Obligationen von Peripheriestaaten aus der Eurozone, insbesondere spanische, scheinen für eine Verkaufswelle anfällig zu sein, findet Mike Riddell von M&G Investments.
Von Mike Riddell, Fondsmanager Anleihen bei M&G Investments
Anfang Mai sanken die Renditen 5- und 10-jähriger spanischer Anleihen auf den niedrigsten Stand seit dem 4. Quartal 2010. Ausgelöst wurde diese Rally von der Zusage Mario Draghis, «alles Notwendige zu tun, um den Euro zu retten».
Durch die Verbesserung der Wirtschaftsdaten aus der Eurozone im 2. Halbjahr 2012, die zumindest teilweise auch auf die Äusserung von Draghi zurückzuführen ist, erhielt dieser Trend dann zusätzlichen Auftrieb. Allerdings hat sich die Rally an den Peripheriemärkten auch 2013 noch fortgesetzt, obwohl sich die Wirtschaftsdaten in den letzten Monaten eigentlich wieder deutlich verschlechtert haben.
So wächst die Kluft zwischen den konjunkturellen Fundamentaldaten einerseits und dem Bewertungsniveau andererseits derzeit rasant.
Zahlungsunfähiges Spanien?
Vor allem an der Zahlungsfähigkeit Spaniens habe ich nach wie vor meine Zweifel – denn aus meiner Sicht ist ein Staat dann zahlungsunfähig, wenn das Verhältnis Staatsverschuldung/Bruttoinlandprodukt (BIP) kontinuierlich ansteigt. Natürlich kann die Europäische Zentralbank (EZB) mit liquiden Mitteln einspringen, damit Spanien seine Verbindlichkeiten refinanzieren kann. Und natürlich befinden sich viele andere Industrienationen in derselben Situation. In Japan beispielsweise klettert das Verhältnis Staatsverschuldung/BIP momentan zügig gegen 300 Prozent.
Im Vergleich dazu wirkt die Schuldenlast Spaniens fast schon mickrig. Doch das Beispiel Griechenlands lehrt uns, dass Verbindlichkeiten von Staaten der Eurozone restrukturiert werden können (und auch werden), wenn das entsprechende Land als insolvent angesehen wird. Bereits 2010 hatten wir prognostiziert, dass Spanien genau dieses Szenario bevorsteht.
Hohes Haushaltsdefizit
Das Problem: Da die Kreditkosten Spaniens zurzeit höher sind als das nominale Wirtschaftswachstum des Landes, bedarf es für eine Stabilisierung der Staatsverschuldung im Vergleich zum BIP eines Primärüberschusses, so dass nicht nur die Hauptausgaben des Landes durch die Einnahmen gedeckt sind, sondern zumindest teilweise auch die Zinsausgaben.
Allerdings weist Spanien zurzeit ein hohes Haushaltsdefizit (seit 2009 durchschnittlich 10,2 Prozent) und somit auch ein beträchtliches Primärdefizit auf. Entgegen der bisherigen Wachstumsprognosen des Internatinalen Währungsfonds (IWF) befindet sich Spanien zudem immer noch in einem Konjunkturabschwung – allein im 1. Quartal dieses Jahres stieg die Arbeitslosenquote auf ein neues Rekordhoch von 27,2 Prozent an.
Braucht es weitere Finanzspritzen?
Zwar wird bei den meisten langfristigen Wachstumsprognosen schlicht und einfach das langfristige durchschnittliche Wachstum der entsprechenden Staaten zugrunde gelegt, doch angesichts der hohen Verschuldung des spanischen Staates sowie des dortigen Privatsektors dürfte das Wachstumspotenzial Spaniens auf lange Sicht bei lediglich 1 Prozent pro Jahr liegen. Dazu trägt auch eine ungünstige demografische Entwicklung bei.
Hinzu kommt noch ein weiterer Faktor: Nach Meinung unserer Analysten ist es nicht undenkbar, dass selbst einige jener spanischen Banken, die vom Staat bereits rekapitalisiert worden sind, noch weitere Finanzspritzen benötigen, obwohl die meisten «faulen» Kredite und Wertpapiere aus dem Immobiliensektor inzwischen zur spanischen «Bad Bank» Sareb transferiert wurden.
Verschlechterung wahrscheinlich
Trotzdem ist der Anteil Not leidender Kredite sogar bei «sauberen» Banken immer noch hoch, während die Einnahmen nach wie vor niedrig sind und die Gewinnmargen weiter schrumpfen. Deshalb würde eine weitere Verschlechterung der Asset-Qualität bei Nicht-Immobilienkrediten dazu führen, dass die Banken höhere Rückstellungen bilden müssten. Dies hätte dann aber Kapitalverluste zur Folge, die nicht wieder ausgeglichen werden könnten.
Angesichts des Zustands, in dem sich die spanische Wirtschaft zurzeit befindet, ist eine solche Verschlechterung wahrscheinlich. Zumal die Asset-Preise durch die Wertpapierverkäufe der Sareb momentan zusätzlich unter Druck geraten, während gleichzeitig eine schuldnerfreundlichere Gesetzgebung im Gespräch ist, die Zwangsvollstreckungen und Zahlungsrückstände neu regeln soll.
Zu hohe Kreditkosten
Da mit einer wundersamen Rückkehr des Wachstums zurzeit also nicht zu rechnen ist, werden die Kreditkosten Spaniens auch weiterhin über der Wachstumsrate des Landes liegen. Gleichzeitig werden die Haushaltsdefizite hoch bleiben, und es ist nach wie vor unklar, ob und in welcher Höhe die Banken zukünftig weitere Finanzhilfen benötigen werden.
Mittlerweile geht auch der IWF nicht mehr davon aus, dass sich die spanische Staatsverschuldung wieder einpendeln wird. Vielmehr erwartet man inzwischen, dass die Verschuldung auf absehbare Zeit weiter ansteigen wird, wobei man allerdings von dem immer noch übertrieben zuversichtlichen Szenario ausgeht, dass das BIP-Wachstum wieder zu seinem langfristigen Mittelwert zurückkehren wird.
Aus diesem Grund scheinen Anleihen von Peripheriestaaten der Eurozone, und zwar insbesondere spanische Anleihen, momentan für eine Verkaufswelle anfällig zu sein.