Das Interesse an Private Debt ist enorm, wie eine Umfrage von Coller Capital zeigt. Rund 45 Prozent der 110 befragten institutionellen Investoren möchten ihre Zielallokation in Privatkredite aufstocken, womit die Anlageklasse im aktuellen Marktumfeld beliebter ist als Private Equity und Infrastruktur.

Von Markus Geiger, Head of Private Debt bei Oddo BHF AM

Ein Grund hierfür ist, dass Private Debt-Anlagen vom Trend zu hohen Zinsen profitiert haben. Doch auch nach der ersten von wahrscheinlich mehreren Senkungen durch die EZB bleibt die Anlageklasse laut unserer Analyse attraktiv, erstens aufgrund der Markterwartung strukturell hoch bleibender beziehungsweise am langen Ende wieder steigender Zinsen, zweitens einer relevanten Illiquiditätsprämie gegenüber High-Yield-Bonds zu jedem Zeitpunkt im Zyklus, drittens einem wachsenden Investment-Markt aufgrund sich zurückziehender Banken, und viertens geringer Volatilität bei hoher Diversifikation für Anleger.

Zu beachten ist, dass Beteiligungen an Private Debt-Fonds nur eingeschränkt liquide sind und nicht zu jedem Zeitpunkt verkauft werden können. Anleger sollten sich des langen Zeithorizonts und des illiquiden Charakters der Anlageklasse Private Debt bewusst sein, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. Ausserdem müssen Anleger das Risiko von Wertverlusten in Kauf nehmen.  

Mittelstand weiter in Bankenhand?

Unternehmen in den USA oder in den Niederlanden finanzieren sich vorrangig über Private-Debt-Fonds. Ein Anteil von 80 Prozent und mehr an der Gesamtheit der Finanzierung ist dort keine Seltenheit1. Das ist nicht auf Deutschland übertragbar, weil die Finanzierung durch Banken zu etabliert und die Bankenlandschaft zu fragmentiert ist.

Es gibt aber auch hier einen Trend weg vom klassischen Bankkredit. Die Regulierung zwingt die Banken für Sub-Investment Grade Kredit mehr Kapital zu unterlegen. An die Stelle von Banken könnten Private-Debt-Fonds treten. Aufholpotenzial gibt es beim mittelständischen Finanzierungsgeschäft jenseits der von Private Equity-Investoren gesponserten Deals, denn dort werden europaweit bislang nur 10 bis 15 Prozent über Fonds finanziert.Wenn die Banken jetzt zunehmend restriktiver werden, öffnet sich auch dieses Segment für die Fonds.

Test für die Asset-Klasse

Aufgrund des höheren Zinsniveaus könnten in einigen Fällen Finanzierungen, die im Nullzinsumfeld strukturiert wurden, schwierig werden. Daher trennt sich unserer Meinung nach jetzt die Spreu vom Weizen. In nicht so ertragsstarken und weniger liquiden Fällen, oder solchen mit einer aggressiven Finanzierungsstruktur, geht die ursprüngliche Rechnung weniger gut auf, wenn ein Basiszins von bis zu vier Prozent dazukommt.

Die institutionellen Investoren in Private Debt-Fonds werden schon bald besser erkennen können, wer vorsichtig war in der Wahl der Branchen und der Einzelunternehmen, wer diese Themen mit Bedacht strukturiert hat und wer auch in der Restrukturierung weiss, was die richtigen Schritte sind, um seine Investitionen abzusichern. Das ist der erste echte Test für die Asset-Klasse seit langer Zeit. Nach einer kurzen und sektoral beschränkten Phase während der Corona-Pandemie betrifft es nun ein breiteres Spektrum an Unternehmen und auch für eine längere Zeit.

Verschiebung von Private Equity zu Private Debt

Für institutionelle Investoren liefert das aktuelle Marktumfeld unserer Ansicht nach Argumente, den Anteil von Private Debt am Portfolio zu erhöhen. Bei einer Private Debt Unitranche-Finanzierung sind – ein Basiszins von aktuell 3,8 Prozent zugrunde gelegt – 10 bis 12 Prozent Rendite möglich und das in erstrangiger Besicherung.

Hinzu kommt, dass neue Finanzierungen weniger Verschuldungspotenzial bieten. Private Equity-Investoren müssen also einen immer noch vergleichsweise hohen Kaufpreis mit mehr Eigenkapital als in der Vergangenheit stemmen und längere Haltedauern akzeptieren.

Daher nutzen Institutionelle Freiräume in ihrer Allokation aktuell eher für Private Debt als Private Equity. Für Private Debt spricht auch, dass die Banken aufgrund der Regulatorik zunehmend in Engpässe laufen. Wenn es Kreditausfälle gibt, wird es stark Banken treffen, weil sie traditionell ein viel stärker auf Industrieunternehmen ausgerichtetes Portfolio haben als die Fonds. Die meisten Fonds haben sich dagegen überproportional auf defensive Sektoren fokussiert, wo die Resilienz des deutschen Mittelstands unserer Meinung nach ungebrochen ist.

Auswahlkriterien institutioneller Investoren

Die Wahl der Asset-Klasse hängt davon ab, wo man in dem Gefüge Risiko-Rendite, Illiquidität gegenüber anderen Anlagemöglichkeiten, absolute Rendite versus berechenbare Liquiditätszuflüsse die Schwerpunkte setzt. Die Höhe des Anteils von Private Debt am Portfolio ist auch davon abhängig, wie erfahren die Investoren sind.

Internationale Investoren sind schon lange in Private Equity allokiert und investieren inzwischen auch schon einige Jahre in Private Debt. Im deutschsprachigen Raum gibt es hier noch Aufholbedarf.

Umschichtungen innerhalb des illiquiden Bereichs

Einige erfahrene Investoren erwägen derzeit, aktiv umzuschichten.3 Denn sie investieren in der Regel in Private-Equity-Fonds, die schon lange gelaufen sind, und können nun über ihrem Einstandspreis auf dem Sekundärmarkt verkaufen. Entweder um die Illiquiditätsquote niedrig zu halten oder um den Private Equity-Anteil für einen höheren Anteil von Private Debt zu reduzieren. 

Dadurch ergibt sich bei Private Assets besonders viel Potenzial für Mittelzuflüsse bei Secondaries und Private Debt-Anlagen.

1Quelle: First Avenue. Private Debt Overview, Februar 2024, S.22.

2Quelle: Houlihan Lokey. MidCapMonitor, Oktober 2023. S. 9 ffh bei Private Assets besonders viel Potenzial für Mittelzuflüsse bei Secondaries und Private Debt-Anlagen.

3Quelle: Private Debt Investor. February 2024, S. 8.


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