Die Schweiz hat sich als krypto-freundliche Jurisdiktion etabliert. Das Fürstentum Liechtenstein ist nachgezogen und hat 2020 mit dem Blockchain-Gesetz die Token-Ökonomie reguliert. Jetzt stellt es die Weichen für die europäische MiCAR neu, was auch für den Schweizer Krypto-Standort zu neuen Chancen führt.

Von Dr, Thomas Nägele LL.M.

Liechtenstein ist seit 1995 Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). Damit gilt das harmonisierte europäische Bank- und Kapitalmarktrecht – nach der jeweiligen Aufnahme in das EWR-Abkommen – vollumfänglich auch in Liechtenstein. Die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (MiCAR) basiert auf ähnlichen Prinzipien, wie das Blockchain-Gesetz (TVTG), sieht nun aber eine europaweit harmonisierte Regulierung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen vor.

Als EU-Verordnung ist MiCAR für alle Mitgliedsstaaten verbindlich und gilt in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar. Die MiCAR-Verordnung soll den bestehenden Flickenteppich beenden und für eine maximale Harmonisierung im Krypto-Bereich sorgen. Das bedeutet mit anderen Worten, eine Bewilligung des Heimatstaates reicht aus, um in der ganzen EU und dem EWR tätig zu sein.

Zeitgleiche Anwendbarkeit wie in der EU angestrebt

MiCAR soll in Liechtenstein möglichst zeitgleich mit der Europäischen Union anwendbar sein. das heisst zum 30. Dezember 2024 sollen alle Bestimmungen einschliesslich der Regelungen über E-Geld Token und wertreferenzierten Token gelten.

Rechtssicherheit und angemessene Adressierung von Risiken

Zentrales Ziel dieser Regelung ist es, europaweit Rechtssicherheit zu schaffen. Die Verordnung soll auch dazu dienen, das finanzielle Risiko, das von Kryptowerten ausgeht (zum Beispiel Risiko für die Marktintegrität und die Finanzstabilität), zu kontrollieren.

Auch Innovation und Weiterentwicklung sollen gefördert werden. Die MiCAR wird einen grossen Einfluss auf den europäischen Kryptosektor insgesamt und auch darüber hinaus haben.

Übergangsvorschriften und Erleichterungen

MiCAR sieht Übergangsvorschriften und Erleichterungen für nach nationalen Gesetzen registrierte Dienstleister vor. Dienstleister, die bis zum 30.12.2024 über eine Registrierung nach dem TVTG verfügen, können von diesen Möglichkeiten profitieren.

Liechtenstein ideales Portal zum EU-Markt?

Liechtenstein verfügt durch seine Einbindung in den Schweizer-Franken-Währungsraum mit Zollunion auch über einen offenen Zugang zum Schweizer Markt. Liechtensteins Regierung und die Behörden sind – ähnlich zur Schweiz - offen gegenüber Innovation und neuen Technologien.

Gemeinsam stehen sie im ständigen Dialog mit den Marktteilnehmern. Um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Finanzplatzes zu fördern, hat die Regierung des Fürstentums die Stabsstelle Finanzplatzinnovation und Digitalisierung ins Leben gerufen: Sie unterstützt Finanzdienstleister oder finanzmarktnahe Unternehmen in ihrem privaten Innovationsprozess.

Auch die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein hat sich mit der Schaffung des «Regulierungslabors» für die Token-Ökonomie geöffnet. Insoweit bietet sich Liechtenstein als passender Standort für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen an, um vom Zugang zum EU- und EWR-Markt zu profitieren.

Die besten Voraussetzungen, um in den Genuss der Übergangsvorschriften und Erleichterungen zu kommen, haben Dienstleister, die sich bis zum 30.12. 2024 bei der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein registriert haben.


Thomas Nägele ist Präsident der CCA Trustless Technologies Association e.V.  und Vorstandsvorsitzender der International Association for Trusted Blockchain Applications (Inatba). Zudem ist er Managing Partner der Nàgele Rechtsanwälte GmbH in Vaduz und Lehrbeauftragter der Universität Liechtenstein. Als Liechtensteiner Rechtsanwalt mit Erfahrung als Softwareentwickler befasst er sich mit dem Internet-/IT-Recht, Künstlicher Intelligenz, Cyber-Security und Cyber Resilience sowie mit dem Zivil- und Gesellschaftsrecht.