserordentlich lockere Gelpolitik führten jedoch zu einem Fall der Zinsen auf ein Allzeittief.
Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Portfolio-Manager flexibel und in der Lage sein sollten, auf Veränderungen in der Marktentwicklung zu reagieren. Es ist uns bewusst geworden, dass wir künftig mit sehr niedrigen Zinssätzen werden leben müssen – vermutlich selbst für eine ganze Reihe von Jahren.
«Andere Ansätze sind jetzt nötig»
Die Zeiten, als die positiven Preiseffekte abnehmender Zinsen für hohe Erträge sorgten, sind vorbei. Dies macht andere Investitionsansätze als früher nötig.
In welchem Ausmass konnte Ihr Portfolio von der starken Aufwertung des Dollars im zweiten Halbjahr 2014 profitieren?
In den Monaten August und September hatten wir mehrere Long-Positionen in Dollar in unseren Portfolios. Diese Long-Positionen hielten wir sowohl gegen Währungen von Industrieländern als auch gegen Schwellenländerwährungen.
Nachdem wir unser Ziel erreicht und ansehnliche Gewinne verbucht hatten, haben wir diese Positionen geschlossen. Darüber hinaus profitierte der Gesamtertrag des Fonds signifikant, da das strategische Portfolio einen substanziellen Dollar-Anteil umfasst.
Wie welche Hindernisse und Herausforderungen sollten sich Investoren 2015 gefasst machen?
Für Investitionen in festverzinsliche Papiere im Allgemeinen können wir nur mässig optimistisch sein. Allerdings gibt es bei genauerer Betrachtung weiterhin festverzinsliche Anlagekategorien, für die wir relativ attraktive Erträge erwarten.
«Wie wird das Niedrigzins-Umfeld bezwungen?»
Ausserdem wird der Mehrwert dieser Anlagekategorien bei einem Vergleich mit anderen Anlagen, wie beispielsweise Sparkonten oder Staatsanleihen mit kurzen Laufzeiten, deutlich.
Die Herausforderung in den nächsten Jahren ist eindeutig die Frage, wie das Niedrigzins-Umfeld bezwungen werden kann. Wir sind der Auffassung, dass zurzeit ein Umfeld herrscht, in welchem aktive Erträge eine prominentere Rolle spielen sollten.
Was können wir aus der überraschenden Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, die Euro-Untergrenze aufzugeben, lernen?
Die Lektion für aktive Investoren ist, dass man sehr vorsichtig sein sollte, wenn man Stop-Loss-Order unter einem bestimmten «Floor»-Level belässt. Wie im Fall des Euro-Franken-Kurses gehen Sie dabei das Risiko ein, dass Ihre Order bei viel schlechteren Kursniveaus ausgeführt werden als diejenigen, die bei der Ordereingabe herrschten. Wir haben gesehen, dass man immer auf Diversifikation achten und Risikokonzentrationen vermeiden sollte.
Wie planen Sie, 2015 im Bereich der festverzinslichen Anlagen Rendite zu erzielen?
Hauptsächlich wollen wir von der «Jagd nach Rendite» profitieren, indem Anlagekategorien mit höheren Renditen stärker gewichtet werden. Dies können Anleihen aus den Peripheriemärkten der Eurozone sein, aber auch Produkte wie hochverzinsliche Anleihen, Unternehmensanleihen oder Anleihen und Währungen aufstrebender Märkte.
«Die Fondsgrösse ist kein Problem»
Wir sehen zudem eine Abnahme der Marktliquidität, was hin und wieder kurze Perioden einleitet, die wir «Luftlöcher» nennen – Perioden mit hoher Volatilität. Diese Momente bieten flexiblen Investoren ausgezeichnete Gelegenheiten, um von Marktverlagerungen zu profitieren.
Wir haben unseren Investitionsprozess so gestaltet, dass wir nicht von bestimmten Marktumständen abhängig sind, und streben ein stark diversifiziertes Portfolio an, worin eine breite Anzahl unabhängiger Meinungen zum Ausdruck kommt.
In welchem Mass beeinflusst die Fondsgrösse die Effizienz und Wirksamkeit Ihrer Investitions-Strategie?
In unserem Fall ist die Fondsgrösse kein Problem. Wir arbeiten in relativ liquiden Märkten und nutzen alle verfügbaren Instrumente. Dies bedeutet, dass wir beispielsweise einfach Futures oder Swaps einsetzen können, falls die Marktliquidität in anderen Instrumenten ungenügend ist, um gewünschte Positionen zu realisieren oder falls die Kosten dafür zu hoch sind.
Hans van Zwol Senior Portfolio Manager, Core FI, ist bei ING Investment Management für den ING (L) RF Global Bond Opportunities Fund verantwortlich.