Der Präsident und der CEO von LGT erklären, was die Unternehmenskultur der familiengeführten Finanzgruppe ausmacht, und welche Entwicklungen für die Finanzwelt gefährlich werden könnten.


Geschätzte Herren, die LGT war in den vergangenen Jahren trotz eines für die Branche schwierigen Umfelds sehr erfolgreich. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

S.D. Prinz Max: Unsere guten Ergebnisse zeigen, dass wir in der Vergangenheit vieles richtig gemacht haben. Wir haben uns mit einer klaren Strategie sehr diszipliniert auf das Private Banking und Asset Management fokussiert und konnten in beiden Bereichen international expandieren. Um eine Strategie erfolgreich umzusetzen, braucht es zudem ein ausgezeichnetes Team und gute Prozesse. Und nicht zuletzt benötigt man eine Portion Glück.

S.D. Prinz Philipp: Für den Erfolg im Wettbewerb ist auch unsere Kultur wichtig. Diese ist sehr langfristig und unternehmerisch ausgerichtet und stellt den Kunden in den Mittelpunkt. In zahlreichen Gesprächen durfte ich feststellen: Unsere Kunden spüren das. Viele von ihnen sind selbst Unternehmer und sprechen deshalb über ihre Finanzanlagen lieber mit einer Bank, die von einer Unternehmerfamilie geführt wird.

Könnte das rasante Wachstum die Unternehmenskultur der LGT verwässern?

S.D. Prinz Philipp: Wie jedes schnell wachsende Unternehmen müssen wir sicherlich darauf achten. Wir haben aber schon in der Vergangenheit gezeigt, dass wir wachsen können, ohne unsere kulturelle Identität zu verlieren.

«In der Vergangenheit wurden ökologische und soziale Faktoren nicht ausreichend berücksichtigt»

S.D. Prinz Max: Unsere Kultur basiert auf klar definierten Werten und Verhaltensweisen, die uns wichtig sind und zu unseren langfristigen Zielen passen. Ich denke, dass sie ein wesentlicher Erfolgsfaktor für unser nachhaltiges Wachstum und die erfolgreiche Integration unserer Akquisitionen war. Bevor wir neue Mitarbeitende und Teams einstellen oder Akquisitionen tätigen, müssen wir uns immer fragen, ob der kulturelle Fit gegeben ist. Natürlich pflegen wir unsere Kultur laufend und entwickeln sie weiter.

Die LGT setzt sich für nachhaltige Anlagen und Impact Investments ein. Trägt die LGT als Finanzdienstleister dabei eine spezielle Verantwortung?

S.D. Prinz Max: Die Finanzdienstleistungs-Industrie spielt eine wichtige Rolle für die Kapitalallokation in der Wirtschaft. Nur wenn die Allokation nachhaltig ausgerichtet ist, kann sich die Wirtschaft erfolgreich entwickeln. In der Vergangenheit wurden ökologische und soziale Faktoren bei der Kapitalallokation nicht ausreichend berücksichtigt. Um den ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, müssen die Investmentprozesse entsprechend angepasst und verbessert werden.

Bei der LGT bewerten wir deshalb Unternehmen, in die wir investieren, nicht nur nach traditionellen Finanzkennzahlen, sondern auch nach ihren Führungsprinzipien sowie ihrem Verhalten gegenüber Mitarbeitenden, der Umwelt und der Gesellschaft, den sogenannten ESG-Kriterien. Nachdem wir mit unseren institutionellen Kunden schon seit einigen Jahren daran arbeiten, ESG-Kriterien in den Anlageprozess zu integrieren, profitieren jetzt auch unsere Privatkunden von dieser Expertise. Mit dem 2017 lancierten LGT Sustainability Rating unterstützen wir sie dabei, ihr Anlageportfolio nachhaltig auszurichten.

Unsere Kunden sollen sehen, dass wir gewisse Werte verfolgen

S.D. Prinz Philipp: Langfristiges Denken und Handeln macht seit vielen Generationen den wirtschaftlichen Erfolg unserer Familie aus und ist deshalb auch Teil der Identität und Kultur der LGT. Wir wollen für die Eigentümerfamilie, aber auch für die Kunden und Mitarbeitenden sowie die Gesellschaft und Umwelt eine nachhaltige Wertsteigerung erzielen. Das LGT Sustainability Rating ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir unsere Verantwortung wahrnehmen: Indem wir erhöhte Transparenz über die Nachhaltigkeit von Anlagen schaffen und geeignete Anlagelösungen bereitstellen.

Im Nachgang zur Finanzkrise wurde den Banken eine mangelnde Orientierung an Werten vorgeworfen. Ist das Motto «Values Worth Sharing» in der neuen Kampagne der LGT eine Reaktion darauf?

S.D. Prinz Philipp: Unsere Kunden sollen sehen, dass wir gewisse Werte verfolgen – auch wenn sie vielleicht nicht exakt das gleiche Wertegerüst haben wie wir. Wir möchten einen Dialog darüber auslösen, welche Werte, welche Verhaltensweisen und welche Überzeugungen für die Zusammenarbeit mit unseren Kunden wegweisend sind. Eine wichtige Botschaft ist auch, dass die LGT für etwas steht und für ihre Überzeugungen einsteht. Dazu gehört, dass wir als Vertreter der Eigentümerfamilie weder weglaufen können noch wollen, wenn die LGT mit Herausforderungen konfrontiert ist. Auch das ist Bestandteil der Stabilität und Kontinuität unseres Unternehmens.

«Ich tippe auf noch grössere politische Herausforderungen»

S.D. Prinz Max: In unserer Familiengeschichte, die über 900 Jahre zurückreicht, hat sich immer wieder gezeigt, dass es wichtig ist, Werte – insbesondere auch die immateriellen Werte – zu teilen, zu pflegen und über Generationen weiterzugeben. Viele vermögende Familien und Einzelpersonen stehen vor der Frage, wie sie die Definition, das Teilen und das Weitergeben von Werten für sich und ihre Familie am besten bewerkstelligen können. Wir möchten unsere Erfahrungen mit unseren Kunden teilen und auch von ihnen lernen.

Und welche Themen werden Sie und die LGT in den nächsten Jahren besonders beschäftigen?

S.D. Prinz Max: Die letzten zehn Jahre waren durch die ausgeprägten und sicher teilweise notwendigen Reaktionen auf die letzte Weltwirtschaftskrise geprägt. Diese wurden in erster Linie durch die Finanzregulatoren und Notenbanken gesteuert. Auch in den nächsten zehn Jahren erwarte ich ein bewegtes und dynamisches Umfeld, aber ich vermute, dass die wesentlichen Treiber andere sein werden. Ich tippe auf eine noch schnellere technologische Entwicklung, verstärkte Reaktionen auf die laufend zunehmenden Umweltprobleme sowie noch grössere politische Herausforderungen, die sich in der verstärkten sozialen und politischen Polarisierung schon jetzt ankündigen

«Ich sehe auch eine Gefahr der Überregulierung im Bankenbereich»

S.D. Prinz Philipp: Es gibt einige nachteilige Entwicklungen, die langfristig nicht nur uns als Bank, sondern auch die Anleger sowie die Gesellschaft als Ganzes beschäftigen dürften. Hierzu zähle ich die immer noch viel zu hohe Staatsverschuldung vieler Länder oder die Frage der Finanzierbarkeit unserer gegenwärtigen Altersvorsorge. Ebenfalls sehe ich eine Gefahr der Überregulierung im Bankenbereich, wenn eigentlich gut gemeinte Vorschriften zum Schutz des Systems und der Anleger sich als zu wenig differenziert oder gar kontraproduktiv erweisen.


Das Fürstenhaus von Liechtenstein: Die Ahnenreihe der Fürstlichen Familie von Liechtenstein begann mit Heinrich I. von Liechtenstein (1216-1265), der die Herrschaft Nikolsburg in Südmähren von König Ottokar von Böhmen als freies Eigentum erwarb. 1699 kaufte Fürst Johann Adam I. die Herrschaft Schellenberg und 1712 die Grafschaft Vaduz. Durch die Vereinigung der beiden Ländereien erfolgte 1719 die Erhebung zum Reichsfürstentum Liechtenstein. Heute ist das Fürstentum Liechtenstein eine konstitutionelle Monarchie und ein souveräner Staat im Herzen Europas. Der amtierende Fürst als Familien- und Staatsoberhaupt übt gemeinsam mit dem Volk die Staatsgewalt aus. Die Fürstliche Familie ist politisch aktiv und vielfältig unternehmerisch tätig. Sie setzt sich für Kunst, Wissenschaft und Wohlfahrt ein.