Mitarbeitende sind das Kapital eines jeden Unternehmens. Doch deren Kreativität und Gestaltungswille bleiben oft ungenutzt. Bei der LGT geht man deshalb einen neuen Weg, wie Simon Gomez, Head Advisory Switzerland bei der LGT, erklärt.
Herr Gomez, mangelt es in der LGT an Unternehmertum und Kreativität?
Nein, wie kommen Sie darauf?
Weshalb haben Sie dann ein Intrapreneurship-Programm ins Leben gerufen?
Wie jedes grössere Unternehmen beschäftigen wir sehr viele Spezialisten mit klar zugewiesenen Aufgaben. Das ist normal und per se nichts Schlechtes, im Gegenteil. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Kreativität darunter leidet, weil der Blick für das grosse Ganze verloren gehen kann.
Wenn in der Vergangenheit jemand eine gute Idee hatte, stellte er diese vielleicht seinem Vorgesetzten vor, vielleicht aber auch nicht. Trotz kurzer Wege und flacher Hierarchie fehlte uns ein strukturierter Prozess, um die Innovationskraft der Mitarbeitenden einzubringen. Das haben wir nun mit der Einführung des «Intrapreneurship-Programm namens LGT Kickbox vor einem Jahr geändert.
Was muss man sich unter LGT Kickbox vorstellen?
LGT Kickbox ist eine Plattform für alle unsere Mitarbeitenden, welche eine innovative Geschäftsidee haben. Angelehnt an das «Shark Tank»-Konzept, erhalten motivierte Mitarbeitende die Möglichkeit, eigene Ideen in einem dreistufigen Prozess zu entwickeln, zu validieren, zu testen und schliesslich umzusetzen.
All dies, ohne die Verantwortung für die eigene Idee aufzugeben und das Steuer abgeben zu müssen. Die Mitarbeitenden werden während dem gesamten Prozess tatkräftig unterstützt – So stehen interne und externe Coaches, ein Expertennetzwerk sowie weitere Ressourcen zur Verfügung, um die Idee zum Leben zu erwecken. Ein Entscheidungsgremium entscheidet jeweils, ob eine Idee in die nächste Phase kommt und weitere Ressourcen gesprochen werden.
Wie kamen Sie auf diese Lösung?
Wir arbeiten mit dem Schweizer Startup ‹rready› zusammen, die eine White-Label Plattform für ein «Intrapreneurship-Programm» anbietet. Gemeinsam haben wir den Prozess, die Ideenplattform und das Angebot an unsere LGT Bedürfnisse angepasst.
Wie geht der Kickbox-Prozess? Was macht ein Mitarbeitender, wenn er oder sie eine gute Idee hat?
Der Mitarbeitende kann seine Idee in ein paar kurzen Sätzen skizzieren und auf einer Online-Plattform einreichen. Nach der Einreichung setzen wir uns mit der Person in Verbindung und gleisen die nächsten Schritte auf. LGT Kickbox unterscheidet dabei drei Phasen. Die erste ist die sogenannte RedBox Phase, in welcher die Idee validiert wird. Die Phase wird mit einem Pitch abgeschlossen, bei dem entschieden wird, ob man die Idee weiterverfolgt.
Kommt die Idee in die nächste Runde, die BlueBox Phase, wird sie dort in einem klar definierten Umfang und mit begrenztem Budget pilotiert und die Machbarkeit geprüft. Am Ende dieser zweiten Runde kommt es zum entscheidenden Pitch vor dem CEO der LGT und der gesamten Geschäftsleitung.
Die Mitarbeitenden tragen die Idee der Geschäftsleitung vor?
Genau. Während wir bestrebt sind, so viel Innovationskraft wie möglich zuzulassen, erfordert das Erreichen der GoldBox Phase einen validen und soliden Business Case. Beim Pitch entscheidet die Geschäftsleitung, ob die Idee umgesetzt wird oder nicht. Man muss sich den Prozess wie einen Trichter vorstellen, wo nur ausgewählte Ideen bis zur Geschäftsleitung kommen.
Die angewandte Kickbox Methodik erhöht nämlich die Qualität der Validierung, während die dazugehörige Online-Plattform die notwendige Skalierbarkeit und Visibilität vieler Ideen ermöglicht.
Es geht also darum, neue Geschäftsideen zu entwickeln?
Das ist eines der Hauptziele, korrekt. Wir wollen neue Geschäftsideen entwickeln, die uns weiterbringen. Gleichzeitig haben wir aber weitere positive Nebeneffekte erzielen können. So fördert LGT Kickbox eine transformative Denkweise und ein Bewusstsein für die digitale Transformation bei unseren Mitarbeitenden.
Wir sehen das Programm auch als Talentförderung an. Jeder Beteiligte erstellt im Prozess einen kompletten Businessplan und präsentiert diesen intern. Das ist für viele eine neue, lehrreiche und spannende Erfahrung; eine praxisorientierte Weiterbildung.
Was ist der häufigste Grund für eine Ablehnung?
Uns ist es wichtig, dass die Hürden für das Einreichen einer Idee tief gehalten werden und viele Ideen eingebracht werden. Da kommt es Zwangsweise auch mal zu einer Ablehnung einer Idee. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Es kann sein, dass eine Idee nicht ganz zum LGT Kickbox-Programm passt.
Das betrifft beispielsweise Vorschläge zu lokalen Prozessanpassungen. Oft kommt es auch vor, dass eine Idee eingereicht wird, die bereits an einem anderen Ort in Umsetzung ist. Bei einer Ablehnung vermitteln wir die Idee an die passende Ansprechperson weiter, um auch so den Austausch zu fördern und das interne Netzwerk zu stärken.
Sie haben vor kurzem das einjährige Jubiläum von Kickbox bei der LGT gefeiert. Wie lautet Ihr Fazit?
Wir sind äusserst zufrieden mit der Entwicklung. Das betrifft nicht nur die Anzahl Ideen, sondern auch die Vielfalt. Es wurden Ideen aus allen unseren LGT Lokationen rund um die Welt eingereicht. Wir erleben, wie die Mitarbeitenden ihre Ideen mit grossem Engagement und Leidenschaft weiterentwickeln.
Auch das interne und externe Expertennetzwerk wird rege genutzt. Die Rückmeldungen, die wir von den teilnehmenden Mitarbeitenden erhalten haben, sind dabei durchs Band positiv. Wir spüren, dass hier der Intrapreneurial -Spirit richtig gelebt wird. Nach einem Jahr sind wir sogar soweit, dass zwei der eingereichten Ideen die Geschäftsleitung überzeugen konnten und eine GoldBox erhielten. Diese Ideen sind jetzt in der Umsetzung. Wir hoffen natürlich, dass noch viele weitere folgen werden.